der Zahl seiner Ahnherren, die er namhaft machen konnte, reichte sein Stammbaum bis zum Anfang des 12 ten Jahrhunderts zurück 1).
Ein deutscher Bergmann, der eine der dortigen Gruben- bauten als Director geleitet hatte, belehrt uns 2), dass die alten Rothhäute durch Feuersetzen und Besprengen mit Wasser das Gestein mürbe machten, von den Blöcken des gediegenen Metalls aber Stücke mit Steinhämmern lösten und ihnen durch Beschneiden mit Feuersteinmessern und mit Hammerschlägen ihre Formen gaben, denn "ein Schmelzverfahren hatten die Alten nicht ge- kannt". Wenigstens war dies nicht am Obern See nachweisbar, denn andererseits wird behauptet, dass gelegentlich auch gegossene Kupfergeräthe entdeckt worden sein sollen 3). Es besteht also nicht die mindeste Nöthigung, den alten Irokesen, auf deren Ge- biet die berühmten Kupfergruben lagen, jene bergmännischen Leistungen abzusprechen und sie mit den Azteken Mexico's in einen abenteuerlichen Zusammenhang zu verweben. Wohl ist uns nicht unbekannt, dass Klingen aus Obsidian in Gräbern östlich vom Mississippi und sogar am Ontario-See gefunden worden sind, und jenes Mineral dorthin nur aus Mexico gelangt sein kann. Allein jene Obsidianstücke beweisen so wenig eine Wande- rung der Azteken, als man aus dem Fund von Münzen mit ku- fischer Schrift einen Besuch Islands durch die Araber geschlossen hat. Sind doch selbst zur Renthierzeit schon bei Schussenried Nephritgegenstände getroffen worden, die aus grosser Entfernung stammten und uns beweisen, dass der Handel schon damals seine Hand weit ausstreckte. Wollte man aus dem Funde von Obsidian- klingen in den Vereinigten Staaten auf innigere Beziehungen mit aztekischer Cultur schliessen, so liesse sich mit gleicher Berech- tigung ein Einfluss der alten Bevölkerung Polens auf die Fran- zosen der Renthierzeit behaupten, weil man in den Höhlen der letzteren Hörner der Saiga-Antilope ausgegraben hat 4).
Die Ueberlegenheit der Gesittung bei den Jägerstämmen des
1)Schoolcraft, Indian Tribes. Part. I. fol. 95.
2) Ausland. 1866. S. 424.
3) Doch hat Rau (Archiv für Anthropologie. Braunschweig 1871. Bd. 5. S. 3--7) neuerdings wieder sich verbürgt, dass die alten Bewohner der Vereinigten Staaten die Kunst des Kupfergusses nicht gekannt haben.
4) vgl. oben S. 40. S. 217.
Die amerikanische Urbevölkerung.
der Zahl seiner Ahnherren, die er namhaft machen konnte, reichte sein Stammbaum bis zum Anfang des 12 ten Jahrhunderts zurück 1).
Ein deutscher Bergmann, der eine der dortigen Gruben- bauten als Director geleitet hatte, belehrt uns 2), dass die alten Rothhäute durch Feuersetzen und Besprengen mit Wasser das Gestein mürbe machten, von den Blöcken des gediegenen Metalls aber Stücke mit Steinhämmern lösten und ihnen durch Beschneiden mit Feuersteinmessern und mit Hammerschlägen ihre Formen gaben, denn „ein Schmelzverfahren hatten die Alten nicht ge- kannt“. Wenigstens war dies nicht am Obern See nachweisbar, denn andererseits wird behauptet, dass gelegentlich auch gegossene Kupfergeräthe entdeckt worden sein sollen 3). Es besteht also nicht die mindeste Nöthigung, den alten Irokesen, auf deren Ge- biet die berühmten Kupfergruben lagen, jene bergmännischen Leistungen abzusprechen und sie mit den Azteken Mexico’s in einen abenteuerlichen Zusammenhang zu verweben. Wohl ist uns nicht unbekannt, dass Klingen aus Obsidian in Gräbern östlich vom Mississippi und sogar am Ontario-See gefunden worden sind, und jenes Mineral dorthin nur aus Mexico gelangt sein kann. Allein jene Obsidianstücke beweisen so wenig eine Wande- rung der Azteken, als man aus dem Fund von Münzen mit ku- fischer Schrift einen Besuch Islands durch die Araber geschlossen hat. Sind doch selbst zur Renthierzeit schon bei Schussenried Nephritgegenstände getroffen worden, die aus grosser Entfernung stammten und uns beweisen, dass der Handel schon damals seine Hand weit ausstreckte. Wollte man aus dem Funde von Obsidian- klingen in den Vereinigten Staaten auf innigere Beziehungen mit aztekischer Cultur schliessen, so liesse sich mit gleicher Berech- tigung ein Einfluss der alten Bevölkerung Polens auf die Fran- zosen der Renthierzeit behaupten, weil man in den Höhlen der letzteren Hörner der Saiga-Antilope ausgegraben hat 4).
Die Ueberlegenheit der Gesittung bei den Jägerstämmen des
1)Schoolcraft, Indian Tribes. Part. I. fol. 95.
2) Ausland. 1866. S. 424.
3) Doch hat Rau (Archiv für Anthropologie. Braunschweig 1871. Bd. 5. S. 3—7) neuerdings wieder sich verbürgt, dass die alten Bewohner der Vereinigten Staaten die Kunst des Kupfergusses nicht gekannt haben.
4) vgl. oben S. 40. S. 217.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0478"n="460"/><fwplace="top"type="header">Die amerikanische Urbevölkerung.</fw><lb/>
der Zahl seiner Ahnherren, die er namhaft machen konnte, reichte<lb/>
sein Stammbaum bis zum Anfang des 12 ten Jahrhunderts zurück <noteplace="foot"n="1)"><hirendition="#g">Schoolcraft</hi>, Indian Tribes. Part. I. fol. 95.</note>.</p><lb/><p>Ein deutscher Bergmann, der eine der dortigen Gruben-<lb/>
bauten als Director geleitet hatte, belehrt uns <noteplace="foot"n="2)">Ausland. 1866. S. 424.</note>, dass die alten<lb/>
Rothhäute durch Feuersetzen und Besprengen mit Wasser das<lb/>
Gestein mürbe machten, von den Blöcken des gediegenen Metalls<lb/>
aber Stücke mit Steinhämmern lösten und ihnen durch Beschneiden<lb/>
mit Feuersteinmessern und mit Hammerschlägen ihre Formen<lb/>
gaben, denn „ein Schmelzverfahren hatten die Alten nicht ge-<lb/>
kannt“. Wenigstens war dies nicht am Obern See nachweisbar,<lb/>
denn andererseits wird behauptet, dass gelegentlich auch gegossene<lb/>
Kupfergeräthe entdeckt worden sein sollen <noteplace="foot"n="3)">Doch hat <hirendition="#g">Rau</hi> (Archiv für Anthropologie. Braunschweig 1871. Bd. 5.<lb/>
S. 3—7) neuerdings wieder sich verbürgt, dass die alten Bewohner der<lb/>
Vereinigten Staaten die Kunst des Kupfergusses nicht gekannt haben.</note>. Es besteht also<lb/>
nicht die mindeste Nöthigung, den alten Irokesen, auf deren Ge-<lb/>
biet die berühmten Kupfergruben lagen, jene bergmännischen<lb/>
Leistungen abzusprechen und sie mit den Azteken Mexico’s in<lb/>
einen abenteuerlichen Zusammenhang zu verweben. Wohl ist<lb/>
uns nicht unbekannt, dass Klingen aus Obsidian in Gräbern<lb/>
östlich vom Mississippi und sogar am Ontario-See gefunden worden<lb/>
sind, und jenes Mineral dorthin nur aus Mexico gelangt sein<lb/>
kann. Allein jene Obsidianstücke beweisen so wenig eine Wande-<lb/>
rung der Azteken, als man aus dem Fund von Münzen mit ku-<lb/>
fischer Schrift einen Besuch Islands durch die Araber geschlossen<lb/>
hat. Sind doch selbst zur Renthierzeit schon bei Schussenried<lb/>
Nephritgegenstände getroffen worden, die aus grosser Entfernung<lb/>
stammten und uns beweisen, dass der Handel schon damals seine<lb/>
Hand weit ausstreckte. Wollte man aus dem Funde von Obsidian-<lb/>
klingen in den Vereinigten Staaten auf innigere Beziehungen mit<lb/>
aztekischer Cultur schliessen, so liesse sich mit gleicher Berech-<lb/>
tigung ein Einfluss der alten Bevölkerung Polens auf die Fran-<lb/>
zosen der Renthierzeit behaupten, weil man in den Höhlen der<lb/>
letzteren Hörner der Saiga-Antilope ausgegraben hat <noteplace="foot"n="4)">vgl. oben S. 40. S. 217.</note>.</p><lb/><p>Die Ueberlegenheit der Gesittung bei den Jägerstämmen des<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[460/0478]
Die amerikanische Urbevölkerung.
der Zahl seiner Ahnherren, die er namhaft machen konnte, reichte
sein Stammbaum bis zum Anfang des 12 ten Jahrhunderts zurück 1).
Ein deutscher Bergmann, der eine der dortigen Gruben-
bauten als Director geleitet hatte, belehrt uns 2), dass die alten
Rothhäute durch Feuersetzen und Besprengen mit Wasser das
Gestein mürbe machten, von den Blöcken des gediegenen Metalls
aber Stücke mit Steinhämmern lösten und ihnen durch Beschneiden
mit Feuersteinmessern und mit Hammerschlägen ihre Formen
gaben, denn „ein Schmelzverfahren hatten die Alten nicht ge-
kannt“. Wenigstens war dies nicht am Obern See nachweisbar,
denn andererseits wird behauptet, dass gelegentlich auch gegossene
Kupfergeräthe entdeckt worden sein sollen 3). Es besteht also
nicht die mindeste Nöthigung, den alten Irokesen, auf deren Ge-
biet die berühmten Kupfergruben lagen, jene bergmännischen
Leistungen abzusprechen und sie mit den Azteken Mexico’s in
einen abenteuerlichen Zusammenhang zu verweben. Wohl ist
uns nicht unbekannt, dass Klingen aus Obsidian in Gräbern
östlich vom Mississippi und sogar am Ontario-See gefunden worden
sind, und jenes Mineral dorthin nur aus Mexico gelangt sein
kann. Allein jene Obsidianstücke beweisen so wenig eine Wande-
rung der Azteken, als man aus dem Fund von Münzen mit ku-
fischer Schrift einen Besuch Islands durch die Araber geschlossen
hat. Sind doch selbst zur Renthierzeit schon bei Schussenried
Nephritgegenstände getroffen worden, die aus grosser Entfernung
stammten und uns beweisen, dass der Handel schon damals seine
Hand weit ausstreckte. Wollte man aus dem Funde von Obsidian-
klingen in den Vereinigten Staaten auf innigere Beziehungen mit
aztekischer Cultur schliessen, so liesse sich mit gleicher Berech-
tigung ein Einfluss der alten Bevölkerung Polens auf die Fran-
zosen der Renthierzeit behaupten, weil man in den Höhlen der
letzteren Hörner der Saiga-Antilope ausgegraben hat 4).
Die Ueberlegenheit der Gesittung bei den Jägerstämmen des
1) Schoolcraft, Indian Tribes. Part. I. fol. 95.
2) Ausland. 1866. S. 424.
3) Doch hat Rau (Archiv für Anthropologie. Braunschweig 1871. Bd. 5.
S. 3—7) neuerdings wieder sich verbürgt, dass die alten Bewohner der
Vereinigten Staaten die Kunst des Kupfergusses nicht gekannt haben.
4) vgl. oben S. 40. S. 217.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/478>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.