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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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Vogt. Ich hab' es mir wohl eingebildet, und
darum mit dir reden wollen. Du könntest mir ei-
nen grossen Gefallen thun.

Joseph. Ich bin zur Aufwart, Herr Unter-
vogt! Auf sein gut Wohlseyn. (Er trinkt.)

Es soll dir gelten, Mäurer! sagt der Vogt,
und legt ihm wieder Würste vor, und fährt fort:
Es wäre mir lieb, daß das Fundament der Kirch-
mauer von gehauenen Steinen aus dem Schwendi-
bruch gesetzt würde.

Joseph. Potz Blitz, Herr Vogt! das geht
nicht an; er versteht das jezunder nicht. Dieser
Stein ist hierzu nicht gut, und zum Fundament
taugt er gar nicht.

Vogt. O der Stein ist nicht so schlimm; ich
habe ihn schon gar zu viel brauchen gesehn. Er
ist, bey Gott! gut, Joseph! Und mir geschähe
ein grosser Gefallen, wenn diese Steingrube wieder
eröffnet würde.

Joseph. Vogt! es geht nicht an.

Vogt. Ich will dankbar seyn für den Dienst,
Joseph!

Joseph. Die Mauer ist innert sechs Jahren
faul, wenn sie aus diesem Stein gemacht wird.

Vogt. Ach, ich mag von diesem nichts hö-
ren; das sind Narretheyen.

Joseph. Bey Gott, es ist wahr. Es sind
am Fundament zwo Miststätte und ein ewiger Ab-

lauf

Vogt. Ich hab’ es mir wohl eingebildet, und
darum mit dir reden wollen. Du koͤnnteſt mir ei-
nen groſſen Gefallen thun.

Joſeph. Ich bin zur Aufwart, Herr Unter-
vogt! Auf ſein gut Wohlſeyn. (Er trinkt.)

Es ſoll dir gelten, Maͤurer! ſagt der Vogt,
und legt ihm wieder Wuͤrſte vor, und faͤhrt fort:
Es waͤre mir lieb, daß das Fundament der Kirch-
mauer von gehauenen Steinen aus dem Schwendi-
bruch geſetzt wuͤrde.

Joſeph. Potz Blitz, Herr Vogt! das geht
nicht an; er verſteht das jezunder nicht. Dieſer
Stein iſt hierzu nicht gut, und zum Fundament
taugt er gar nicht.

Vogt. O der Stein iſt nicht ſo ſchlimm; ich
habe ihn ſchon gar zu viel brauchen geſehn. Er
iſt, bey Gott! gut, Joſeph! Und mir geſchaͤhe
ein groſſer Gefallen, wenn dieſe Steingrube wieder
eroͤffnet wuͤrde.

Joſeph. Vogt! es geht nicht an.

Vogt. Ich will dankbar ſeyn fuͤr den Dienſt,
Joſeph!

Joſeph. Die Mauer iſt innert ſechs Jahren
faul, wenn ſie aus dieſem Stein gemacht wird.

Vogt. Ach, ich mag von dieſem nichts hoͤ-
ren; das ſind Narretheyen.

Joſeph. Bey Gott, es iſt wahr. Es ſind
am Fundament zwo Miſtſtaͤtte und ein ewiger Ab-

lauf
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[66/0089] Vogt. Ich hab’ es mir wohl eingebildet, und darum mit dir reden wollen. Du koͤnnteſt mir ei- nen groſſen Gefallen thun. Joſeph. Ich bin zur Aufwart, Herr Unter- vogt! Auf ſein gut Wohlſeyn. (Er trinkt.) Es ſoll dir gelten, Maͤurer! ſagt der Vogt, und legt ihm wieder Wuͤrſte vor, und faͤhrt fort: Es waͤre mir lieb, daß das Fundament der Kirch- mauer von gehauenen Steinen aus dem Schwendi- bruch geſetzt wuͤrde. Joſeph. Potz Blitz, Herr Vogt! das geht nicht an; er verſteht das jezunder nicht. Dieſer Stein iſt hierzu nicht gut, und zum Fundament taugt er gar nicht. Vogt. O der Stein iſt nicht ſo ſchlimm; ich habe ihn ſchon gar zu viel brauchen geſehn. Er iſt, bey Gott! gut, Joſeph! Und mir geſchaͤhe ein groſſer Gefallen, wenn dieſe Steingrube wieder eroͤffnet wuͤrde. Joſeph. Vogt! es geht nicht an. Vogt. Ich will dankbar ſeyn fuͤr den Dienſt, Joſeph! Joſeph. Die Mauer iſt innert ſechs Jahren faul, wenn ſie aus dieſem Stein gemacht wird. Vogt. Ach, ich mag von dieſem nichts hoͤ- ren; das ſind Narretheyen. Joſeph. Bey Gott, es iſt wahr. Es ſind am Fundament zwo Miſtſtaͤtte und ein ewiger Ab- lauf

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/89>, abgerufen am 06.05.2024.