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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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Joseph. Nun, da hat er mein Wort, Herr
Vogt. (Er streckt ihm die Hand dar, und ver-
spricht ihm's in die Hand) Es soll so seyn, Herr
Vogt! Wie geredt; was scheer ich mich um den
Herrn im Schloß.

Vogt. Noch ein Wort, Joseph. Ich habe
ein Säckchen voll Zeugs von einem Herrn aus
der Apothek. Es soll gut seyn, daß der Bestich
an den Mauern halte, wie Eysen, wenn man's un-
ter den Kalch mischt. Aber wie es ist mit diesen
Spitzhöslerkünsten *). Man darf ihnen eben nicht
ganz trauen. Ich möchte es lieber an einem frem-
den Bau als an meinem eigenen versuchen.

Joseph. Das kann ich schon. Ich will's an
eines Nachbaren Ecken probieren.

Vogt. Das an einem Ecken probieren, so im
Kleinen, ist nie nichts nutze. Man irret sich dabey,
wenn's geräth, und wenn's fehlt. Man darf nie
trauen, und ist nie sicher, wie's denn im Grossen
kömmt. Ich möchte es am ganzen Kirchthurn pro-
bieren, Joseph! ist das nicht möglich?

Joseph. Braucht's viel solcher Waar unter
den Kalch?

Vogt. Ich glaub auf ein Fäßlein nur ein
Paar Pfunde.

Joseph.
*) Spitzhösler sagen die Schweizerbauern den Her-
ren, weil sie nicht grosse weite Hosen tragen wie
sie. --

Joſeph. Nun, da hat er mein Wort, Herr
Vogt. (Er ſtreckt ihm die Hand dar, und ver-
ſpricht ihm’s in die Hand) Es ſoll ſo ſeyn, Herr
Vogt! Wie geredt; was ſcheer ich mich um den
Herrn im Schloß.

Vogt. Noch ein Wort, Joſeph. Ich habe
ein Saͤckchen voll Zeugs von einem Herrn aus
der Apothek. Es ſoll gut ſeyn, daß der Beſtich
an den Mauern halte, wie Eyſen, wenn man’s un-
ter den Kalch miſcht. Aber wie es iſt mit dieſen
Spitzhoͤslerkuͤnſten *). Man darf ihnen eben nicht
ganz trauen. Ich moͤchte es lieber an einem frem-
den Bau als an meinem eigenen verſuchen.

Joſeph. Das kann ich ſchon. Ich will’s an
eines Nachbaren Ecken probieren.

Vogt. Das an einem Ecken probieren, ſo im
Kleinen, iſt nie nichts nutze. Man irret ſich dabey,
wenn’s geraͤth, und wenn’s fehlt. Man darf nie
trauen, und iſt nie ſicher, wie’s denn im Groſſen
koͤmmt. Ich moͤchte es am ganzen Kirchthurn pro-
bieren, Joſeph! iſt das nicht moͤglich?

Joſeph. Braucht’s viel ſolcher Waar unter
den Kalch?

Vogt. Ich glaub auf ein Faͤßlein nur ein
Paar Pfunde.

Joſeph.
*) Spitzhoͤsler ſagen die Schweizerbauern den Her-
ren, weil ſie nicht groſſe weite Hoſen tragen wie
ſie. —
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[68/0091] Joſeph. Nun, da hat er mein Wort, Herr Vogt. (Er ſtreckt ihm die Hand dar, und ver- ſpricht ihm’s in die Hand) Es ſoll ſo ſeyn, Herr Vogt! Wie geredt; was ſcheer ich mich um den Herrn im Schloß. Vogt. Noch ein Wort, Joſeph. Ich habe ein Saͤckchen voll Zeugs von einem Herrn aus der Apothek. Es ſoll gut ſeyn, daß der Beſtich an den Mauern halte, wie Eyſen, wenn man’s un- ter den Kalch miſcht. Aber wie es iſt mit dieſen Spitzhoͤslerkuͤnſten *). Man darf ihnen eben nicht ganz trauen. Ich moͤchte es lieber an einem frem- den Bau als an meinem eigenen verſuchen. Joſeph. Das kann ich ſchon. Ich will’s an eines Nachbaren Ecken probieren. Vogt. Das an einem Ecken probieren, ſo im Kleinen, iſt nie nichts nutze. Man irret ſich dabey, wenn’s geraͤth, und wenn’s fehlt. Man darf nie trauen, und iſt nie ſicher, wie’s denn im Groſſen koͤmmt. Ich moͤchte es am ganzen Kirchthurn pro- bieren, Joſeph! iſt das nicht moͤglich? Joſeph. Braucht’s viel ſolcher Waar unter den Kalch? Vogt. Ich glaub auf ein Faͤßlein nur ein Paar Pfunde. Joſeph. *) Spitzhoͤsler ſagen die Schweizerbauern den Her- ren, weil ſie nicht groſſe weite Hoſen tragen wie ſie. —

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/91>, abgerufen am 24.11.2024.