Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Das war ein großer Schaden fürs Dorf.
Es kann aber nicht anderst seyn. Wie die
Bosheit bey einem Volke steigt, so mindern
sich seine Freuden, und mit seinen Freuden
sein Glük.

Ach! es war wie wenn alles in dieser Zeit
zusammentreffen müßte, das liebe, stille,
ruhige, glükliche Wesen der Alten wie aus
dem Grunde zu verderben.

Das Baumwollenspinnen, welches da-
mals ganz neu war, und auf einmal einriß,
trug auch vieles hiezu bey.

Die wohlhabendsten Leute in unsrer gan-
zen Gegend hatten ehdem nicht Geld. Jhr
Wohlstand bestuhnd darinn, daß ihnen Es-
sen, Trinken, Kleider, und was sie brauch-
ten, im Ueberfluß auf ihren Gütern wuchs.
Sie begnügten sich damit, und wußten für
ihren Gebrauch von gar wenigen Sachen,
die Geld kosteten.

Die neuen Baumwollspinner hingegen
hatten bald die Säke voll Geld; und da
das Leute waren, die vorher weder Güter
noch Vermögen hatten, folglich von Haus-
halten und der Hausordnung nichts wuß-
ten, wußten sie auch nichts vom Sparen,
brauchten ihren Verdienst ins Maul, häng-
ten ihn an Kleider, und brachten hundert

Sa-

Das war ein großer Schaden fuͤrs Dorf.
Es kann aber nicht anderſt ſeyn. Wie die
Bosheit bey einem Volke ſteigt, ſo mindern
ſich ſeine Freuden, und mit ſeinen Freuden
ſein Gluͤk.

Ach! es war wie wenn alles in dieſer Zeit
zuſammentreffen muͤßte, das liebe, ſtille,
ruhige, gluͤkliche Weſen der Alten wie aus
dem Grunde zu verderben.

Das Baumwollenſpinnen, welches da-
mals ganz neu war, und auf einmal einriß,
trug auch vieles hiezu bey.

Die wohlhabendſten Leute in unſrer gan-
zen Gegend hatten ehdem nicht Geld. Jhr
Wohlſtand beſtuhnd darinn, daß ihnen Eſ-
ſen, Trinken, Kleider, und was ſie brauch-
ten, im Ueberfluß auf ihren Guͤtern wuchs.
Sie begnuͤgten ſich damit, und wußten fuͤr
ihren Gebrauch von gar wenigen Sachen,
die Geld koſteten.

Die neuen Baumwollſpinner hingegen
hatten bald die Saͤke voll Geld; und da
das Leute waren, die vorher weder Guͤter
noch Vermoͤgen hatten, folglich von Haus-
halten und der Hausordnung nichts wuß-
ten, wußten ſie auch nichts vom Sparen,
brauchten ihren Verdienſt ins Maul, haͤng-
ten ihn an Kleider, und brachten hundert

Sa-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0278" n="260"/>
          <p>Das war ein großer Schaden fu&#x0364;rs Dorf.<lb/>
Es kann aber nicht ander&#x017F;t &#x017F;eyn. Wie die<lb/>
Bosheit bey einem Volke &#x017F;teigt, &#x017F;o mindern<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;eine Freuden, und mit &#x017F;einen Freuden<lb/>
&#x017F;ein Glu&#x0364;k.</p><lb/>
          <p>Ach! es war wie wenn alles in die&#x017F;er Zeit<lb/>
zu&#x017F;ammentreffen mu&#x0364;ßte, das liebe, &#x017F;tille,<lb/>
ruhige, glu&#x0364;kliche We&#x017F;en der Alten wie aus<lb/>
dem Grunde zu verderben.</p><lb/>
          <p>Das Baumwollen&#x017F;pinnen, welches da-<lb/>
mals ganz neu war, und auf einmal einriß,<lb/>
trug auch vieles hiezu bey.</p><lb/>
          <p>Die wohlhabend&#x017F;ten Leute in un&#x017F;rer gan-<lb/>
zen Gegend hatten ehdem nicht Geld. Jhr<lb/>
Wohl&#x017F;tand be&#x017F;tuhnd darinn, daß ihnen E&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, Trinken, Kleider, und was &#x017F;ie brauch-<lb/>
ten, im Ueberfluß auf ihren Gu&#x0364;tern wuchs.<lb/>
Sie begnu&#x0364;gten &#x017F;ich damit, und wußten fu&#x0364;r<lb/>
ihren Gebrauch von gar wenigen Sachen,<lb/>
die Geld ko&#x017F;teten.</p><lb/>
          <p>Die neuen Baumwoll&#x017F;pinner hingegen<lb/>
hatten bald die Sa&#x0364;ke voll Geld; und da<lb/>
das Leute waren, die vorher weder Gu&#x0364;ter<lb/>
noch Vermo&#x0364;gen hatten, folglich von Haus-<lb/>
halten und der Hausordnung nichts wuß-<lb/>
ten, wußten &#x017F;ie auch nichts vom Sparen,<lb/>
brauchten ihren Verdien&#x017F;t ins Maul, ha&#x0364;ng-<lb/>
ten ihn an Kleider, und brachten hundert<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Sa-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[260/0278] Das war ein großer Schaden fuͤrs Dorf. Es kann aber nicht anderſt ſeyn. Wie die Bosheit bey einem Volke ſteigt, ſo mindern ſich ſeine Freuden, und mit ſeinen Freuden ſein Gluͤk. Ach! es war wie wenn alles in dieſer Zeit zuſammentreffen muͤßte, das liebe, ſtille, ruhige, gluͤkliche Weſen der Alten wie aus dem Grunde zu verderben. Das Baumwollenſpinnen, welches da- mals ganz neu war, und auf einmal einriß, trug auch vieles hiezu bey. Die wohlhabendſten Leute in unſrer gan- zen Gegend hatten ehdem nicht Geld. Jhr Wohlſtand beſtuhnd darinn, daß ihnen Eſ- ſen, Trinken, Kleider, und was ſie brauch- ten, im Ueberfluß auf ihren Guͤtern wuchs. Sie begnuͤgten ſich damit, und wußten fuͤr ihren Gebrauch von gar wenigen Sachen, die Geld koſteten. Die neuen Baumwollſpinner hingegen hatten bald die Saͤke voll Geld; und da das Leute waren, die vorher weder Guͤter noch Vermoͤgen hatten, folglich von Haus- halten und der Hausordnung nichts wuß- ten, wußten ſie auch nichts vom Sparen, brauchten ihren Verdienſt ins Maul, haͤng- ten ihn an Kleider, und brachten hundert Sa-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/278
Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/278>, abgerufen am 24.08.2024.