Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.Die amerikanische Urbevölkerung. von diesen wenigstens auf dem Gebiete der Huronen 1), findenwir auch hoffnungsreiche Anfänge von Ackerbau bei den Jäger- völkern. Gänzlich mangelt der Feldbau nur auf den Hudsons- baigebieten östlich von den Felsengebirgen bei den meisten At- habaskenstämmen, die aber auch an Rohheit tief unter den süd- licher wohnenden Völkern stehen. Die Natur gewährte auch auf dem Waldgebiete einige freiwillige Nahrungsmittel, nämlich ausser Beeren und Wurzeln den Wasserreis (Zizania aquatica) an den canadischen Seen und am obern Mississippi, den Zuckersaft der Ahornbäume im Frühjahr, endlich die Früchte wilder Pflaumen und wilder Reben. Mais, Bohnen, Kürbisse und Tabak werden ausdrücklich von Cartier 2) als Ackerfrüchte canadischer Irokesen bei Montreal erwähnt, und im allgemeinen lässt sich aussprechen, dass beim Fortschreiten von höheren nach niederen Breiten der Ackerbau in Nordamerika immer vorwiegender die Bedürfnisse der Eingebornen deckte. Auf der Stufe aber, wo Ackerbau, Jagd und Fischfang sich gegenseitig ergänzen, sind die Rothhäute so lange stehen geblieben, als Zeit verstrichen sein mag von der Errichtung der ältesten Schanzwerke bis auf die Ankunft der Europäer. Dass sie noch nicht zum reinen Ackerbau sich erhoben hatten, darf uns nicht verleiten, ihnen jede Anlage zu höherer Gesittung abzusprechen. Man übersieht nur allzuhäufig, dass auch die Jagd die geistigen Kräfte der Völker entwickelt, aber zugleich aufzehrt. Zur Meisterschaft im Waidmannsgewerbe gehört eine genaue Kenntniss des Wildes und seiner Sitten. Der rothe Mann besass die innigste Bekanntschaft mit seinen Jagd- gründen und ihrem Wildstand, es gelang ihm leicht, auch die schlauesten Thiere noch zu überlisten, und durch seine scharfen Beobachtungen, wie durch seine glücklichen Deutungen der kleinsten Lebenszeichen in der freien Natur hat er noch immer die sinnes- stumpfen Kinder der Civilisation in tiefes Erstaunen gesetzt. Aus unbedeutenden Spuren den Zusammenhang und die Einzeln- heiten irgendeiner Begebenheit der Wildniss zu enträthseln, dazu hat es ihm nie an Scharfsinn gefehlt, aber aller Scharfsinn wurde auch nur zur Verfolgung eines Wildes oder eines Feindes ver- 1) Rau im Archiv für Anthropologie. Braunschweig 1870. Bd. 4. S. 8. 2) Voyage de Jacques Cartier au Canada en 1534. (Erste Reise.)
ed. Michelant et Rame. Paris 1867. p. 39. Die amerikanische Urbevölkerung. von diesen wenigstens auf dem Gebiete der Huronen 1), findenwir auch hoffnungsreiche Anfänge von Ackerbau bei den Jäger- völkern. Gänzlich mangelt der Feldbau nur auf den Hudsons- baigebieten östlich von den Felsengebirgen bei den meisten At- habaskenstämmen, die aber auch an Rohheit tief unter den süd- licher wohnenden Völkern stehen. Die Natur gewährte auch auf dem Waldgebiete einige freiwillige Nahrungsmittel, nämlich ausser Beeren und Wurzeln den Wasserreis (Zizania aquatica) an den canadischen Seen und am obern Mississippi, den Zuckersaft der Ahornbäume im Frühjahr, endlich die Früchte wilder Pflaumen und wilder Reben. Mais, Bohnen, Kürbisse und Tabak werden ausdrücklich von Cartier 2) als Ackerfrüchte canadischer Irokesen bei Montreal erwähnt, und im allgemeinen lässt sich aussprechen, dass beim Fortschreiten von höheren nach niederen Breiten der Ackerbau in Nordamerika immer vorwiegender die Bedürfnisse der Eingebornen deckte. Auf der Stufe aber, wo Ackerbau, Jagd und Fischfang sich gegenseitig ergänzen, sind die Rothhäute so lange stehen geblieben, als Zeit verstrichen sein mag von der Errichtung der ältesten Schanzwerke bis auf die Ankunft der Europäer. Dass sie noch nicht zum reinen Ackerbau sich erhoben hatten, darf uns nicht verleiten, ihnen jede Anlage zu höherer Gesittung abzusprechen. Man übersieht nur allzuhäufig, dass auch die Jagd die geistigen Kräfte der Völker entwickelt, aber zugleich aufzehrt. Zur Meisterschaft im Waidmannsgewerbe gehört eine genaue Kenntniss des Wildes und seiner Sitten. Der rothe Mann besass die innigste Bekanntschaft mit seinen Jagd- gründen und ihrem Wildstand, es gelang ihm leicht, auch die schlauesten Thiere noch zu überlisten, und durch seine scharfen Beobachtungen, wie durch seine glücklichen Deutungen der kleinsten Lebenszeichen in der freien Natur hat er noch immer die sinnes- stumpfen Kinder der Civilisation in tiefes Erstaunen gesetzt. Aus unbedeutenden Spuren den Zusammenhang und die Einzeln- heiten irgendeiner Begebenheit der Wildniss zu enträthseln, dazu hat es ihm nie an Scharfsinn gefehlt, aber aller Scharfsinn wurde auch nur zur Verfolgung eines Wildes oder eines Feindes ver- 1) Rau im Archiv für Anthropologie. Braunschweig 1870. Bd. 4. S. 8. 2) Voyage de Jacques Cartier au Canada en 1534. (Erste Reise.)
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von diesen wenigstens auf dem Gebiete der Huronen 1), finden
wir auch hoffnungsreiche Anfänge von Ackerbau bei den Jäger-
völkern. Gänzlich mangelt der Feldbau nur auf den Hudsons-
baigebieten östlich von den Felsengebirgen bei den meisten At-
habaskenstämmen, die aber auch an Rohheit tief unter den süd-
licher wohnenden Völkern stehen. Die Natur gewährte auch auf dem
Waldgebiete einige freiwillige Nahrungsmittel, nämlich ausser
Beeren und Wurzeln den Wasserreis (Zizania aquatica) an den
canadischen Seen und am obern Mississippi, den Zuckersaft der
Ahornbäume im Frühjahr, endlich die Früchte wilder Pflaumen
und wilder Reben. Mais, Bohnen, Kürbisse und Tabak werden
ausdrücklich von Cartier 2) als Ackerfrüchte canadischer Irokesen
bei Montreal erwähnt, und im allgemeinen lässt sich aussprechen,
dass beim Fortschreiten von höheren nach niederen Breiten der
Ackerbau in Nordamerika immer vorwiegender die Bedürfnisse der
Eingebornen deckte. Auf der Stufe aber, wo Ackerbau, Jagd
und Fischfang sich gegenseitig ergänzen, sind die Rothhäute so
lange stehen geblieben, als Zeit verstrichen sein mag von der
Errichtung der ältesten Schanzwerke bis auf die Ankunft der
Europäer. Dass sie noch nicht zum reinen Ackerbau sich erhoben
hatten, darf uns nicht verleiten, ihnen jede Anlage zu höherer
Gesittung abzusprechen. Man übersieht nur allzuhäufig, dass
auch die Jagd die geistigen Kräfte der Völker entwickelt, aber
zugleich aufzehrt. Zur Meisterschaft im Waidmannsgewerbe
gehört eine genaue Kenntniss des Wildes und seiner Sitten. Der
rothe Mann besass die innigste Bekanntschaft mit seinen Jagd-
gründen und ihrem Wildstand, es gelang ihm leicht, auch die
schlauesten Thiere noch zu überlisten, und durch seine scharfen
Beobachtungen, wie durch seine glücklichen Deutungen der kleinsten
Lebenszeichen in der freien Natur hat er noch immer die sinnes-
stumpfen Kinder der Civilisation in tiefes Erstaunen gesetzt.
Aus unbedeutenden Spuren den Zusammenhang und die Einzeln-
heiten irgendeiner Begebenheit der Wildniss zu enträthseln, dazu
hat es ihm nie an Scharfsinn gefehlt, aber aller Scharfsinn wurde
auch nur zur Verfolgung eines Wildes oder eines Feindes ver-
1) Rau im Archiv für Anthropologie. Braunschweig 1870. Bd. 4. S. 8.
2) Voyage de Jacques Cartier au Canada en 1534. (Erste Reise.)
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