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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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Ich trag es ihm noch in dieser Stunde ins Haus,
wenn ich's habe. Meister! seit gestern beym H. Nacht-
mahl lag es mir schon schwer auf dem Herzen, daß
ich ihm so böse Sachen versprochen hatte; a[u]f den
Abend kam noch dein Jonas, und gab meinem
Kinde sein Abendbrod -- und auch das machte, daß
es mir an's Herz gieng, daß ich gegen dir ein Schelm
seyn wollte.

Ich habe dich nie recht gekannt, und nie viel
Umgang mit dir gehabt, Lienhard! aber heute habe
ich gesehn, daß du mit Gedult und mit Liebe Jeder-
mann helfen und rathen wolltest; und ich meynte,
ich würde nicht selig sterben können, wenn ich einem
so brafen, treuen Menschen das Gute mit Bösem
vergülte. (Er hat Thränen in den Augen) Da
seht ihr, ob's mir nicht Ernst ist.

Lienhard. Thue doch überall Niemand nichts
Böses mehr.

Michel. Will's Gott! will ich dir folgen.

Gertrud. Es wird dir dann gewiß auch über-
all wieder besser gehn.

Lienhard. Willst du noch diesen Abend zum
Vogt gehn?

Michel. Ja, wenn ich kann.

Der Mäurer giebt ihm den halben Thaler und
sagt: Bring ihn doch nicht in Zorn.

Gertrud. Sag ihm doch nicht, daß wir et-
was davon wissen.

Michel.
T 3

Ich trag es ihm noch in dieſer Stunde ins Haus,
wenn ich’s habe. Meiſter! ſeit geſtern beym H. Nacht-
mahl lag es mir ſchon ſchwer auf dem Herzen, daß
ich ihm ſo boͤſe Sachen verſprochen hatte; a[u]f den
Abend kam noch dein Jonas, und gab meinem
Kinde ſein Abendbrod — und auch das machte, daß
es mir an’s Herz gieng, daß ich gegen dir ein Schelm
ſeyn wollte.

Ich habe dich nie recht gekannt, und nie viel
Umgang mit dir gehabt, Lienhard! aber heute habe
ich geſehn, daß du mit Gedult und mit Liebe Jeder-
mann helfen und rathen wollteſt; und ich meynte,
ich wuͤrde nicht ſelig ſterben koͤnnen, wenn ich einem
ſo brafen, treuen Menſchen das Gute mit Boͤſem
verguͤlte. (Er hat Thraͤnen in den Augen) Da
ſeht ihr, ob’s mir nicht Ernſt iſt.

Lienhard. Thue doch uͤberall Niemand nichts
Boͤſes mehr.

Michel. Will’s Gott! will ich dir folgen.

Gertrud. Es wird dir dann gewiß auch uͤber-
all wieder beſſer gehn.

Lienhard. Willſt du noch dieſen Abend zum
Vogt gehn?

Michel. Ja, wenn ich kann.

Der Maͤurer giebt ihm den halben Thaler und
ſagt: Bring ihn doch nicht in Zorn.

Gertrud. Sag ihm doch nicht, daß wir et-
was davon wiſſen.

Michel.
T 3
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[293/0318] Ich trag es ihm noch in dieſer Stunde ins Haus, wenn ich’s habe. Meiſter! ſeit geſtern beym H. Nacht- mahl lag es mir ſchon ſchwer auf dem Herzen, daß ich ihm ſo boͤſe Sachen verſprochen hatte; auf den Abend kam noch dein Jonas, und gab meinem Kinde ſein Abendbrod — und auch das machte, daß es mir an’s Herz gieng, daß ich gegen dir ein Schelm ſeyn wollte. Ich habe dich nie recht gekannt, und nie viel Umgang mit dir gehabt, Lienhard! aber heute habe ich geſehn, daß du mit Gedult und mit Liebe Jeder- mann helfen und rathen wollteſt; und ich meynte, ich wuͤrde nicht ſelig ſterben koͤnnen, wenn ich einem ſo brafen, treuen Menſchen das Gute mit Boͤſem verguͤlte. (Er hat Thraͤnen in den Augen) Da ſeht ihr, ob’s mir nicht Ernſt iſt. Lienhard. Thue doch uͤberall Niemand nichts Boͤſes mehr. Michel. Will’s Gott! will ich dir folgen. Gertrud. Es wird dir dann gewiß auch uͤber- all wieder beſſer gehn. Lienhard. Willſt du noch dieſen Abend zum Vogt gehn? Michel. Ja, wenn ich kann. Der Maͤurer giebt ihm den halben Thaler und ſagt: Bring ihn doch nicht in Zorn. Gertrud. Sag ihm doch nicht, daß wir et- was davon wiſſen. Michel. T 3

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/318>, abgerufen am 26.11.2024.