Das ist schwarz Brod, sagt Gritte. Es giebt aber jezt bald bessers, da dein Mann Herr Schloß- mäurer geworden ist.
Du bist närrisch, Gritte! Ich will Gott dan- ken, wenn ich mein Lebtag genug solches habe, sagte Gertrud.
Und Gritte: Weiß Brod ist doch besser, und wie sollt's fehlen? Du wirst noch Frau Unter- vögtinn, und dann dein Mann vielleicht Herr Un- tervogt; aber es würde uns dabey übel gehen.
Lienhard. Was willst du mit dem Sticheln? Ich habe das nicht gern; gerade heraus ist Meister, wenn man was hat, das man sagen darf.
Gritte. Ha, Mäurer, das darf ich, wenn's seyn muß. Mein Mann ist doch auch des Siegri- sten Tochtermann, und es ist, so lange die Kirche steht, nie erhört worden, daß, wenn es Arbeit daran gegeben hat, des Siegristen seine Leute nicht den Vorzug gehabt hätten.
Lienhard. Und jezt was weiters?
Gritte. Ja, und jezt, eben jezt hat der Un- tervogt einen Zedel im Haus, darinn mehr als ein Dutzend der größsten Lumpen aus dem Dorf als Arbeiter bey dem Kirchbau aufgezeichnet sind, und von des Siegristen Leuten steht kein Wort da- rinn.
Lienhard. Aber Frau Nachbarinn, was geht das mich an? Hab' ich den Zedel geschrieben?
Gritte.
F 3
Das iſt ſchwarz Brod, ſagt Gritte. Es giebt aber jezt bald beſſers, da dein Mann Herr Schloß- maͤurer geworden iſt.
Du biſt naͤrriſch, Gritte! Ich will Gott dan- ken, wenn ich mein Lebtag genug ſolches habe, ſagte Gertrud.
Und Gritte: Weiß Brod iſt doch beſſer, und wie ſollt’s fehlen? Du wirſt noch Frau Unter- voͤgtinn, und dann dein Mann vielleicht Herr Un- tervogt; aber es wuͤrde uns dabey uͤbel gehen.
Lienhard. Was willſt du mit dem Sticheln? Ich habe das nicht gern; gerade heraus iſt Meiſter, wenn man was hat, das man ſagen darf.
Gritte. Ha, Maͤurer, das darf ich, wenn’s ſeyn muß. Mein Mann iſt doch auch des Siegri- ſten Tochtermann, und es iſt, ſo lange die Kirche ſteht, nie erhoͤrt worden, daß, wenn es Arbeit daran gegeben hat, des Siegriſten ſeine Leute nicht den Vorzug gehabt haͤtten.
Lienhard. Und jezt was weiters?
Gritte. Ja, und jezt, eben jezt hat der Un- tervogt einen Zedel im Haus, darinn mehr als ein Dutzend der groͤßſten Lumpen aus dem Dorf als Arbeiter bey dem Kirchbau aufgezeichnet ſind, und von des Siegriſten Leuten ſteht kein Wort da- rinn.
Lienhard. Aber Frau Nachbarinn, was geht das mich an? Hab’ ich den Zedel geſchrieben?
Gritte.
F 3
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Das iſt ſchwarz Brod, ſagt Gritte. Es giebt
aber jezt bald beſſers, da dein Mann Herr Schloß-
maͤurer geworden iſt.
Du biſt naͤrriſch, Gritte! Ich will Gott dan-
ken, wenn ich mein Lebtag genug ſolches habe,
ſagte Gertrud.
Und Gritte: Weiß Brod iſt doch beſſer, und
wie ſollt’s fehlen? Du wirſt noch Frau Unter-
voͤgtinn, und dann dein Mann vielleicht Herr Un-
tervogt; aber es wuͤrde uns dabey uͤbel gehen.
Lienhard. Was willſt du mit dem Sticheln?
Ich habe das nicht gern; gerade heraus iſt Meiſter,
wenn man was hat, das man ſagen darf.
Gritte. Ha, Maͤurer, das darf ich, wenn’s
ſeyn muß. Mein Mann iſt doch auch des Siegri-
ſten Tochtermann, und es iſt, ſo lange die Kirche
ſteht, nie erhoͤrt worden, daß, wenn es Arbeit
daran gegeben hat, des Siegriſten ſeine Leute nicht
den Vorzug gehabt haͤtten.
Lienhard. Und jezt was weiters?
Gritte. Ja, und jezt, eben jezt hat der Un-
tervogt einen Zedel im Haus, darinn mehr als
ein Dutzend der groͤßſten Lumpen aus dem Dorf
als Arbeiter bey dem Kirchbau aufgezeichnet ſind,
und von des Siegriſten Leuten ſteht kein Wort da-
rinn.
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das mich an? Hab’ ich den Zedel geſchrieben?
Gritte.
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/110>, abgerufen am 03.05.2024.
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