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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

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Die amerikanische Urbevölkerung.
Das wird wohl Jedermann überzeugen, dass selbst für Menschen
auf der Stufe der Feuerländer das Klima der Beringstrasse eine
Wanderung aus Asien nach Amerika nicht verhinderte.

Der Beweis aber, dass die Urbewohner Amerikas jene Strasse
zogen, liegt in ihren mongolenähnlichen Merkmalen. Dass asiati-
sche und amerikanische Beringsvölker bis zum Verwechseln ähn-
lich sind, wurde bereits im vorigen Abschnitt gezeigt. Selbst An-
hänger der Lehre von der Artenmehrheit des Menschengeschlechts
in den Vereinigten Staaten, haben doch eingestanden, dass alle
Ureinwohner Amerika's sich unter einander so gleichen "wie Voll-
blutjuden" und dass die einzige Race zu der sie vernünftiger
Weise in nähere Verbindung gesetzt werden können, die mongo-
lische sei 1). Wir berufen uns ferner auf A. v. Humboldt, der den
Eingebornen Mexicos mit einziger Ausnahme der Nase alle Mon-
golenmerkmale bis auf die schief gestellten Augen beilegt 2), welches
letztere Wahrzeichen er auch den Chayma im nordöstlichen Vene-
zuela zuschreibt 3). Schiefgestellte Augen im Verein mit vortreten-
den Jochbogen beobachtete Moritz Wagner bei Bewohnern Vera-
guas und von vier Bayano Indianern Dariens besassen nach seiner
Schilderung drei strenge Mongolenzüge, auch die platten Nasen 4).
Dem Reisenden James Orton 5) wiederum fielen die Zaparo am
Napostrome östlich von den Cordilleren Quitos durch ihre Chi-
nesenähnlichkeit auf. Ein Officier des Sharpshooter, des ersten
britischen Kriegsschiffes welches im August 1866 in den Parastrom
Brasiliens einlief, bemerkt fast mit den nämlichen Worten von den
dortigen Indianern, dass sie ihn "lebhaft durch ihre Gesichtszüge
an die Chinesen erinnert hätten 6)." Burton beschreibt in Brasilien
die Eingebornen am Cachauhyfall mit "dicken runden Kalmücken-
köpfen, platten Mongolengesichtern, breiten scharf vortretenden
Jochbeinen, schiefen bisweilen geschlitzten Chinesenaugen und
dünnen Lippenbärten 7)." Ein anderer Reisender, J. J. v. Tschudi 8)

1) Morton, Types af mankind. p. 275.
2) Essai politique sur la Nouv. Espagne. Paris 1811. tom. I, p. 381.
3) Reisen in die Aequinoctialgegenden. Stuttgart 1859. Bd. 2. S. 13.
4) Naturwissenschaftliche Reisen. Stuttgart 1870. Bd. 1. S. 313. S. 128
5) The Andes and the Amazon. London 1870. p. 170.
6) Nautical Magazine. London 1867. vol. XXXVI, p. 564.
7) R. Burton. Highlands of Brazil. London 1869. tom. II. p. 403.
8) Reisen durch Südamerika. Bd. 2. S. 299.

Die amerikanische Urbevölkerung.
Das wird wohl Jedermann überzeugen, dass selbst für Menschen
auf der Stufe der Feuerländer das Klima der Beringstrasse eine
Wanderung aus Asien nach Amerika nicht verhinderte.

Der Beweis aber, dass die Urbewohner Amerikas jene Strasse
zogen, liegt in ihren mongolenähnlichen Merkmalen. Dass asiati-
sche und amerikanische Beringsvölker bis zum Verwechseln ähn-
lich sind, wurde bereits im vorigen Abschnitt gezeigt. Selbst An-
hänger der Lehre von der Artenmehrheit des Menschengeschlechts
in den Vereinigten Staaten, haben doch eingestanden, dass alle
Ureinwohner Amerika’s sich unter einander so gleichen „wie Voll-
blutjuden“ und dass die einzige Race zu der sie vernünftiger
Weise in nähere Verbindung gesetzt werden können, die mongo-
lische sei 1). Wir berufen uns ferner auf A. v. Humboldt, der den
Eingebornen Mexicos mit einziger Ausnahme der Nase alle Mon-
golenmerkmale bis auf die schief gestellten Augen beilegt 2), welches
letztere Wahrzeichen er auch den Chayma im nordöstlichen Vene-
zuela zuschreibt 3). Schiefgestellte Augen im Verein mit vortreten-
den Jochbogen beobachtete Moritz Wagner bei Bewohnern Vera-
guas und von vier Bayano Indianern Dariens besassen nach seiner
Schilderung drei strenge Mongolenzüge, auch die platten Nasen 4).
Dem Reisenden James Orton 5) wiederum fielen die Zaparo am
Napóstrome östlich von den Cordilleren Quitos durch ihre Chi-
nesenähnlichkeit auf. Ein Officier des Sharpshooter, des ersten
britischen Kriegsschiffes welches im August 1866 in den Parástrom
Brasiliens einlief, bemerkt fast mit den nämlichen Worten von den
dortigen Indianern, dass sie ihn „lebhaft durch ihre Gesichtszüge
an die Chinesen erinnert hätten 6).“ Burton beschreibt in Brasilien
die Eingebornen am Cachauhyfall mit „dicken runden Kalmücken-
köpfen, platten Mongolengesichtern, breiten scharf vortretenden
Jochbeinen, schiefen bisweilen geschlitzten Chinesenaugen und
dünnen Lippenbärten 7).“ Ein anderer Reisender, J. J. v. Tschudi 8)

1) Morton, Types af mankind. p. 275.
2) Essai politique sur la Nouv. Espagne. Paris 1811. tom. I, p. 381.
3) Reisen in die Aequinoctialgegenden. Stuttgart 1859. Bd. 2. S. 13.
4) Naturwissenschaftliche Reisen. Stuttgart 1870. Bd. 1. S. 313. S. 128
5) The Andes and the Amazon. London 1870. p. 170.
6) Nautical Magazine. London 1867. vol. XXXVI, p. 564.
7) R. Burton. Highlands of Brazil. London 1869. tom. II. p. 403.
8) Reisen durch Südamerika. Bd. 2. S. 299.
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[430/0448] Die amerikanische Urbevölkerung. Das wird wohl Jedermann überzeugen, dass selbst für Menschen auf der Stufe der Feuerländer das Klima der Beringstrasse eine Wanderung aus Asien nach Amerika nicht verhinderte. Der Beweis aber, dass die Urbewohner Amerikas jene Strasse zogen, liegt in ihren mongolenähnlichen Merkmalen. Dass asiati- sche und amerikanische Beringsvölker bis zum Verwechseln ähn- lich sind, wurde bereits im vorigen Abschnitt gezeigt. Selbst An- hänger der Lehre von der Artenmehrheit des Menschengeschlechts in den Vereinigten Staaten, haben doch eingestanden, dass alle Ureinwohner Amerika’s sich unter einander so gleichen „wie Voll- blutjuden“ und dass die einzige Race zu der sie vernünftiger Weise in nähere Verbindung gesetzt werden können, die mongo- lische sei 1). Wir berufen uns ferner auf A. v. Humboldt, der den Eingebornen Mexicos mit einziger Ausnahme der Nase alle Mon- golenmerkmale bis auf die schief gestellten Augen beilegt 2), welches letztere Wahrzeichen er auch den Chayma im nordöstlichen Vene- zuela zuschreibt 3). Schiefgestellte Augen im Verein mit vortreten- den Jochbogen beobachtete Moritz Wagner bei Bewohnern Vera- guas und von vier Bayano Indianern Dariens besassen nach seiner Schilderung drei strenge Mongolenzüge, auch die platten Nasen 4). Dem Reisenden James Orton 5) wiederum fielen die Zaparo am Napóstrome östlich von den Cordilleren Quitos durch ihre Chi- nesenähnlichkeit auf. Ein Officier des Sharpshooter, des ersten britischen Kriegsschiffes welches im August 1866 in den Parástrom Brasiliens einlief, bemerkt fast mit den nämlichen Worten von den dortigen Indianern, dass sie ihn „lebhaft durch ihre Gesichtszüge an die Chinesen erinnert hätten 6).“ Burton beschreibt in Brasilien die Eingebornen am Cachauhyfall mit „dicken runden Kalmücken- köpfen, platten Mongolengesichtern, breiten scharf vortretenden Jochbeinen, schiefen bisweilen geschlitzten Chinesenaugen und dünnen Lippenbärten 7).“ Ein anderer Reisender, J. J. v. Tschudi 8) 1) Morton, Types af mankind. p. 275. 2) Essai politique sur la Nouv. Espagne. Paris 1811. tom. I, p. 381. 3) Reisen in die Aequinoctialgegenden. Stuttgart 1859. Bd. 2. S. 13. 4) Naturwissenschaftliche Reisen. Stuttgart 1870. Bd. 1. S. 313. S. 128 5) The Andes and the Amazon. London 1870. p. 170. 6) Nautical Magazine. London 1867. vol. XXXVI, p. 564. 7) R. Burton. Highlands of Brazil. London 1869. tom. II. p. 403. 8) Reisen durch Südamerika. Bd. 2. S. 299.

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Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/448>, abgerufen am 28.04.2024.