Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

bey denen Protestirenden.
tig genug/ sie von ihren Sünden zu reinigen b). Sie setzen
mehr Vertrauen auf die Beicht-Väter/ alsauf GOtt/ und
suchen also Hülffe/ wo solche doch nicht zu finden. Sie be-
ten nach dem Gebrauch das auswendig gelernete Formu-
lar daher/ im übrigen aber ist bey ihnen keine rechte Erkänt-
nüß
der Sünden/ keine wahre Reue, kein Glaube an Chri-

stum
b) Jch will die Sache wiederum lieber mit des angeführten unge-Die Leute wer-
den durch die
gemeine
Beicht-Art
sicher gemacht.

nannten Autoris, als meinen Worten ausdrücken. So saget
er aber cit. l. Die gottlosen und sichern Sünder, wie ley der!
sonderlich heut zu Tage, die meisten Christen sind, die in Un-
wissenheit und daher nothwendig in Unbußfertigkeit, Un-
glauben und Sünden wider das Gewissen dahin gehen, von
GOtt aber und seiner seeligen Einwohnung und Würckung
in ihrem Hertzen nichts wissen, weil sie durch den Prediger
können
absoluiret werden, wenn sie wollen, der Prediger auch
wegen der nöthigen Gewohnheit solches thun muß, wo er
nicht vor Gericht will verklaget und gestraffet werden;
So werden dieselben immer mehr und mehr in ihren Sün-
den gestärcket, und verlassen sich darauf, daß ihnen ihre
Sünden von dem Prediger vergeben sind, und daß die
Sachen gantz gut mit ihnen stehen. Da sie doch niemah-
len ihre Sünden und den Zorn GOTTES über diesel-
ben recht erkannt, und gefühlet, und also auch dem
Prediger nie keine Noth des Hertzens geklaget, noch
Trost von ihm begehret, viel weniger im Glauben an Chri-
stum einen Vorsatz gefasset, solche Sünden einzustellen;
Sondern sie sind in dem Vorsatz zu sündigen geblieben, in
Meinung GOtt sey barmhertzig, und nehme es so genau nicht.
Sie leben in der Welt; Wo sie wollen fortkommen, müssen
sie es machen, wie der gröste Hauffe. Was sie aber in der
Beicht gethan, ist nichts anders, als daß sie ihr vorlangen
Jahren auswendig gelernetes Beicht-Formular hergesaget,
und darauf offt mit einer wohl getitulirten Rede
absoluiret
sind
&c.
a) Jch

bey denen Proteſtirenden.
tig genug/ ſie von ihren Suͤnden zu reinigen b). Sie ſetzen
mehr Vertrauen auf die Beicht-Vaͤter/ alsauf GOtt/ und
ſuchen alſo Huͤlffe/ wo ſolche doch nicht zu finden. Sie be-
ten nach dem Gebrauch das auswendig gelernete Formu-
lar daher/ im uͤbrigen aber iſt bey ihnen keine rechte Erkaͤnt-
nuͤß
der Suͤnden/ keine wahre Reue, kein Glaube an Chri-

ſtum
b) Jch will die Sache wiederum lieber mit des angefuͤhrten unge-Die Leute wer-
den durch die
gemeine
Beicht-Art
ſicher gemacht.

nannten Autoris, als meinen Worten ausdruͤcken. So ſaget
er aber cit. l. Die gottloſen und ſichern Suͤnder, wie ley der!
ſonderlich heut zu Tage, die meiſten Chriſten ſind, die in Un-
wiſſenheit und daher nothwendig in Unbußfertigkeit, Un-
glauben und Suͤnden wider das Gewiſſen dahin gehen, von
GOtt aber und ſeiner ſeeligen Einwohnung und Wuͤrckung
in ihrem Hertzen nichts wiſſen, weil ſie durch den Prediger
koͤnnen
abſoluiret werden, wenn ſie wollen, der Prediger auch
wegen der noͤthigen Gewohnheit ſolches thun muß, wo er
nicht vor Gericht will verklaget und geſtraffet werden;
So werden dieſelben immer mehr und mehr in ihren Suͤn-
den geſtaͤrcket, und verlaſſen ſich darauf, daß ihnen ihre
Suͤnden von dem Prediger vergeben ſind, und daß die
Sachen gantz gut mit ihnen ſtehen. Da ſie doch niemah-
len ihre Suͤnden und den Zorn GOTTES uͤber dieſel-
ben recht erkannt, und gefuͤhlet, und alſo auch dem
Prediger nie keine Noth des Hertzens geklaget, noch
Troſt von ihm begehret, viel weniger im Glauben an Chri-
ſtum einen Vorſatz gefaſſet, ſolche Suͤnden einzuſtellen;
Sondern ſie ſind in dem Vorſatz zu ſuͤndigen geblieben, in
Meinung GOtt ſey barmhertzig, und nehme es ſo genau nicht.
Sie leben in der Welt; Wo ſie wollen fortkommen, muͤſſen
ſie es machen, wie der groͤſte Hauffe. Was ſie aber in der
Beicht gethan, iſt nichts anders, als daß ſie ihr vorlangen
Jahren auswendig gelernetes Beicht-Formular hergeſaget,
und darauf offt mit einer wohl getitulirten Rede
abſoluiret
ſind
&c.
a) Jch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0194" n="175"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">bey denen <hi rendition="#aq">Prote&#x017F;ti</hi>renden.</hi></fw><lb/>
tig genug/ &#x017F;ie von ihren Su&#x0364;nden zu reinigen <note place="foot" n="b)">Jch will die Sache wiederum lieber mit des angefu&#x0364;hrten unge-<note place="right">Die Leute wer-<lb/>
den durch die<lb/><hi rendition="#g">gemeine</hi><lb/>
Beicht-Art<lb/>
&#x017F;icher gemacht.</note><lb/>
nannten <hi rendition="#aq">Autoris,</hi> als meinen Worten ausdru&#x0364;cken. So &#x017F;aget<lb/>
er aber <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">cit. l.</hi></hi> <hi rendition="#fr">Die gottlo&#x017F;en und &#x017F;ichern Su&#x0364;nder, wie ley der!<lb/>
&#x017F;onderlich heut zu Tage, die mei&#x017F;ten Chri&#x017F;ten &#x017F;ind, die in Un-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;enheit und daher nothwendig in Unbußfertigkeit, Un-<lb/>
glauben und Su&#x0364;nden wider das Gewi&#x017F;&#x017F;en dahin gehen, von<lb/>
GOtt aber und &#x017F;einer &#x017F;eeligen Einwohnung und Wu&#x0364;rckung<lb/>
in ihrem Hertzen nichts wi&#x017F;&#x017F;en, weil &#x017F;ie durch den Prediger<lb/>
ko&#x0364;nnen</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ab&#x017F;olui</hi></hi><hi rendition="#fr">ret werden, wenn &#x017F;ie wollen, der Prediger auch<lb/>
wegen der no&#x0364;thigen Gewohnheit &#x017F;olches thun muß, wo er<lb/>
nicht vor Gericht will verklaget und ge&#x017F;traffet werden;<lb/>
So werden die&#x017F;elben immer mehr und mehr in ihren Su&#x0364;n-<lb/>
den ge&#x017F;ta&#x0364;rcket, und verla&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich darauf, daß ihnen ihre<lb/>
Su&#x0364;nden von dem Prediger vergeben &#x017F;ind, und daß die<lb/>
Sachen gantz gut mit ihnen &#x017F;tehen. Da &#x017F;ie doch niemah-<lb/>
len ihre Su&#x0364;nden und den Zorn <hi rendition="#g">GOTTES</hi> u&#x0364;ber die&#x017F;el-<lb/>
ben recht erkannt, und gefu&#x0364;hlet, und al&#x017F;o auch dem<lb/>
Prediger nie keine Noth des Hertzens geklaget, noch<lb/>
Tro&#x017F;t von ihm begehret, viel weniger im Glauben an Chri-<lb/>
&#x017F;tum einen Vor&#x017F;atz gefa&#x017F;&#x017F;et, &#x017F;olche Su&#x0364;nden einzu&#x017F;tellen;<lb/>
Sondern &#x017F;ie &#x017F;ind in dem Vor&#x017F;atz zu &#x017F;u&#x0364;ndigen geblieben, in<lb/>
Meinung GOtt &#x017F;ey barmhertzig, und nehme es &#x017F;o genau nicht.<lb/>
Sie leben in der Welt; Wo &#x017F;ie wollen fortkommen, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ie es machen, wie der gro&#x0364;&#x017F;te Hauffe. Was &#x017F;ie aber in der<lb/>
Beicht gethan, i&#x017F;t nichts anders, als daß &#x017F;ie ihr vorlangen<lb/>
Jahren auswendig gelernetes Beicht-Formular herge&#x017F;aget,<lb/>
und darauf offt mit einer wohl getitulirten Rede</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ab&#x017F;olui</hi></hi><hi rendition="#fr">ret<lb/>
&#x017F;ind</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">&amp;c.</hi></hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">a)</hi> Jch</fw></note>. Sie &#x017F;etzen<lb/>
mehr Vertrauen auf die Beicht-Va&#x0364;ter/ alsauf GOtt/ und<lb/>
&#x017F;uchen al&#x017F;o Hu&#x0364;lffe/ wo &#x017F;olche doch nicht zu finden. Sie be-<lb/>
ten nach dem Gebrauch das auswendig gelernete Formu-<lb/>
lar daher/ im u&#x0364;brigen aber i&#x017F;t bey ihnen keine rechte <hi rendition="#fr">Erka&#x0364;nt-<lb/>
nu&#x0364;ß</hi> der Su&#x0364;nden/ keine wahre <hi rendition="#fr">Reue, kein Glaube</hi> an Chri-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tum</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0194] bey denen Proteſtirenden. tig genug/ ſie von ihren Suͤnden zu reinigen b). Sie ſetzen mehr Vertrauen auf die Beicht-Vaͤter/ alsauf GOtt/ und ſuchen alſo Huͤlffe/ wo ſolche doch nicht zu finden. Sie be- ten nach dem Gebrauch das auswendig gelernete Formu- lar daher/ im uͤbrigen aber iſt bey ihnen keine rechte Erkaͤnt- nuͤß der Suͤnden/ keine wahre Reue, kein Glaube an Chri- ſtum b) Jch will die Sache wiederum lieber mit des angefuͤhrten unge- nannten Autoris, als meinen Worten ausdruͤcken. So ſaget er aber cit. l. Die gottloſen und ſichern Suͤnder, wie ley der! ſonderlich heut zu Tage, die meiſten Chriſten ſind, die in Un- wiſſenheit und daher nothwendig in Unbußfertigkeit, Un- glauben und Suͤnden wider das Gewiſſen dahin gehen, von GOtt aber und ſeiner ſeeligen Einwohnung und Wuͤrckung in ihrem Hertzen nichts wiſſen, weil ſie durch den Prediger koͤnnen abſoluiret werden, wenn ſie wollen, der Prediger auch wegen der noͤthigen Gewohnheit ſolches thun muß, wo er nicht vor Gericht will verklaget und geſtraffet werden; So werden dieſelben immer mehr und mehr in ihren Suͤn- den geſtaͤrcket, und verlaſſen ſich darauf, daß ihnen ihre Suͤnden von dem Prediger vergeben ſind, und daß die Sachen gantz gut mit ihnen ſtehen. Da ſie doch niemah- len ihre Suͤnden und den Zorn GOTTES uͤber dieſel- ben recht erkannt, und gefuͤhlet, und alſo auch dem Prediger nie keine Noth des Hertzens geklaget, noch Troſt von ihm begehret, viel weniger im Glauben an Chri- ſtum einen Vorſatz gefaſſet, ſolche Suͤnden einzuſtellen; Sondern ſie ſind in dem Vorſatz zu ſuͤndigen geblieben, in Meinung GOtt ſey barmhertzig, und nehme es ſo genau nicht. Sie leben in der Welt; Wo ſie wollen fortkommen, muͤſſen ſie es machen, wie der groͤſte Hauffe. Was ſie aber in der Beicht gethan, iſt nichts anders, als daß ſie ihr vorlangen Jahren auswendig gelernetes Beicht-Formular hergeſaget, und darauf offt mit einer wohl getitulirten Rede abſoluiret ſind &c. a) Jch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/194
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/194>, abgerufen am 04.05.2024.