dich. Meine Frau hat noch ein schönes Fürtuch, es ist das letste, und es ist ihr lieb; sie hat es von ihrer sel. Gotten zum Seelgeräth (Todesandenken): aber sie muß es dir nach der Kindbette geben, wenn du nur bleibest.
Die Tochter. Ich mag nichts, weder von euern Lumpen, noch von euerer Hoffart. Ich kann das und bessers selber verdienen. Es ist einmal Zeit, daß ich für mich selber sorge. Wenn ich noch zehn Jahre bey euch bliebe, ich würde nicht zu Bett und Kasten kommen.
Der Vater. Es wird doch auch nicht alles auf dieses halbe Jahr ankommen -- Ich will dich nach der Kindbette dann gewiß nicht mehr versäu- men. Bleib doch nur noch diese wenigen Wochen.
Nein, ich thue es nicht, Vater! antwortete die Tochter -- Kehrt sich um, und läuft fort zu ei- ner Nachbarinn.
Der Vater steht jezt da! niedergeschlagen von seinen Sorgen und von seinem Kummer, und sagt zu sich selber: Wie will ich mir in diesem Un- glück helfen -- Wie will ich's nur meiner armen Frau anbringen, die Hiobsbotschaft? Ich bin doch ein elender Tropf, daß ich mit diesem Kind so gefehlt habe. Es arbeitet so braf, dacht ich immer, und verzieh ihm dann alles. Meine Frau sagte mir hundertmal: Es ist so frech und so grob gegen seinen Eltern, und was es seinen Ge-
schwi-
dich. Meine Frau hat noch ein ſchoͤnes Fuͤrtuch, es iſt das letſte, und es iſt ihr lieb; ſie hat es von ihrer ſel. Gotten zum Seelgeraͤth (Todesandenken): aber ſie muß es dir nach der Kindbette geben, wenn du nur bleibeſt.
Die Tochter. Ich mag nichts, weder von euern Lumpen, noch von euerer Hoffart. Ich kann das und beſſers ſelber verdienen. Es iſt einmal Zeit, daß ich fuͤr mich ſelber ſorge. Wenn ich noch zehn Jahre bey euch bliebe, ich wuͤrde nicht zu Bett und Kaſten kommen.
Der Vater. Es wird doch auch nicht alles auf dieſes halbe Jahr ankommen — Ich will dich nach der Kindbette dann gewiß nicht mehr verſaͤu- men. Bleib doch nur noch dieſe wenigen Wochen.
Nein, ich thue es nicht, Vater! antwortete die Tochter — Kehrt ſich um, und laͤuft fort zu ei- ner Nachbarinn.
Der Vater ſteht jezt da! niedergeſchlagen von ſeinen Sorgen und von ſeinem Kummer, und ſagt zu ſich ſelber: Wie will ich mir in dieſem Un- gluͤck helfen — Wie will ich’s nur meiner armen Frau anbringen, die Hiobsbotſchaft? Ich bin doch ein elender Tropf, daß ich mit dieſem Kind ſo gefehlt habe. Es arbeitet ſo braf, dacht ich immer, und verzieh ihm dann alles. Meine Frau ſagte mir hundertmal: Es iſt ſo frech und ſo grob gegen ſeinen Eltern, und was es ſeinen Ge-
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dich. Meine Frau hat noch ein ſchoͤnes Fuͤrtuch,
es iſt das letſte, und es iſt ihr lieb; ſie hat es von
ihrer ſel. Gotten zum Seelgeraͤth (Todesandenken):
aber ſie muß es dir nach der Kindbette geben,
wenn du nur bleibeſt.
Die Tochter. Ich mag nichts, weder von
euern Lumpen, noch von euerer Hoffart. Ich kann
das und beſſers ſelber verdienen. Es iſt einmal
Zeit, daß ich fuͤr mich ſelber ſorge. Wenn ich noch
zehn Jahre bey euch bliebe, ich wuͤrde nicht zu Bett
und Kaſten kommen.
Der Vater. Es wird doch auch nicht alles
auf dieſes halbe Jahr ankommen — Ich will dich
nach der Kindbette dann gewiß nicht mehr verſaͤu-
men. Bleib doch nur noch dieſe wenigen Wochen.
Nein, ich thue es nicht, Vater! antwortete
die Tochter — Kehrt ſich um, und laͤuft fort zu ei-
ner Nachbarinn.
Der Vater ſteht jezt da! niedergeſchlagen von
ſeinen Sorgen und von ſeinem Kummer, und ſagt
zu ſich ſelber: Wie will ich mir in dieſem Un-
gluͤck helfen — Wie will ich’s nur meiner armen
Frau anbringen, die Hiobsbotſchaft? Ich bin
doch ein elender Tropf, daß ich mit dieſem Kind
ſo gefehlt habe. Es arbeitet ſo braf, dacht ich
immer, und verzieh ihm dann alles. Meine
Frau ſagte mir hundertmal: Es iſt ſo frech und ſo
grob gegen ſeinen Eltern, und was es ſeinen Ge-
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/165>, abgerufen am 21.11.2024.
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