Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.Die Beringsvölker. wieder ein wenig mehr Bartwuchs als es bei asiatischen undamerikanischen Mongolen sonst der Fall ist. Starke vorstehende Backenknochen, tiefliegende Nasenwurzel, breite fleischige aufge- stülpte Nasen herrschen noch immer vor 1). Die Tschinuk, welche Oregon im Süden des Pugetsundes bewohnen und den Kopf künstlich abflachen, haben auch noch die schief geschlitzten mon- golenähnlichen Augen 2), die den Haidah wiederum fehlen 3). Sprachlich lassen sich die Bewohner der Küste nicht mit den Völkern jenseits der Felsengebirge vereinigen, auch unter sich verknüpft sie kein linguistisches Band. Da aber die Körpermerk- male keine Abtrennung in verschiedne Racen verstatten, auch ein Beobachter wie Lütke 4), ausdrücklich bezeugt, dass sich die Bewohner der Königin Charlotteinseln nicht von den Anwohnern des Beringsmeeres in dieser Hinsicht unterscheiden, so er- scheint es angemessen sie mit den Bewohnern des äussersten Nordostens von Asien zu vereinigen, zumal sie an Sitten und Lebensgewohnheiten ihnen weit mehr gleichen als den Jäger- stämmen über den Felsengebirgen. Auch sie sind seetüchtig, und verstehen es ihren Fahrzeugen gefällige Formen und einen wohl- überdachten Schnitt zu geben. Doch ist es sicherlich die Küsten- beschaffenheit, welche die nautischen Geschicklichkeiten geweckt und ausgebildet hat 5), wir dürfen sie daher nicht einer Racen- anlage zuschreiben und deshalb auf gemeinsame Abkunft schliessen. Auch das Durchbohren von Wangen oder Lippen und das Ein- setzen kleiner Pflöcke welches bei der amerikanischen Küsten- bevölkerung von dem Kotzebue-Sund bis zur Vancouver-Insel herrscht, würde höchstens auf gegenseitigen innigen Verkehr deuten, welcher eine Ansteckung mit dieser Geschmacksverirrung ver- ursachte. Die amerikanischen Beringsvölker kannten vor Ankunft der Russen oder Capt. Cooks Küstenberührungen das Eisen. Vorläufig, ehe gründliche Untersuchungen etwas besseres auszu- sprechen gestatten, wollen wir vermuthen, dass Japanesen, welche 1) So bei den Koluschen nach v. Langsdorff, Reise um die Welt. Frankfurt 1812. Bd. 2. S. 96. 2) Waitz, Anthropologie. Bd. 3. S. 324. 3) R. Brown, l. c. 4) Voyage autour du monde, chap. V. Paris 1835. tom. I, p. 188. 5) S. oben S. 209--210.
Die Beringsvölker. wieder ein wenig mehr Bartwuchs als es bei asiatischen undamerikanischen Mongolen sonst der Fall ist. Starke vorstehende Backenknochen, tiefliegende Nasenwurzel, breite fleischige aufge- stülpte Nasen herrschen noch immer vor 1). Die Tschinuk, welche Oregon im Süden des Pugetsundes bewohnen und den Kopf künstlich abflachen, haben auch noch die schief geschlitzten mon- golenähnlichen Augen 2), die den Haidah wiederum fehlen 3). Sprachlich lassen sich die Bewohner der Küste nicht mit den Völkern jenseits der Felsengebirge vereinigen, auch unter sich verknüpft sie kein linguistisches Band. Da aber die Körpermerk- male keine Abtrennung in verschiedne Racen verstatten, auch ein Beobachter wie Lütke 4), ausdrücklich bezeugt, dass sich die Bewohner der Königin Charlotteinseln nicht von den Anwohnern des Beringsmeeres in dieser Hinsicht unterscheiden, so er- scheint es angemessen sie mit den Bewohnern des äussersten Nordostens von Asien zu vereinigen, zumal sie an Sitten und Lebensgewohnheiten ihnen weit mehr gleichen als den Jäger- stämmen über den Felsengebirgen. Auch sie sind seetüchtig, und verstehen es ihren Fahrzeugen gefällige Formen und einen wohl- überdachten Schnitt zu geben. Doch ist es sicherlich die Küsten- beschaffenheit, welche die nautischen Geschicklichkeiten geweckt und ausgebildet hat 5), wir dürfen sie daher nicht einer Racen- anlage zuschreiben und deshalb auf gemeinsame Abkunft schliessen. Auch das Durchbohren von Wangen oder Lippen und das Ein- setzen kleiner Pflöcke welches bei der amerikanischen Küsten- bevölkerung von dem Kotzebue-Sund bis zur Vancouver-Insel herrscht, würde höchstens auf gegenseitigen innigen Verkehr deuten, welcher eine Ansteckung mit dieser Geschmacksverirrung ver- ursachte. Die amerikanischen Beringsvölker kannten vor Ankunft der Russen oder Capt. Cooks Küstenberührungen das Eisen. Vorläufig, ehe gründliche Untersuchungen etwas besseres auszu- sprechen gestatten, wollen wir vermuthen, dass Japanesen, welche 1) So bei den Koluschen nach v. Langsdorff, Reise um die Welt. Frankfurt 1812. Bd. 2. S. 96. 2) Waitz, Anthropologie. Bd. 3. S. 324. 3) R. Brown, l. c. 4) Voyage autour du monde, chap. V. Paris 1835. tom. I, p. 188. 5) S. oben S. 209—210.
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Die Beringsvölker.
wieder ein wenig mehr Bartwuchs als es bei asiatischen und
amerikanischen Mongolen sonst der Fall ist. Starke vorstehende
Backenknochen, tiefliegende Nasenwurzel, breite fleischige aufge-
stülpte Nasen herrschen noch immer vor 1). Die Tschinuk, welche
Oregon im Süden des Pugetsundes bewohnen und den Kopf
künstlich abflachen, haben auch noch die schief geschlitzten mon-
golenähnlichen Augen 2), die den Haidah wiederum fehlen 3).
Sprachlich lassen sich die Bewohner der Küste nicht mit den
Völkern jenseits der Felsengebirge vereinigen, auch unter sich
verknüpft sie kein linguistisches Band. Da aber die Körpermerk-
male keine Abtrennung in verschiedne Racen verstatten, auch
ein Beobachter wie Lütke 4), ausdrücklich bezeugt, dass sich die
Bewohner der Königin Charlotteinseln nicht von den Anwohnern
des Beringsmeeres in dieser Hinsicht unterscheiden, so er-
scheint es angemessen sie mit den Bewohnern des äussersten
Nordostens von Asien zu vereinigen, zumal sie an Sitten und
Lebensgewohnheiten ihnen weit mehr gleichen als den Jäger-
stämmen über den Felsengebirgen. Auch sie sind seetüchtig, und
verstehen es ihren Fahrzeugen gefällige Formen und einen wohl-
überdachten Schnitt zu geben. Doch ist es sicherlich die Küsten-
beschaffenheit, welche die nautischen Geschicklichkeiten geweckt
und ausgebildet hat 5), wir dürfen sie daher nicht einer Racen-
anlage zuschreiben und deshalb auf gemeinsame Abkunft schliessen.
Auch das Durchbohren von Wangen oder Lippen und das Ein-
setzen kleiner Pflöcke welches bei der amerikanischen Küsten-
bevölkerung von dem Kotzebue-Sund bis zur Vancouver-Insel
herrscht, würde höchstens auf gegenseitigen innigen Verkehr
deuten, welcher eine Ansteckung mit dieser Geschmacksverirrung ver-
ursachte. Die amerikanischen Beringsvölker kannten vor Ankunft
der Russen oder Capt. Cooks Küstenberührungen das Eisen.
Vorläufig, ehe gründliche Untersuchungen etwas besseres auszu-
sprechen gestatten, wollen wir vermuthen, dass Japanesen, welche
1) So bei den Koluschen nach v. Langsdorff, Reise um die Welt.
Frankfurt 1812. Bd. 2. S. 96.
2) Waitz, Anthropologie. Bd. 3. S. 324.
3) R. Brown, l. c.
4) Voyage autour du monde, chap. V. Paris 1835. tom. I, p. 188.
5) S. oben S. 209—210.
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