wohl, diese Leute werden schon bey ihm ge- wesen seyn, und werden ihre Sache so und so vorgebracht haben, aber es seye alles faul und falsch und verdrehet, und es verhalte sich so und so; und diese Art zu berichten, verstand er so wohl, daß er die Leute bis auf den Ton ihrer Stimm, bis auf ihr Händ- verwerffen, ihr Kopfschütteln, ihr Händ zu- sammenhalten, ihr Maulhängen, ihr Maul- verbeissen, ihr Augenverkehren, kurz ihr gan- zes Dastehen und Reden, wie abmahlen konn- te, so daß der Junker oft zu ihm sagte: es ist wie wenn du in den Leuten innen stek- test, so weist du, wie sie machen, und was sie sagen.
Aber das stärkste, womit er den Leuten ihre beste Sache vor dem Junker verderbte, war, daß er in jedem Fall dem Junker die schlechte Seiten der Partey, der er zuwider war, nicht so fast aufdekte, als wie von sel- ber ihm auffallen machte; und das war lei- der in den meisten Fällen nur gar zu leicht; er hatte die meisten Haushaltungen schon längst verdorben, und zu einem Lumpen- und Schelmenvolk gemacht, und izt ihre Schan- de aufzudeken, brauchte es nichts anders, als daß er es wollte.
Aber auch dieses kehrte er, wie und wenn er wollte -- Heute sagte er vom gleichen
Mann
T 4
wohl, dieſe Leute werden ſchon bey ihm ge- weſen ſeyn, und werden ihre Sache ſo und ſo vorgebracht haben, aber es ſeye alles faul und falſch und verdrehet, und es verhalte ſich ſo und ſo; und dieſe Art zu berichten, verſtand er ſo wohl, daß er die Leute bis auf den Ton ihrer Stimm, bis auf ihr Haͤnd- verwerffen, ihr Kopfſchuͤtteln, ihr Haͤnd zu- ſammenhalten, ihr Maulhaͤngen, ihr Maul- verbeiſſen, ihr Augenverkehren, kurz ihr gan- zes Daſtehen und Reden, wie abmahlen koñ- te, ſo daß der Junker oft zu ihm ſagte: es iſt wie wenn du in den Leuten innen ſtek- teſt, ſo weiſt du, wie ſie machen, und was ſie ſagen.
Aber das ſtaͤrkſte, womit er den Leuten ihre beſte Sache vor dem Junker verderbte, war, daß er in jedem Fall dem Junker die ſchlechte Seiten der Partey, der er zuwider war, nicht ſo faſt aufdekte, als wie von ſel- ber ihm auffallen machte; und das war lei- der in den meiſten Faͤllen nur gar zu leicht; er hatte die meiſten Haushaltungen ſchon laͤngſt verdorben, und zu einem Lumpen- und Schelmenvolk gemacht, und izt ihre Schan- de aufzudeken, brauchte es nichts anders, als daß er es wollte.
Aber auch dieſes kehrte er, wie und wenn er wollte — Heute ſagte er vom gleichen
Mann
T 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0313"n="295"/>
wohl, dieſe Leute werden ſchon bey ihm ge-<lb/>
weſen ſeyn, und werden ihre Sache ſo und<lb/>ſo vorgebracht haben, aber es ſeye alles faul<lb/>
und falſch und verdrehet, und es verhalte<lb/>ſich ſo und ſo; und dieſe Art zu berichten,<lb/>
verſtand er ſo wohl, daß er die Leute bis auf<lb/>
den Ton ihrer Stimm, bis auf ihr Haͤnd-<lb/>
verwerffen, ihr Kopfſchuͤtteln, ihr Haͤnd zu-<lb/>ſammenhalten, ihr Maulhaͤngen, ihr Maul-<lb/>
verbeiſſen, ihr Augenverkehren, kurz ihr gan-<lb/>
zes Daſtehen und Reden, wie abmahlen koñ-<lb/>
te, ſo daß der Junker oft zu ihm ſagte: es<lb/>
iſt wie wenn du in den Leuten innen ſtek-<lb/>
teſt, ſo weiſt du, wie ſie machen, und was<lb/>ſie ſagen.</p><lb/><p>Aber das ſtaͤrkſte, womit er den Leuten<lb/>
ihre beſte Sache vor dem Junker verderbte,<lb/>
war, daß er in jedem Fall dem Junker die<lb/>ſchlechte Seiten der Partey, der er zuwider<lb/>
war, nicht ſo faſt aufdekte, als wie von ſel-<lb/>
ber ihm auffallen machte; und das war lei-<lb/>
der in den meiſten Faͤllen nur gar zu leicht;<lb/>
er hatte die meiſten Haushaltungen ſchon<lb/>
laͤngſt verdorben, und zu einem Lumpen- und<lb/>
Schelmenvolk gemacht, und izt ihre Schan-<lb/>
de aufzudeken, brauchte es nichts anders,<lb/>
als daß er es <hirendition="#g">wollte</hi>.</p><lb/><p>Aber auch dieſes kehrte er, wie und wenn<lb/>
er wollte — Heute ſagte er vom gleichen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">T 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Mann</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[295/0313]
wohl, dieſe Leute werden ſchon bey ihm ge-
weſen ſeyn, und werden ihre Sache ſo und
ſo vorgebracht haben, aber es ſeye alles faul
und falſch und verdrehet, und es verhalte
ſich ſo und ſo; und dieſe Art zu berichten,
verſtand er ſo wohl, daß er die Leute bis auf
den Ton ihrer Stimm, bis auf ihr Haͤnd-
verwerffen, ihr Kopfſchuͤtteln, ihr Haͤnd zu-
ſammenhalten, ihr Maulhaͤngen, ihr Maul-
verbeiſſen, ihr Augenverkehren, kurz ihr gan-
zes Daſtehen und Reden, wie abmahlen koñ-
te, ſo daß der Junker oft zu ihm ſagte: es
iſt wie wenn du in den Leuten innen ſtek-
teſt, ſo weiſt du, wie ſie machen, und was
ſie ſagen.
Aber das ſtaͤrkſte, womit er den Leuten
ihre beſte Sache vor dem Junker verderbte,
war, daß er in jedem Fall dem Junker die
ſchlechte Seiten der Partey, der er zuwider
war, nicht ſo faſt aufdekte, als wie von ſel-
ber ihm auffallen machte; und das war lei-
der in den meiſten Faͤllen nur gar zu leicht;
er hatte die meiſten Haushaltungen ſchon
laͤngſt verdorben, und zu einem Lumpen- und
Schelmenvolk gemacht, und izt ihre Schan-
de aufzudeken, brauchte es nichts anders,
als daß er es wollte.
Aber auch dieſes kehrte er, wie und wenn
er wollte — Heute ſagte er vom gleichen
Mann
T 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/313>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.