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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

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von ihnen mit ins Spiel ziehest -- Jch sagte
ihnen aber gradzu, wie es war, ich könnte
nichts machen. Auf dieses hin sind sie nicht
mehr gekommen; hernach aber muß etwas
vorgefallen seyn, das ich nicht weiß, aber sie
sind alle einsmals wie wüthend über uns wor-
den, und haben mir die entsezlichsten Sachen
sagen und drohen lassen, bald uns Hunger
sterben zu lassen, bald dich hinter dem ersten
Hag zu erschießen, bald uns das Haus ob
dem Kopf zu verbrennen, und uns damit.

Vogt. Das sind aber Großmäuler-Re-
den, sonst nichts.

Vögtin. Jch habe es auch dafür aufge-
nohmen: Aber ob der Schnabelgrithe bin
ich fast toll worden.

Vogt. Was hat dir die gemacht?

Vögtin. Sie hat mit des Maurers we-
gen ihrem ewigen Maulwäschen Händel ge-
kriegt; da hat sie dieser beym Brunnen vor
einer ganzen Schaar Weiber zu Schanden
gemacht, wie sie es verdient: Auf dieses hin
ist sie sporrenstreichs in aller Wuth zu mir
gelauffen, und hat ein Geschrey und einen
Lärm ob dem, was ihr begegnet, angefan-
gen, wie wenn sie am Spieß hienge -- Sie
gab uns Schuld und sagte, wir seyen ein
verfluchtes Volk, wir bringen noch alle
Menschen im Dorf ins Unglük und um Leib

und

von ihnen mit ins Spiel zieheſt — Jch ſagte
ihnen aber gradzu, wie es war, ich koͤnnte
nichts machen. Auf dieſes hin ſind ſie nicht
mehr gekommen; hernach aber muß etwas
vorgefallen ſeyn, das ich nicht weiß, aber ſie
ſind alle einsmals wie wuͤthend uͤber uns wor-
den, und haben mir die entſezlichſten Sachen
ſagen und drohen laſſen, bald uns Hunger
ſterben zu laſſen, bald dich hinter dem erſten
Hag zu erſchießen, bald uns das Haus ob
dem Kopf zu verbrennen, und uns damit.

Vogt. Das ſind aber Großmaͤuler-Re-
den, ſonſt nichts.

Voͤgtin. Jch habe es auch dafuͤr aufge-
nohmen: Aber ob der Schnabelgrithe bin
ich faſt toll worden.

Vogt. Was hat dir die gemacht?

Voͤgtin. Sie hat mit des Maurers we-
gen ihrem ewigen Maulwaͤſchen Haͤndel ge-
kriegt; da hat ſie dieſer beym Brunnen vor
einer ganzen Schaar Weiber zu Schanden
gemacht, wie ſie es verdient: Auf dieſes hin
iſt ſie ſporrenſtreichs in aller Wuth zu mir
gelauffen, und hat ein Geſchrey und einen
Laͤrm ob dem, was ihr begegnet, angefan-
gen, wie wenn ſie am Spieß hienge — Sie
gab uns Schuld und ſagte, wir ſeyen ein
verfluchtes Volk, wir bringen noch alle
Menſchen im Dorf ins Ungluͤk und um Leib

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[111/0129] von ihnen mit ins Spiel zieheſt — Jch ſagte ihnen aber gradzu, wie es war, ich koͤnnte nichts machen. Auf dieſes hin ſind ſie nicht mehr gekommen; hernach aber muß etwas vorgefallen ſeyn, das ich nicht weiß, aber ſie ſind alle einsmals wie wuͤthend uͤber uns wor- den, und haben mir die entſezlichſten Sachen ſagen und drohen laſſen, bald uns Hunger ſterben zu laſſen, bald dich hinter dem erſten Hag zu erſchießen, bald uns das Haus ob dem Kopf zu verbrennen, und uns damit. Vogt. Das ſind aber Großmaͤuler-Re- den, ſonſt nichts. Voͤgtin. Jch habe es auch dafuͤr aufge- nohmen: Aber ob der Schnabelgrithe bin ich faſt toll worden. Vogt. Was hat dir die gemacht? Voͤgtin. Sie hat mit des Maurers we- gen ihrem ewigen Maulwaͤſchen Haͤndel ge- kriegt; da hat ſie dieſer beym Brunnen vor einer ganzen Schaar Weiber zu Schanden gemacht, wie ſie es verdient: Auf dieſes hin iſt ſie ſporrenſtreichs in aller Wuth zu mir gelauffen, und hat ein Geſchrey und einen Laͤrm ob dem, was ihr begegnet, angefan- gen, wie wenn ſie am Spieß hienge — Sie gab uns Schuld und ſagte, wir ſeyen ein verfluchtes Volk, wir bringen noch alle Menſchen im Dorf ins Ungluͤk und um Leib und

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Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/129>, abgerufen am 25.11.2024.