Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

bey denen Protestirenden.
daß vielen unter uns/ so wohl als bey denen Papisten/ die
Hierarchie in dem Kopf stecke. Sie dürfften sich solches
nur nicht recht mercken lassen. Viele Sätze würden nicht
nach dem Grund der Wahrheit/ sondern nur nach dem Nu-
tzen der Clerisey beurtheilet. Von Exempeln muß man ab-
strahi
ren/ sonst macht man sich gar zu viel Feinde. Was
soll man aber hierbey thun? Man muß vieles tragen und
erdulden/ was nicht leicht kan geändert werden.

Zweyte
gesuchet. Wolte GOtt, daß man auch heute zu Tage die ab-
solution
nicht als eine richterliche Sententz ausspräche, son-
dern solche von GOTT erbeten hälffe. Wäre aber diese Ar-
beit denen Geistlichen zu beschwerlich, so könnten sie doch an statt
der gewöhnlichen absolutions-formul diese gebrauchen: GOtt
wird euch eure Sünden vergeben. Jedoch daran werden die
wenigsten Priester wollen. Man bildet sich insgemein ein, die Cle-
risey kündigte die Vergebung nicht an, sondern theilete solche mit.
Darum sagen sie: Wir vergeben krafft unsers heiligen
Amtes.
Allein diese Formul ist, daß ich des Dallaei Worte ge-
brauche, unächt, und von denen neuern erdacht worden. Es
hat aber solche neue Meinung nichts destoweniger alle eingenom-
men. Jch bilde mir also nichts anders ein, als daß man das-
jenige, so ich bißher gemeldet, auf die greulichste Art herum neh-
men wird. Jch muß mir alles gefallen lassen. Weil aber mei-
ne Meinung, sie mag beschaffen seyn wie sie will, keinen Glau-
bens-Articul betrifft, so werden die Herren Wiedersacher nicht
mit Ketzer-Tituln um sich schmeissen. Um dieses will ich sie hiermit
auf das freundlichste gebeten haben.
a) Jch
z 3

bey denen Proteſtirenden.
daß vielen unter uns/ ſo wohl als bey denen Papiſten/ die
Hierarchie in dem Kopf ſtecke. Sie duͤrfften ſich ſolches
nur nicht recht mercken laſſen. Viele Saͤtze wuͤrden nicht
nach dem Grund der Wahrheit/ ſondern nur nach dem Nu-
tzen der Cleriſey beurtheilet. Von Exempeln muß man ab-
ſtrahi
ren/ ſonſt macht man ſich gar zu viel Feinde. Was
ſoll man aber hierbey thun? Man muß vieles tragen und
erdulden/ was nicht leicht kan geaͤndert werden.

Zweyte
geſuchet. Wolte GOtt, daß man auch heute zu Tage die ab-
ſolution
nicht als eine richterliche Sententz ausſpraͤche, ſon-
dern ſolche von GOTT erbeten haͤlffe. Waͤre aber dieſe Ar-
beit denen Geiſtlichen zu beſchwerlich, ſo koͤnnten ſie doch an ſtatt
der gewoͤhnlichen abſolutions-formul dieſe gebrauchen: GOtt
wird euch eure Suͤnden vergeben. Jedoch daran werden die
wenigſten Prieſter wollen. Man bildet ſich insgemein ein, die Cle-
riſey kuͤndigte die Vergebung nicht an, ſondern theilete ſolche mit.
Darum ſagen ſie: Wir vergeben krafft unſers heiligen
Amtes.
Allein dieſe Formul iſt, daß ich des Dallæi Worte ge-
brauche, unaͤcht, und von denen neuern erdacht worden. Es
hat aber ſolche neue Meinung nichts deſtoweniger alle eingenom-
men. Jch bilde mir alſo nichts anders ein, als daß man das-
jenige, ſo ich bißher gemeldet, auf die greulichſte Art herum neh-
men wird. Jch muß mir alles gefallen laſſen. Weil aber mei-
ne Meinung, ſie mag beſchaffen ſeyn wie ſie will, keinen Glau-
bens-Articul betrifft, ſo werden die Herren Wiederſacher nicht
mit Ketzer-Tituln um ſich ſchmeiſſen. Um dieſes will ich ſie hiermit
auf das freundlichſte gebeten haben.
a) Jch
z 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0200" n="181"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">bey denen <hi rendition="#aq">Prote&#x017F;ti</hi>renden.</hi></fw><lb/>
daß vielen unter uns/ &#x017F;o wohl als bey denen Papi&#x017F;ten/ die<lb/><hi rendition="#aq">Hierarchie</hi> in dem Kopf &#x017F;tecke. Sie du&#x0364;rfften &#x017F;ich &#x017F;olches<lb/>
nur nicht recht mercken la&#x017F;&#x017F;en. Viele Sa&#x0364;tze wu&#x0364;rden nicht<lb/>
nach dem Grund der Wahrheit/ &#x017F;ondern nur nach dem Nu-<lb/>
tzen der Cleri&#x017F;ey beurtheilet. Von Exempeln muß man <hi rendition="#aq">ab-<lb/>
&#x017F;trahi</hi>ren/ &#x017F;on&#x017F;t macht man &#x017F;ich gar zu viel Feinde. Was<lb/>
&#x017F;oll man aber hierbey thun? Man muß vieles tragen und<lb/>
erdulden/ was nicht leicht kan gea&#x0364;ndert werden.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Zweyte</fw><lb/>
            <p>
              <note xml:id="g73" prev="#g72" place="foot" n="(b)">ge&#x017F;uchet. Wolte GOtt, daß man auch heute zu Tage die <hi rendition="#aq">ab-<lb/>
&#x017F;olution</hi> nicht als eine <hi rendition="#fr">richterliche Sententz</hi> aus&#x017F;pra&#x0364;che, &#x017F;on-<lb/>
dern &#x017F;olche von GOTT erbeten ha&#x0364;lffe. Wa&#x0364;re aber die&#x017F;e Ar-<lb/>
beit denen Gei&#x017F;tlichen zu be&#x017F;chwerlich, &#x017F;o ko&#x0364;nnten &#x017F;ie doch an &#x017F;tatt<lb/>
der gewo&#x0364;hnlichen <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olutions-formul</hi> die&#x017F;e gebrauchen: GOtt<lb/>
wird euch eure Su&#x0364;nden vergeben. Jedoch daran werden die<lb/>
wenig&#x017F;ten Prie&#x017F;ter wollen. Man bildet &#x017F;ich insgemein ein, die Cle-<lb/>
ri&#x017F;ey ku&#x0364;ndigte die Vergebung nicht an, &#x017F;ondern theilete &#x017F;olche mit.<lb/>
Darum &#x017F;agen &#x017F;ie: <hi rendition="#fr">Wir vergeben krafft un&#x017F;ers heiligen<lb/>
Amtes.</hi> Allein die&#x017F;e Formul i&#x017F;t, daß ich des <hi rendition="#aq">Dallæi</hi> Worte ge-<lb/>
brauche, <hi rendition="#fr">una&#x0364;cht, und von denen neuern erdacht worden.</hi> Es<lb/>
hat aber &#x017F;olche neue Meinung nichts de&#x017F;toweniger alle eingenom-<lb/>
men. Jch bilde mir al&#x017F;o nichts anders ein, als daß man das-<lb/>
jenige, &#x017F;o ich bißher gemeldet, auf die greulich&#x017F;te Art herum neh-<lb/>
men wird. Jch muß mir alles gefallen la&#x017F;&#x017F;en. Weil aber mei-<lb/>
ne Meinung, &#x017F;ie mag be&#x017F;chaffen &#x017F;eyn wie &#x017F;ie will, keinen Glau-<lb/>
bens-Articul betrifft, &#x017F;o werden die Herren Wieder&#x017F;acher nicht<lb/>
mit Ketzer-Tituln um &#x017F;ich &#x017F;chmei&#x017F;&#x017F;en. Um die&#x017F;es will ich &#x017F;ie hiermit<lb/>
auf das freundlich&#x017F;te gebeten haben.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">a)</hi> Jch</fw></note>
            </p>
          </div>
        </div>
      </div><lb/>
      <fw place="bottom" type="sig">z 3</fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[181/0200] bey denen Proteſtirenden. daß vielen unter uns/ ſo wohl als bey denen Papiſten/ die Hierarchie in dem Kopf ſtecke. Sie duͤrfften ſich ſolches nur nicht recht mercken laſſen. Viele Saͤtze wuͤrden nicht nach dem Grund der Wahrheit/ ſondern nur nach dem Nu- tzen der Cleriſey beurtheilet. Von Exempeln muß man ab- ſtrahiren/ ſonſt macht man ſich gar zu viel Feinde. Was ſoll man aber hierbey thun? Man muß vieles tragen und erdulden/ was nicht leicht kan geaͤndert werden. Zweyte (b) (b) geſuchet. Wolte GOtt, daß man auch heute zu Tage die ab- ſolution nicht als eine richterliche Sententz ausſpraͤche, ſon- dern ſolche von GOTT erbeten haͤlffe. Waͤre aber dieſe Ar- beit denen Geiſtlichen zu beſchwerlich, ſo koͤnnten ſie doch an ſtatt der gewoͤhnlichen abſolutions-formul dieſe gebrauchen: GOtt wird euch eure Suͤnden vergeben. Jedoch daran werden die wenigſten Prieſter wollen. Man bildet ſich insgemein ein, die Cle- riſey kuͤndigte die Vergebung nicht an, ſondern theilete ſolche mit. Darum ſagen ſie: Wir vergeben krafft unſers heiligen Amtes. Allein dieſe Formul iſt, daß ich des Dallæi Worte ge- brauche, unaͤcht, und von denen neuern erdacht worden. Es hat aber ſolche neue Meinung nichts deſtoweniger alle eingenom- men. Jch bilde mir alſo nichts anders ein, als daß man das- jenige, ſo ich bißher gemeldet, auf die greulichſte Art herum neh- men wird. Jch muß mir alles gefallen laſſen. Weil aber mei- ne Meinung, ſie mag beſchaffen ſeyn wie ſie will, keinen Glau- bens-Articul betrifft, ſo werden die Herren Wiederſacher nicht mit Ketzer-Tituln um ſich ſchmeiſſen. Um dieſes will ich ſie hiermit auf das freundlichſte gebeten haben. a) Jch z 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/200
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/200>, abgerufen am 23.11.2024.