Vogt. Wie weist du das, wenn du da bey mir warest?
Rudi. Der Rudeli, der bey ihr war, hats mir gesagt.
Vogt. Aber warum ist sie denn in Ohn- macht gefallen?
Rudi. Sie hörte dich da wieder laut re- den, und ist darob erschroken.
Vogt. O Gott!
Rudi. Sie war in Gottes Namen todt- schwach und am äußersten.
Vogt. Und das, was du mir zuerst ge- sagt, hat sie da nach der Ohnmacht geredt?
Rudi. Wohl drey Stund darnach.
Vogt. Und hat mir nach der Ohnmacht wieder verziegen?
Rudi. Ja, gewiß, Vogt!
Vogt. Jch möchte mich vor dir und allen Menschen vergraben, was ich für ein Un- mensch bin!
Rudi. Was ist izt das wieder?
Vogt. Daß du mich fragest -- Du hast es ja gehört, was ich dir nachrieff, da du von mir weglieffst, weil dir das Kind sagte, sie wär todt.
Rudi. Nein, ich habs nicht gehört; ich hätte vor Schreken auch nichts verstanden, du hättest mögen sagen, was du hättest wollen.
Vogt.
Vogt. Wie weiſt du das, wenn du da bey mir wareſt?
Rudi. Der Rudeli, der bey ihr war, hats mir geſagt.
Vogt. Aber warum iſt ſie denn in Ohn- macht gefallen?
Rudi. Sie hoͤrte dich da wieder laut re- den, und iſt darob erſchroken.
Vogt. O Gott!
Rudi. Sie war in Gottes Namen todt- ſchwach und am aͤußerſten.
Vogt. Und das, was du mir zuerſt ge- ſagt, hat ſie da nach der Ohnmacht geredt?
Rudi. Wohl drey Stund darnach.
Vogt. Und hat mir nach der Ohnmacht wieder verziegen?
Rudi. Ja, gewiß, Vogt!
Vogt. Jch moͤchte mich vor dir und allen Menſchen vergraben, was ich fuͤr ein Un- menſch bin!
Rudi. Was iſt izt das wieder?
Vogt. Daß du mich frageſt — Du haſt es ja gehoͤrt, was ich dir nachrieff, da du von mir weglieffſt, weil dir das Kind ſagte, ſie waͤr todt.
Rudi. Nein, ich habs nicht gehoͤrt; ich haͤtte vor Schreken auch nichts verſtanden, du haͤtteſt moͤgen ſagen, was du haͤtteſt wollen.
Vogt.
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Vogt. Wie weiſt du das, wenn du da
bey mir wareſt?
Rudi. Der Rudeli, der bey ihr war,
hats mir geſagt.
Vogt. Aber warum iſt ſie denn in Ohn-
macht gefallen?
Rudi. Sie hoͤrte dich da wieder laut re-
den, und iſt darob erſchroken.
Vogt. O Gott!
Rudi. Sie war in Gottes Namen todt-
ſchwach und am aͤußerſten.
Vogt. Und das, was du mir zuerſt ge-
ſagt, hat ſie da nach der Ohnmacht geredt?
Rudi. Wohl drey Stund darnach.
Vogt. Und hat mir nach der Ohnmacht
wieder verziegen?
Rudi. Ja, gewiß, Vogt!
Vogt. Jch moͤchte mich vor dir und allen
Menſchen vergraben, was ich fuͤr ein Un-
menſch bin!
Rudi. Was iſt izt das wieder?
Vogt. Daß du mich frageſt — Du haſt
es ja gehoͤrt, was ich dir nachrieff, da du
von mir weglieffſt, weil dir das Kind ſagte,
ſie waͤr todt.
Rudi. Nein, ich habs nicht gehoͤrt; ich
haͤtte vor Schreken auch nichts verſtanden,
du haͤtteſt moͤgen ſagen, was du haͤtteſt
wollen.
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/118>, abgerufen am 26.06.2024.
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