der mußte ihm eine Kuh dafür abkauffen, oder mit ihm tauschen. Er gab den ar- men Leuten oft in einem Jahr drey bis vier Stük, aber eine schlimmer als die andre.
Sein Hochmuth verleitete ihn, bald nach seiner Heurath seinen Vater zu bewegen, daß er ihm Haus und Güter samt den Schul- den überließ. Er versprach dem Vater, so lang er noch lebe, ein ehrliches Auskom- men und liebreiche Behandlung; aber so bald er übergeben, ließ er den alten Mann barben, daß alle Nachbarn Mitleiden mit ihm hatten. Der Kilchmeyer Kienast sel. hat den alten Mann, so zu sagen unterhal- ten, und ihm Milch und Brod gegeben, und mit sich essen lassen, wenn er wollte; er kam auch fast alle Tag, und klagte im- mer mit Thränen, wie gottlos sein Bub mit ihm umgehe; aber wenn es der Junge merkte, so wütete er gegen dem Vater, und brauchte hundertmal die Worte, er wolle ihn in den Boden hinein schlagen, wenn er sich mehr erfreche, einen Mundvoll Brod in einem fremden Hause zu essen; er machte sich auch nichts daraus, offentlich vor den Leuten zu sagen, das beste wäre, der alte Lump gienge bald weiters, er nüze so nichts mehr auf der Welt.
Das
der mußte ihm eine Kuh dafuͤr abkauffen, oder mit ihm tauſchen. Er gab den ar- men Leuten oft in einem Jahr drey bis vier Stuͤk, aber eine ſchlimmer als die andre.
Sein Hochmuth verleitete ihn, bald nach ſeiner Heurath ſeinen Vater zu bewegen, daß er ihm Haus und Guͤter ſamt den Schul- den uͤberließ. Er verſprach dem Vater, ſo lang er noch lebe, ein ehrliches Auskom- men und liebreiche Behandlung; aber ſo bald er uͤbergeben, ließ er den alten Mann barben, daß alle Nachbarn Mitleiden mit ihm hatten. Der Kilchmeyer Kienaſt ſel. hat den alten Mann, ſo zu ſagen unterhal- ten, und ihm Milch und Brod gegeben, und mit ſich eſſen laſſen, wenn er wollte; er kam auch faſt alle Tag, und klagte im- mer mit Thraͤnen, wie gottlos ſein Bub mit ihm umgehe; aber wenn es der Junge merkte, ſo wuͤtete er gegen dem Vater, und brauchte hundertmal die Worte, er wolle ihn in den Boden hinein ſchlagen, wenn er ſich mehr erfreche, einen Mundvoll Brod in einem fremden Hauſe zu eſſen; er machte ſich auch nichts daraus, offentlich vor den Leuten zu ſagen, das beſte waͤre, der alte Lump gienge bald weiters, er nuͤze ſo nichts mehr auf der Welt.
Das
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der mußte ihm eine Kuh dafuͤr abkauffen,
oder mit ihm tauſchen. Er gab den ar-
men Leuten oft in einem Jahr drey bis
vier Stuͤk, aber eine ſchlimmer als die
andre.
Sein Hochmuth verleitete ihn, bald nach
ſeiner Heurath ſeinen Vater zu bewegen,
daß er ihm Haus und Guͤter ſamt den Schul-
den uͤberließ. Er verſprach dem Vater, ſo
lang er noch lebe, ein ehrliches Auskom-
men und liebreiche Behandlung; aber ſo
bald er uͤbergeben, ließ er den alten Mann
barben, daß alle Nachbarn Mitleiden mit
ihm hatten. Der Kilchmeyer Kienaſt ſel.
hat den alten Mann, ſo zu ſagen unterhal-
ten, und ihm Milch und Brod gegeben,
und mit ſich eſſen laſſen, wenn er wollte;
er kam auch faſt alle Tag, und klagte im-
mer mit Thraͤnen, wie gottlos ſein Bub
mit ihm umgehe; aber wenn es der Junge
merkte, ſo wuͤtete er gegen dem Vater, und
brauchte hundertmal die Worte, er wolle
ihn in den Boden hinein ſchlagen, wenn er
ſich mehr erfreche, einen Mundvoll Brod
in einem fremden Hauſe zu eſſen; er machte
ſich auch nichts daraus, offentlich vor den
Leuten zu ſagen, das beſte waͤre, der alte
Lump gienge bald weiters, er nuͤze ſo nichts
mehr auf der Welt.
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/285>, abgerufen am 25.11.2024.
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