Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Studio in der Theologie.
die drey Jahr hundert her von ihnen gelitten. An statt daß
man sie mit Gedult und Sanfftmüthigkeit gewinnen sollen,
davon man viel Redens gemacht, weil man unten gelegen.
Diese Aufführung ware geschickt die Heyden viel halßstarri-
ger zu machen, weil man ihnen damit einbildete, daß die
Christen bloß aus
Interesse von der Bescheidenheit und Leut-
seligkeit gesprochen. Keines weges aber aus denen Grund-
sätzen der
Religion, wie sie vorgegeben. Zum wenigsten ist
gewiß, daß sie dadurch das Recht verlohren, sich wegen der
Art, die die Heyden vormahls gegen sie gebraucht, zu be-
klagen, und die Sanfftmuth ihrer
Religion heraus zu rüh-
men. Denn diese haben sie durch ihre Verfolgung gantz
beschimpffet.

§. XXVIII.

Kurtz: Menn man wegen der Reli-Warum
manchmahl
die Gewis-
sens Freyheit
von denen
Kirchen Leh-
rern ver-
theydiget
worden.

gion Noth litte/ behauptete man/ das Gewissen wäre ein
freyes Wesen.
Es liesse sich dasselbe durch keine Gesetze
zwingen. Es wäre die gröste Unbilligkeit, ja was noch mehr/
eine Tyranney, wenn man sich einer Herrschafft über die Ge-
wissen anmassen wolte. Augustinus vertheydigte anfangs
die Gewissens-Freyheit unvergleichlich. Athanasius war
ihm hierinn vorgegangen. Denn dieser schreibet an einem
Orte also: (a) Wenn es etwas unanständiges ist, daß

einige
souffert, pendant les trois premieurs siecles; au lieu des les gagner
par la pacience, & par la douceur, qu'ils avoient tant prechees, lors
qu' ils etoient les plus foibles cette. Condnite etoit prapre a ren-
dre les pagens plus opiniatres, en leur persuadant que les Chretiens
n' avoient affecte de parler de moderation & d' humanite que par in-
teret; & nulliment par principe de religion, comme ils le disoient.
Au moins, il est certain, qu' ils perdoient par la le droit de se plaindre
de la maniere, dont les pagens les avoient traitez autre fois, & de van-
ter la douceur de leur religion; qu' ils des honoroient tout a fait, par
ees persecutions.
(a) Athanasius epist. ad silitanos. Quod si inhonestum est, aliquot epi-Athanasii Ur-
theil von der
gewaltsamen
Bekehrung.

scopos metu coactos sententiam immutatasse, quanto grauuius faedi-
usque
e 2
e 2

Studio in der Theologie.
die drey Jahr hundert her von ihnen gelitten. An ſtatt daß
man ſie mit Gedult und Sanfftmuͤthigkeit gewinnen ſollen,
davon man viel Redens gemacht, weil man unten gelegen.
Dieſe Auffuͤhrung ware geſchickt die Heyden viel halßſtarri-
ger zu machen, weil man ihnen damit einbildete, daß die
Chriſten bloß aus
Intereſſe von der Beſcheidenheit und Leut-
ſeligkeit geſprochen. Keines weges aber aus denen Grund-
ſaͤtzen der
Religion, wie ſie vorgegeben. Zum wenigſten iſt
gewiß, daß ſie dadurch das Recht verlohren, ſich wegen der
Art, die die Heyden vormahls gegen ſie gebraucht, zu be-
klagen, und die Sanfftmuth ihrer
Religion heraus zu ruͤh-
men. Denn dieſe haben ſie durch ihre Verfolgung gantz
beſchimpffet.

§. XXVIII.

Kurtz: Menn man wegen der Reli-Warum
manchmahl
die Gewiſ-
ſens Freyheit
von denen
Kirchen Leh-
rern ver-
theydiget
worden.

gion Noth litte/ behauptete man/ das Gewiſſen waͤre ein
freyes Weſen.
Es lieſſe ſich daſſelbe durch keine Geſetze
zwingen. Es waͤre die groͤſte Unbilligkeit, ja was noch mehr/
eine Tyranney, wenn man ſich einer Herrſchafft uͤber die Ge-
wiſſen anmaſſen wolte. Auguſtinus vertheydigte anfangs
die Gewiſſens-Freyheit unvergleichlich. Athanaſius war
ihm hierinn vorgegangen. Denn dieſer ſchreibet an einem
Orte alſo: (a) Wenn es etwas unanſtaͤndiges iſt, daß

einige
ſouffert, pendant les trois premieurs ſiecles; au lieu des les gagner
par la pacience, & par la douceur, qu’ils avoient tant prechées, lors
qu’ ils étoient les plus foibles cette. Condnite etoit prapre à ren-
dre les pagens plus opiniatres, en leur perſuadant que les Chrétiens
n’ avoient affectè de parler de moderation & d’ humanité que par in-
teret; & nulliment par principe de religion, comme ils le diſoient.
Au moins, il eſt certain, qu’ ils perdoient par la le droit de ſe plaindre
de la maniere, dont les pagens les avoient traitez autre fois, & de van-
ter la douceur de leur religion; qu’ ils des honoroient tout a fait, par
ees perſecutions.
(a) Athanaſius epiſt. ad ſilitanos. Quod ſi inhoneſtum eſt, aliquot epi-Athanaſii Ur-
theil von der
gewaltſamen
Bekehrung.

ſcopos metu coactos ſententiam immutataſſe, quanto grauuius fædi-
usque
e 2
e 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p>
            <pb facs="#f0054" n="35"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Studio</hi></hi> in der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Theologie.</hi></hi></hi> </fw><lb/> <hi rendition="#fr">die drey Jahr hundert her von ihnen gelitten. An &#x017F;tatt daß<lb/>
man &#x017F;ie mit Gedult und Sanfftmu&#x0364;thigkeit gewinnen &#x017F;ollen,<lb/>
davon man viel Redens gemacht, weil man unten gelegen.<lb/>
Die&#x017F;e Auffu&#x0364;hrung ware ge&#x017F;chickt die Heyden viel halß&#x017F;tarri-<lb/>
ger zu machen, weil man ihnen damit einbildete, daß die<lb/>
Chri&#x017F;ten bloß aus</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Intere&#x017F;&#x017F;e</hi> </hi> <hi rendition="#fr">von der Be&#x017F;cheidenheit und Leut-<lb/>
&#x017F;eligkeit ge&#x017F;prochen. Keines weges aber aus denen Grund-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;tzen der</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Religion,</hi> </hi> <hi rendition="#fr">wie &#x017F;ie vorgegeben. Zum wenig&#x017F;ten i&#x017F;t<lb/>
gewiß, daß &#x017F;ie dadurch das Recht verlohren, &#x017F;ich wegen der<lb/>
Art, die die Heyden vormahls gegen &#x017F;ie gebraucht, zu be-<lb/>
klagen, und die Sanfftmuth ihrer</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Religion</hi> </hi> <hi rendition="#fr">heraus zu ru&#x0364;h-<lb/>
men. Denn die&#x017F;e haben &#x017F;ie durch ihre Verfolgung gantz<lb/>
be&#x017F;chimpffet.</hi> </p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. <hi rendition="#aq">XXVIII.</hi></head>
          <p>Kurtz: Menn man wegen der <hi rendition="#aq">Reli-</hi><note place="right">Warum<lb/>
manchmahl<lb/>
die Gewi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ens Freyheit<lb/>
von denen<lb/>
Kirchen Leh-<lb/>
rern ver-<lb/>
theydiget<lb/>
worden.</note><lb/><hi rendition="#aq">gion</hi> Noth litte/ behauptete man/ das <hi rendition="#fr">Gewi&#x017F;&#x017F;en wa&#x0364;re ein<lb/>
freyes We&#x017F;en.</hi> Es lie&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich da&#x017F;&#x017F;elbe durch keine Ge&#x017F;etze<lb/>
zwingen. Es wa&#x0364;re die gro&#x0364;&#x017F;te <hi rendition="#fr">Unbilligkeit,</hi> ja was noch mehr/<lb/>
eine <hi rendition="#fr">Tyranney,</hi> wenn man &#x017F;ich einer <hi rendition="#fr">Herr&#x017F;chafft</hi> u&#x0364;ber die Ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en anma&#x017F;&#x017F;en wolte. <hi rendition="#aq">Augu&#x017F;tinus</hi> vertheydigte anfangs<lb/>
die Gewi&#x017F;&#x017F;ens-Freyheit unvergleichlich. <hi rendition="#aq">Athana&#x017F;ius</hi> war<lb/>
ihm hierinn vorgegangen. Denn die&#x017F;er &#x017F;chreibet an einem<lb/>
Orte al&#x017F;o: <note xml:id="f31" next="#f32" place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">Athana&#x017F;ius <hi rendition="#i">epi&#x017F;t. ad &#x017F;ilitanos.</hi> Quod &#x017F;i inhone&#x017F;tum e&#x017F;t, aliquot epi-</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">Athana&#x017F;ii</hi> Ur-<lb/>
theil von der<lb/>
gewalt&#x017F;amen<lb/>
Bekehrung.</note><lb/><hi rendition="#aq">&#x017F;copos metu coactos &#x017F;ententiam immutata&#x017F;&#x017F;e, quanto grauuius fædi-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">e</hi> 2</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">usque</hi></fw></note> <hi rendition="#fr">Wenn es etwas unan&#x017F;ta&#x0364;ndiges i&#x017F;t, daß</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">e 2</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">einige</hi></fw><lb/><note xml:id="f30" prev="#f29" place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">&#x017F;ouffert, pendant les trois premieurs &#x017F;iecles; au lieu des les gagner<lb/>
par la pacience, &amp; par la douceur, qu&#x2019;ils avoient tant prechées, lors<lb/>
qu&#x2019; ils étoient les plus foibles cette. Condnite etoit prapre à ren-<lb/>
dre les pagens plus opiniatres, en leur per&#x017F;uadant que les Chrétiens<lb/>
n&#x2019; avoient affectè de parler de moderation &amp; d&#x2019; humanité que par in-<lb/>
teret; &amp; nulliment par principe de religion, comme ils le di&#x017F;oient.<lb/>
Au moins, il e&#x017F;t certain, qu&#x2019; ils perdoient par la le droit de &#x017F;e plaindre<lb/>
de la maniere, dont les pagens les avoient traitez autre fois, &amp; de van-<lb/>
ter la douceur de leur religion; qu&#x2019; ils des honoroient tout a fait, par<lb/>
ees per&#x017F;ecutions.</hi></note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0054] Studio in der Theologie. die drey Jahr hundert her von ihnen gelitten. An ſtatt daß man ſie mit Gedult und Sanfftmuͤthigkeit gewinnen ſollen, davon man viel Redens gemacht, weil man unten gelegen. Dieſe Auffuͤhrung ware geſchickt die Heyden viel halßſtarri- ger zu machen, weil man ihnen damit einbildete, daß die Chriſten bloß aus Intereſſe von der Beſcheidenheit und Leut- ſeligkeit geſprochen. Keines weges aber aus denen Grund- ſaͤtzen der Religion, wie ſie vorgegeben. Zum wenigſten iſt gewiß, daß ſie dadurch das Recht verlohren, ſich wegen der Art, die die Heyden vormahls gegen ſie gebraucht, zu be- klagen, und die Sanfftmuth ihrer Religion heraus zu ruͤh- men. Denn dieſe haben ſie durch ihre Verfolgung gantz beſchimpffet. §. XXVIII. Kurtz: Menn man wegen der Reli- gion Noth litte/ behauptete man/ das Gewiſſen waͤre ein freyes Weſen. Es lieſſe ſich daſſelbe durch keine Geſetze zwingen. Es waͤre die groͤſte Unbilligkeit, ja was noch mehr/ eine Tyranney, wenn man ſich einer Herrſchafft uͤber die Ge- wiſſen anmaſſen wolte. Auguſtinus vertheydigte anfangs die Gewiſſens-Freyheit unvergleichlich. Athanaſius war ihm hierinn vorgegangen. Denn dieſer ſchreibet an einem Orte alſo: (a) Wenn es etwas unanſtaͤndiges iſt, daß einige (b) Warum manchmahl die Gewiſ- ſens Freyheit von denen Kirchen Leh- rern ver- theydiget worden. (a) Athanaſius epiſt. ad ſilitanos. Quod ſi inhoneſtum eſt, aliquot epi- ſcopos metu coactos ſententiam immutataſſe, quanto grauuius fædi- usque (b) ſouffert, pendant les trois premieurs ſiecles; au lieu des les gagner par la pacience, & par la douceur, qu’ils avoient tant prechées, lors qu’ ils étoient les plus foibles cette. Condnite etoit prapre à ren- dre les pagens plus opiniatres, en leur perſuadant que les Chrétiens n’ avoient affectè de parler de moderation & d’ humanité que par in- teret; & nulliment par principe de religion, comme ils le diſoient. Au moins, il eſt certain, qu’ ils perdoient par la le droit de ſe plaindre de la maniere, dont les pagens les avoient traitez autre fois, & de van- ter la douceur de leur religion; qu’ ils des honoroient tout a fait, par ees perſecutions. e 2 e 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/54
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/54>, abgerufen am 24.11.2024.