Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.Geheimhaltung der Beichte. Vater ein pactum tacitum. Denn man beichtete ja dieser-wegen/ daß man das Gewissen wolte aufrichten/ Trost und Hülffe vor die Hertzens Angst haben/ keines weges a- ber in die weltliche Gerichte zu fallen. Die Offenbahrung im Beicht-Stuhl/ sey zum Nutzen der Beichtenden einge- führet. Dieserwegen dürffte solche ihnen nicht zum Scha- den gereichen. Wäre es aber/ das der Beicht-Vater un- ter dem Schein der Beruhigung des Gewissens etwas her- aus lockte/ und solches nachmahls der Obrigkeit anzeigte/ so gereichte die Beichte denen Leuten zum Schaden. Wür- de aber dieses zugelassen/ so schreckte man die Menschen von der Bekäntniß und Offenbahrung ihrer Sünden ab. §. VII. Es ist allerdings also. Die Beichte soll eineDie Ge- als angeführet. Es hält derselbe dafür, wie man eine jede Sache nach ihrer Natur und Eigenschafft beurtheilen müste, damit man derselben keine Gewalt thäte. Was man uns also als et- was heimliches anvertraute, dürffte nicht geoffenbahret werden. Da nun dieses alle honette Leute beobachten solten, so müste es vielmehr von denen Geistlichen gesaget werden. Denn diese hät- ten eine solche Lebens-Art, welcher das Stillschweigen beständig zur Seiten stünde, u. s. w. a) Dieses ist die Meinung Pauli Tarnovii de Minister. lib. 2. cap. 22.Meinung der Theologen. n. 13. wiewohl ich seine Gründe nicht durchgehends billige. Joa- chimus Pollio hat im Theologischen Frag-Buch cent. 2. q. 10 fol- gende Worte: Begeb sichs aber, daß einer in der Beicht Sünde q q 2
Geheimhaltung der Beichte. Vater ein pactum tacitum. Denn man beichtete ja dieſer-wegen/ daß man das Gewiſſen wolte aufrichten/ Troſt und Huͤlffe vor die Hertzens Angſt haben/ keines weges a- ber in die weltliche Gerichte zu fallen. Die Offenbahrung im Beicht-Stuhl/ ſey zum Nutzen der Beichtenden einge- fuͤhret. Dieſerwegen duͤrffte ſolche ihnen nicht zum Scha- den gereichen. Waͤre es aber/ das der Beicht-Vater un- ter dem Schein der Beruhigung des Gewiſſens etwas her- aus lockte/ und ſolches nachmahls der Obrigkeit anzeigte/ ſo gereichte die Beichte denen Leuten zum Schaden. Wuͤr- de aber dieſes zugelaſſen/ ſo ſchreckte man die Menſchen von der Bekaͤntniß und Offenbahrung ihrer Suͤnden ab. §. VII. Es iſt allerdings alſo. Die Beichte ſoll eineDie Ge- als angefuͤhret. Es haͤlt derſelbe dafuͤr, wie man eine jede Sache nach ihrer Natur und Eigenſchafft beurtheilen muͤſte, damit man derſelben keine Gewalt thaͤte. Was man uns alſo als et- was heimliches anvertraute, duͤrffte nicht geoffenbahret werden. Da nun dieſes alle honette Leute beobachten ſolten, ſo muͤſte es vielmehr von denen Geiſtlichen geſaget werden. Denn dieſe haͤt- ten eine ſolche Lebens-Art, welcher das Stillſchweigen beſtaͤndig zur Seiten ſtuͤnde, u. ſ. w. a) Dieſes iſt die Meinung Pauli Tarnovii de Miniſter. lib. 2. cap. 22.Meinung der Theologen. n. 13. wiewohl ich ſeine Gruͤnde nicht durchgehends billige. Joa- chimus Pollio hat im Theologiſchen Frag-Buch cent. 2. q. 10 fol- gende Worte: Begeb ſichs aber, daß einer in der Beicht Suͤnde q q 2
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Geheimhaltung der Beichte.
Vater ein pactum tacitum. Denn man beichtete ja dieſer-
wegen/ daß man das Gewiſſen wolte aufrichten/ Troſt
und Huͤlffe vor die Hertzens Angſt haben/ keines weges a-
ber in die weltliche Gerichte zu fallen. Die Offenbahrung
im Beicht-Stuhl/ ſey zum Nutzen der Beichtenden einge-
fuͤhret. Dieſerwegen duͤrffte ſolche ihnen nicht zum Scha-
den gereichen. Waͤre es aber/ das der Beicht-Vater un-
ter dem Schein der Beruhigung des Gewiſſens etwas her-
aus lockte/ und ſolches nachmahls der Obrigkeit anzeigte/
ſo gereichte die Beichte denen Leuten zum Schaden. Wuͤr-
de aber dieſes zugelaſſen/ ſo ſchreckte man die Menſchen
von der Bekaͤntniß und Offenbahrung ihrer Suͤnden ab.
§. VII. Es iſt allerdings alſo. Die Beichte ſoll eine
ohnverfaͤlſchte Offenbahrung und Entdeckung des Her-
tzens ſeyn. Darum muͤſſen die Prieſter allerdings dasje-
nige geheim halten/ was ihnen von Leuten/ die das Gewiſ-
ſen druͤcket/ geoffenbahret wird. Denn wenn es erlaubt
waͤre/ das vertraute andern wiederum zu offenbahren,
lieber wer wolte in dem Beicht-Stuhl Troſt ſuchen/ und
ſein Hertze ausſchuͤtten a). Man ſuchet den Prieſter nicht
als
(a)
Die Ge-
heimhal-
tung der
Beichte bey
denen Pro-
teſtirenden.
a) Dieſes iſt die Meinung Pauli Tarnovii de Miniſter. lib. 2. cap. 22.
n. 13. wiewohl ich ſeine Gruͤnde nicht durchgehends billige. Joa-
chimus Pollio hat im Theologiſchen Frag-Buch cent. 2. q. 10 fol-
gende Worte: Begeb ſichs aber, daß einer in der Beicht
Suͤnde
(a) angefuͤhret. Es haͤlt derſelbe dafuͤr, wie man eine jede Sache
nach ihrer Natur und Eigenſchafft beurtheilen muͤſte, damit
man derſelben keine Gewalt thaͤte. Was man uns alſo als et-
was heimliches anvertraute, duͤrffte nicht geoffenbahret werden.
Da nun dieſes alle honette Leute beobachten ſolten, ſo muͤſte es
vielmehr von denen Geiſtlichen geſaget werden. Denn dieſe haͤt-
ten eine ſolche Lebens-Art, welcher das Stillſchweigen beſtaͤndig
zur Seiten ſtuͤnde, u. ſ. w.
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