Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite

Die mittelländische Race.
dem Nil und Kordofan wohnen als Hirten die Kababisch und auf
beiden Ufern des weissen Flusses oberhalb der Mündung des
blauen sitzen die Hassanieh. Beide werden für Araber erklärt,
dennoch gehören sie ihrem Typus nach noch zu den ostafrikani-
schen Hamiten. Die Niamniam oder Sandeh haben langes schlichtes
Haar und sind kupferfarbig1). Vielleicht werden künftige Völker-
kundige auch sie zu den Hamiten rechnen. Ferner gehören noch
in die ostafrikanische Gruppe die Dankali (Sing. Danakil), welche
die südlichsten Gestade des Rothen Meeres auf der afrikanischen
Seite bis zum Bab el Mandeb bewohnen. Es folgen dann theils
versprengt in Abessinien, theils geschlossen im östlichen Binnenafrika,
von 8° nördlicher bis 3° s. Breite die Galla. Dieser Name, der
soviel wie Eingewanderte bedeuten soll, ist ihnen selbst völlig fremd,
sie nennen sich vielmehr Orma oder Oroma, das heisst "starke
tapfre Männer"2). Mit Ausnahme der südlichen Stämme treten
sie, auch ihre Frauen, sei es auf Rossen sei es auf Ochsen, stets
beritten auf. Mit den Negern haben sie nur die Farbe der Haut ge-
mein, doch fehlt letzterer jeder widerliche Geruch3). Auch lockt sich ihr
langes Haar, der Bart wächst ihnen ziemlich üppig, die Gesichts-
züge sind regelmässig und gefällig, nicht selten scharf geschnitten,
eher europäisch als semitisch4). Die Galla sind ein streitbares,
männliches, kraftbewusstes, sittenstrenges und edles Volk.

Unsichrer ist die Stellung der Somali, die das Osthorn Afri-
ka's beinahe vom Bab el Mandeb bis zum Dschub am indischen
Meere einnehmen und die Galla gegen Westen verdrängen. Ganz über-
einstimmend wie Guillain5) die medschertinischen beschreibt uns Otto
Kersten6) die Somali Bardera's, als hohe Gestalten (Männer 1 m.
70, Frauen 1 m. 60) mit länglichen mageren Gesichtern, bartlosem
Kinn, stechenden Augen und "einer 6--8 Zoll langen Wollperücke
von dichtem steifen Haar", welches stets kraus sein soll. Guillain
fügt hinzu, dass ein lockiges Haupt unter den Somali stets auf
eine Kreuzung mit arabischem Blute deute. Einige Stämme der

1) G. Schweinfurth im Globus. Bd. 21. Nr. 9. S. 131. S. 133.
2) Krapf, Reisen in Ostafrika. Bd. 1. S. 94.
3) Otto Kersten, v. d. Deckens Reisen in Ostafrika. Bd. 2. S. 374.
4) Richard Brenner in Petermann's Mittheilungen 1868. S. 462.
5) L'Afrique orientale. Paris. s. a. II Partie. tom. I. p. 412--413.
6) l. c. Bd. 2. S. 318--325.

Die mittelländische Race.
dem Nil und Kordofan wohnen als Hirten die Kababisch und auf
beiden Ufern des weissen Flusses oberhalb der Mündung des
blauen sitzen die Hassanieh. Beide werden für Araber erklärt,
dennoch gehören sie ihrem Typus nach noch zu den ostafrikani-
schen Hamiten. Die Niamniam oder Sandeh haben langes schlichtes
Haar und sind kupferfarbig1). Vielleicht werden künftige Völker-
kundige auch sie zu den Hamiten rechnen. Ferner gehören noch
in die ostafrikanische Gruppe die Dankali (Sing. Danakil), welche
die südlichsten Gestade des Rothen Meeres auf der afrikanischen
Seite bis zum Bab el Mandeb bewohnen. Es folgen dann theils
versprengt in Abessinien, theils geschlossen im östlichen Binnenafrika,
von 8° nördlicher bis 3° s. Breite die Galla. Dieser Name, der
soviel wie Eingewanderte bedeuten soll, ist ihnen selbst völlig fremd,
sie nennen sich vielmehr Orma oder Oroma, das heisst „starke
tapfre Männer“2). Mit Ausnahme der südlichen Stämme treten
sie, auch ihre Frauen, sei es auf Rossen sei es auf Ochsen, stets
beritten auf. Mit den Negern haben sie nur die Farbe der Haut ge-
mein, doch fehlt letzterer jeder widerliche Geruch3). Auch lockt sich ihr
langes Haar, der Bart wächst ihnen ziemlich üppig, die Gesichts-
züge sind regelmässig und gefällig, nicht selten scharf geschnitten,
eher europäisch als semitisch4). Die Galla sind ein streitbares,
männliches, kraftbewusstes, sittenstrenges und edles Volk.

Unsichrer ist die Stellung der Somali, die das Osthorn Afri-
ka’s beinahe vom Bab el Mandeb bis zum Dschub am indischen
Meere einnehmen und die Galla gegen Westen verdrängen. Ganz über-
einstimmend wie Guillain5) die medschertinischen beschreibt uns Otto
Kersten6) die Somali Bardera’s, als hohe Gestalten (Männer 1 m.
70, Frauen 1 m. 60) mit länglichen mageren Gesichtern, bartlosem
Kinn, stechenden Augen und „einer 6—8 Zoll langen Wollperücke
von dichtem steifen Haar“, welches stets kraus sein soll. Guillain
fügt hinzu, dass ein lockiges Haupt unter den Somali stets auf
eine Kreuzung mit arabischem Blute deute. Einige Stämme der

1) G. Schweinfurth im Globus. Bd. 21. Nr. 9. S. 131. S. 133.
2) Krapf, Reisen in Ostafrika. Bd. 1. S. 94.
3) Otto Kersten, v. d. Deckens Reisen in Ostafrika. Bd. 2. S. 374.
4) Richard Brenner in Petermann’s Mittheilungen 1868. S. 462.
5) L’Afrique orientale. Paris. s. a. II Partie. tom. I. p. 412—413.
6) l. c. Bd. 2. S. 318—325.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0538" n="520"/><fw place="top" type="header">Die mittelländische Race.</fw><lb/>
dem Nil und Kordofan wohnen als Hirten die Kababisch und auf<lb/>
beiden Ufern des weissen Flusses oberhalb der Mündung des<lb/>
blauen sitzen die Hassanieh. Beide werden für Araber erklärt,<lb/>
dennoch gehören sie ihrem Typus nach noch zu den ostafrikani-<lb/>
schen Hamiten. Die Niamniam oder Sandeh haben langes schlichtes<lb/>
Haar und sind kupferfarbig<note place="foot" n="1)">G. <hi rendition="#g">Schweinfurth</hi> im Globus. Bd. 21. Nr. 9. S. 131. S. 133.</note>. Vielleicht werden künftige Völker-<lb/>
kundige auch sie zu den Hamiten rechnen. Ferner gehören noch<lb/>
in die ostafrikanische Gruppe die Dankali (Sing. Danakil), welche<lb/>
die südlichsten Gestade des Rothen Meeres auf der afrikanischen<lb/>
Seite bis zum Bab el Mandeb bewohnen. Es folgen dann theils<lb/>
versprengt in Abessinien, theils geschlossen im östlichen Binnenafrika,<lb/>
von 8° nördlicher bis 3° s. Breite die Galla. Dieser Name, der<lb/>
soviel wie Eingewanderte bedeuten soll, ist ihnen selbst völlig fremd,<lb/>
sie nennen sich vielmehr Orma oder Oroma, das heisst &#x201E;starke<lb/>
tapfre Männer&#x201C;<note place="foot" n="2)"><hi rendition="#g">Krapf</hi>, Reisen in Ostafrika. Bd. 1. S. 94.</note>. Mit Ausnahme der südlichen Stämme treten<lb/>
sie, auch ihre Frauen, sei es auf Rossen sei es auf Ochsen, stets<lb/>
beritten auf. Mit den Negern haben sie nur die Farbe der Haut ge-<lb/>
mein, doch fehlt letzterer jeder widerliche Geruch<note place="foot" n="3)"><hi rendition="#g">Otto Kersten</hi>, v. d. Deckens Reisen in Ostafrika. Bd. 2. S. 374.</note>. Auch lockt sich ihr<lb/>
langes Haar, der Bart wächst ihnen ziemlich üppig, die Gesichts-<lb/>
züge sind regelmässig und gefällig, nicht selten scharf geschnitten,<lb/>
eher europäisch als semitisch<note place="foot" n="4)"><hi rendition="#g">Richard Brenner</hi> in Petermann&#x2019;s Mittheilungen 1868. S. 462.</note>. Die Galla sind ein streitbares,<lb/>
männliches, kraftbewusstes, sittenstrenges und edles Volk.</p><lb/>
            <p>Unsichrer ist die Stellung der Somali, die das Osthorn Afri-<lb/>
ka&#x2019;s beinahe vom Bab el Mandeb bis zum Dschub am indischen<lb/>
Meere einnehmen und die Galla gegen Westen verdrängen. Ganz über-<lb/>
einstimmend wie Guillain<note place="foot" n="5)">L&#x2019;Afrique orientale. Paris. s. a. II Partie. tom. I. p. 412&#x2014;413.</note> die medschertinischen beschreibt uns Otto<lb/>
Kersten<note place="foot" n="6)">l. c. Bd. 2. S. 318&#x2014;325.</note> die Somali Bardera&#x2019;s, als hohe Gestalten (Männer 1 m.<lb/>
70, Frauen 1 m. 60) mit länglichen mageren Gesichtern, bartlosem<lb/>
Kinn, stechenden Augen und &#x201E;einer 6&#x2014;8 Zoll langen Wollperücke<lb/>
von dichtem steifen Haar&#x201C;, welches stets kraus sein soll. Guillain<lb/>
fügt hinzu, dass ein lockiges Haupt unter den Somali stets auf<lb/>
eine Kreuzung mit arabischem Blute deute. Einige Stämme der<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[520/0538] Die mittelländische Race. dem Nil und Kordofan wohnen als Hirten die Kababisch und auf beiden Ufern des weissen Flusses oberhalb der Mündung des blauen sitzen die Hassanieh. Beide werden für Araber erklärt, dennoch gehören sie ihrem Typus nach noch zu den ostafrikani- schen Hamiten. Die Niamniam oder Sandeh haben langes schlichtes Haar und sind kupferfarbig 1). Vielleicht werden künftige Völker- kundige auch sie zu den Hamiten rechnen. Ferner gehören noch in die ostafrikanische Gruppe die Dankali (Sing. Danakil), welche die südlichsten Gestade des Rothen Meeres auf der afrikanischen Seite bis zum Bab el Mandeb bewohnen. Es folgen dann theils versprengt in Abessinien, theils geschlossen im östlichen Binnenafrika, von 8° nördlicher bis 3° s. Breite die Galla. Dieser Name, der soviel wie Eingewanderte bedeuten soll, ist ihnen selbst völlig fremd, sie nennen sich vielmehr Orma oder Oroma, das heisst „starke tapfre Männer“ 2). Mit Ausnahme der südlichen Stämme treten sie, auch ihre Frauen, sei es auf Rossen sei es auf Ochsen, stets beritten auf. Mit den Negern haben sie nur die Farbe der Haut ge- mein, doch fehlt letzterer jeder widerliche Geruch 3). Auch lockt sich ihr langes Haar, der Bart wächst ihnen ziemlich üppig, die Gesichts- züge sind regelmässig und gefällig, nicht selten scharf geschnitten, eher europäisch als semitisch 4). Die Galla sind ein streitbares, männliches, kraftbewusstes, sittenstrenges und edles Volk. Unsichrer ist die Stellung der Somali, die das Osthorn Afri- ka’s beinahe vom Bab el Mandeb bis zum Dschub am indischen Meere einnehmen und die Galla gegen Westen verdrängen. Ganz über- einstimmend wie Guillain 5) die medschertinischen beschreibt uns Otto Kersten 6) die Somali Bardera’s, als hohe Gestalten (Männer 1 m. 70, Frauen 1 m. 60) mit länglichen mageren Gesichtern, bartlosem Kinn, stechenden Augen und „einer 6—8 Zoll langen Wollperücke von dichtem steifen Haar“, welches stets kraus sein soll. Guillain fügt hinzu, dass ein lockiges Haupt unter den Somali stets auf eine Kreuzung mit arabischem Blute deute. Einige Stämme der 1) G. Schweinfurth im Globus. Bd. 21. Nr. 9. S. 131. S. 133. 2) Krapf, Reisen in Ostafrika. Bd. 1. S. 94. 3) Otto Kersten, v. d. Deckens Reisen in Ostafrika. Bd. 2. S. 374. 4) Richard Brenner in Petermann’s Mittheilungen 1868. S. 462. 5) L’Afrique orientale. Paris. s. a. II Partie. tom. I. p. 412—413. 6) l. c. Bd. 2. S. 318—325.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/538
Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/538>, abgerufen am 22.12.2024.