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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stühle,
meisten die Hände unwürdiger Weise auf. Alle/ welche das
Nachtmahl des HErrn geniessen wollen/ müssen sich in dem
Beicht-Stuhl einfinden. Man will gar keinen Unterscheid
unter denen Personen machen a). Viele gehen aus einem
blossen Gebrauch zur Beichte/ und stehen in denen Gedan-
cken/ es sey alles gantz gut und wohl ausgerichtet/ wenn
der Priester gesprochen: Jch vergebe euch Krafft meines hei-
ligen Amtes alle eure Sünden etc.
Diese Worte wären kräf-

tig
a) Daß alle und
jede vor Genies-
sung des A-
bendmahls
beichten müs-
sen, wird geta-
delt.
Wegen dieser Gewohnheit hat der öfftersangeführte ungenannte
Autor cit. l. §. 13. folgende Worte einfliessen lassen: Wie also
die Christen der ersten Kirchen neues Testamts das theure
Verdienst JEsu Christi durch den Gnaden-Bund der heil.
Taufe ihnen geschencket, zum Grunds ihres Glaubens gesetzet,
und dabey ohne solche nöthige Beichte und
Absolution vor dem
heiligen Abendmahl der Vergebung ihrer Sünden und der
Gnaden GOttes im Glauben gewiß gewesen sind. Aber da
wird nicht mehr an gedacht, sondern ein jeder ist durch den
Mißbrauch der Beicht und
absolution in den Wahn gerathen:
Wenn er zum heiligen Abendmahl gehet, daß er keine Ver-
gebung der Sünden habe, wo er sich nicht zu vorher aus
nöthiger Gewohnheit
absoluiren lasse; Da er doch, so lange
er im Glauben JEsu Christi bleibet, durch solchen Glau-
ben gerecht ist, und Vergebung aller seiner Sünden hat.

Es sind auch diejenigen Worte nicht zu übergehen, welche er §. 14.
von der Nothwendigkeit vor Geniessung des Nachtmahls vor-
her zu beichten, einfliessen lassen. Es ist, saget er, ihnen (denen
Frommen) ein grosser Anstoß des Glaubens, daß man sie,
wenn sie zum Gedächtnüß des Todes JEsu Christi und seinen
Ehren, auch ihres Glaubens ferneren Stärckung und desto
festeren Vereinigung mit GOtt zum heiligen Abendmahl
gehen wollen, alsdenn zwingen will, sich erst
absoluiren o-
der die Sünde vergeben zu lassen, die ihnen doch schon ver-
geben sind, und an deren Vergebung sie keinen Zweiffel ha-
ben.
&c.

I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,
meiſten die Haͤnde unwuͤrdiger Weiſe auf. Alle/ welche das
Nachtmahl des HErrn genieſſen wollen/ muͤſſen ſich in dem
Beicht-Stuhl einfinden. Man will gar keinen Unterſcheid
unter denen Perſonen machen a). Viele gehen aus einem
bloſſen Gebrauch zur Beichte/ und ſtehen in denen Gedan-
cken/ es ſey alles gantz gut und wohl ausgerichtet/ wenn
der Prieſter geſprochen: Jch vergebe euch Krafft meines hei-
ligen Amtes alle eure Suͤnden ꝛc.
Dieſe Worte waͤren kraͤf-

tig
a) Daß alle und
jede vor Genieſ-
ſung des A-
bendmahls
beichten muͤſ-
ſen, wird geta-
delt.
Wegen dieſer Gewohnheit hat der oͤfftersangefuͤhrte ungenannte
Autor cit. l. §. 13. folgende Worte einflieſſen laſſen: Wie alſo
die Chriſten der erſten Kirchen neues Teſtamts das theure
Verdienſt JEſu Chriſti durch den Gnaden-Bund der heil.
Taufe ihnen geſchencket, zum Grunds ihres Glaubens geſetzet,
und dabey ohne ſolche noͤthige Beichte und
Abſolution vor dem
heiligen Abendmahl der Vergebung ihrer Suͤnden und der
Gnaden GOttes im Glauben gewiß geweſen ſind. Aber da
wird nicht mehr an gedacht, ſondern ein jeder iſt durch den
Mißbrauch der Beicht und
abſolution in den Wahn gerathen:
Wenn er zum heiligen Abendmahl gehet, daß er keine Ver-
gebung der Suͤnden habe, wo er ſich nicht zu vorher aus
noͤthiger Gewohnheit
abſoluiren laſſe; Da er doch, ſo lange
er im Glauben JEſu Chriſti bleibet, durch ſolchen Glau-
ben gerecht iſt, und Vergebung aller ſeiner Suͤnden hat.

Es ſind auch diejenigen Worte nicht zu uͤbergehen, welche er §. 14.
von der Nothwendigkeit vor Genieſſung des Nachtmahls vor-
her zu beichten, einflieſſen laſſen. Es iſt, ſaget er, ihnen (denen
Frommen) ein groſſer Anſtoß des Glaubens, daß man ſie,
wenn ſie zum Gedaͤchtnuͤß des Todes JEſu Chriſti und ſeinen
Ehren, auch ihres Glaubens ferneren Staͤrckung und deſto
feſteren Vereinigung mit GOtt zum heiligen Abendmahl
gehen wollen, alsdenn zwingen will, ſich erſt
abſoluiren o-
der die Suͤnde vergeben zu laſſen, die ihnen doch ſchon ver-
geben ſind, und an deren Vergebung ſie keinen Zweiffel ha-
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[174/0193] I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle, meiſten die Haͤnde unwuͤrdiger Weiſe auf. Alle/ welche das Nachtmahl des HErrn genieſſen wollen/ muͤſſen ſich in dem Beicht-Stuhl einfinden. Man will gar keinen Unterſcheid unter denen Perſonen machen a). Viele gehen aus einem bloſſen Gebrauch zur Beichte/ und ſtehen in denen Gedan- cken/ es ſey alles gantz gut und wohl ausgerichtet/ wenn der Prieſter geſprochen: Jch vergebe euch Krafft meines hei- ligen Amtes alle eure Suͤnden ꝛc. Dieſe Worte waͤren kraͤf- tig a) Wegen dieſer Gewohnheit hat der oͤfftersangefuͤhrte ungenannte Autor cit. l. §. 13. folgende Worte einflieſſen laſſen: Wie alſo die Chriſten der erſten Kirchen neues Teſtamts das theure Verdienſt JEſu Chriſti durch den Gnaden-Bund der heil. Taufe ihnen geſchencket, zum Grunds ihres Glaubens geſetzet, und dabey ohne ſolche noͤthige Beichte und Abſolution vor dem heiligen Abendmahl der Vergebung ihrer Suͤnden und der Gnaden GOttes im Glauben gewiß geweſen ſind. Aber da wird nicht mehr an gedacht, ſondern ein jeder iſt durch den Mißbrauch der Beicht und abſolution in den Wahn gerathen: Wenn er zum heiligen Abendmahl gehet, daß er keine Ver- gebung der Suͤnden habe, wo er ſich nicht zu vorher aus noͤthiger Gewohnheit abſoluiren laſſe; Da er doch, ſo lange er im Glauben JEſu Chriſti bleibet, durch ſolchen Glau- ben gerecht iſt, und Vergebung aller ſeiner Suͤnden hat. Es ſind auch diejenigen Worte nicht zu uͤbergehen, welche er §. 14. von der Nothwendigkeit vor Genieſſung des Nachtmahls vor- her zu beichten, einflieſſen laſſen. Es iſt, ſaget er, ihnen (denen Frommen) ein groſſer Anſtoß des Glaubens, daß man ſie, wenn ſie zum Gedaͤchtnuͤß des Todes JEſu Chriſti und ſeinen Ehren, auch ihres Glaubens ferneren Staͤrckung und deſto feſteren Vereinigung mit GOtt zum heiligen Abendmahl gehen wollen, alsdenn zwingen will, ſich erſt abſoluiren o- der die Suͤnde vergeben zu laſſen, die ihnen doch ſchon ver- geben ſind, und an deren Vergebung ſie keinen Zweiffel ha- ben. &c.

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/193>, abgerufen am 04.05.2024.