Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.I Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stühle, Unterscheidunter der Protesti- renden und Papistischen Beichte. 1) Wegen Erzehlung der Sün-den. §. II. Zwar weiß ich mehr als zu wohl/ daß die Beich- gebeich- Sie ware noch lange nicht so ausgezieret, wie sie anietzo ist. Die Historie und absonderlich die Kirchen-Geschichten fienge man wieder an, unter der Banck herfür zu suchen. Es ware solche mit vielen Fabeln schrecklich verhuntzet. Nach diesem Winckelmaß kunte man also dazumahl die Sachen nicht abmessen. Dahero ist es auch freylich gekommen, daß man viele Ceremonien und an- dere Dinge unberühret gelassen, deren rechten Ursprung und Nichtswürdigkeit uns die Kirchen-Geschichten anjetzo darstellen. Man könte einen ziemlichen Tractat von solchen Sachen verferti- gen, die als Uberbleibsel des politischen Papstthums noch unter uns vertheydiget werden. Allein wer will sich daran wagen? Man würde in ein Wespen-Nest stöhren, und dadurch sich viel Verdruß auf den Halß ziehen. a) Wie die Beich-
te der Protesti- renden beschaf- fen.Unsere Beichte ist also beschaffen, daß man durch ein generales Bekänntnüß der Sünde und Anzeigung der Reue die absolution von dem Beicht-Vater verlanget. vid. Chemnitius in exam. Con- cil. Trident. P. II. de confess. Allein ich dencke, die Beichte bleibet doch ein Papistischer fond, man mag dazu oder davon thun, was man will. b) Vid. I Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle, Unterſcheidunter der Proteſti- renden und Papiſtiſchẽ Beichte. 1) Wegen Erzehlung der Suͤn-den. §. II. Zwar weiß ich mehr als zu wohl/ daß die Beich- gebeich- Sie ware noch lange nicht ſo ausgezieret, wie ſie anietzo iſt. Die Hiſtorie und abſonderlich die Kirchen-Geſchichten fienge man wieder an, unter der Banck herfuͤr zu ſuchen. Es ware ſolche mit vielen Fabeln ſchrecklich verhuntzet. Nach dieſem Winckelmaß kunte man alſo dazumahl die Sachen nicht abmeſſen. Dahero iſt es auch freylich gekommen, daß man viele Ceremonien und an- dere Dinge unberuͤhret gelaſſen, deren rechten Urſprung und Nichtswuͤrdigkeit uns die Kirchen-Geſchichten anjetzo darſtellen. Man koͤnte einen ziemlichen Tractat von ſolchen Sachen verferti- gen, die als Uberbleibſel des politiſchen Papſtthums noch unter uns vertheydiget werden. Allein wer will ſich daran wagen? Man wuͤrde in ein Weſpen-Neſt ſtoͤhren, und dadurch ſich viel Verdruß auf den Halß ziehen. a) Wie die Beich-
te der Proteſti- renden beſchaf- fen.Unſere Beichte iſt alſo beſchaffen, daß man durch ein generales Bekaͤnntnuͤß der Suͤnde und Anzeigung der Reue die abſolution von dem Beicht-Vater verlanget. vid. Chemnitius in exam. Con- cil. Trident. P. II. de confeſſ. Allein ich dencke, die Beichte bleibet doch ein Papiſtiſcher fond, man mag dazu oder davon thun, was man will. b) Vid. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0149" n="130"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I</hi> Abth. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,</hi> </fw><lb/> <note place="left">Unterſcheid<lb/> unter der<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Proteſti-</hi></hi><lb/> renden und<lb/> Papiſtiſchẽ<lb/> Beichte.<lb/> 1) Wegen<lb/> Erzehlung<lb/> der Suͤn-den.</note> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. <hi rendition="#aq">II.</hi></head> <p>Zwar weiß ich mehr als zu wohl/ daß die Beich-<lb/> te/ welche bey uns gebraͤuchlich/ von der Paͤpſtler ihrer in<lb/> verſchiedenen Stuͤcken unterſchieden iſt. Allein damit iſt noch<lb/> nicht alles gehoben. So viel zeiget ſich zwar/ daß unſer<lb/> Joch noch etwas ertraͤglicher ſey <note place="foot" n="a)"><note place="left">Wie die Beich-<lb/> te der <hi rendition="#aq">Proteſti-</hi><lb/> renden beſchaf-<lb/> fen.</note>Unſere Beichte iſt alſo beſchaffen, daß man durch ein <hi rendition="#aq">genera</hi>les<lb/> Bekaͤnntnuͤß der Suͤnde und Anzeigung der Reue die <hi rendition="#aq">abſolution</hi><lb/> von dem Beicht-Vater verlanget. <hi rendition="#aq">vid. Chemnitius <hi rendition="#i">in exam. Con-<lb/> cil. Trident. P. II. de confeſſ.</hi></hi> Allein ich dencke, die Beichte bleibet<lb/> doch ein Papiſtiſcher <hi rendition="#aq">fond,</hi> man mag dazu oder davon thun, was<lb/> man will.<lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">b) Vid.</hi></fw></note>. Denn da verlangen die<lb/><hi rendition="#aq">Proteſtanten</hi> keinesweges/ daß man in dem Beichtſtuhl al-<lb/> le Suͤnden/ welche einem nur einfallen/ nebſt denen Umſtaͤn-<lb/> den/ ſo dabey vorgefallen/ herbeten muͤſſe. Denn nach de-<lb/> nen Lehrſaͤtzen der Papiſten/ iſt es nicht genug/ daß man<lb/> ſaget: wie viele Suͤnden und unter ſolchen auch Tod-Suͤn-<lb/> den begangen worden. Sie laſſen ſich damit nicht begnuͤ-<lb/> gen/ daß man eine gewiſſe Zahl begangener Suͤnden nen-<lb/> ne/ ſondern ſie wollen die <hi rendition="#aq">genera</hi> und <hi rendition="#aq">ſpecies</hi> von ſolchen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">gebeich-</fw><lb/><note xml:id="g12" prev="#g11" place="foot" n="(a)">Sie ware noch lange nicht ſo ausgezieret, wie ſie anietzo iſt.<lb/> Die Hiſtorie und abſonderlich die Kirchen-Geſchichten fienge man<lb/> wieder an, unter der Banck herfuͤr zu ſuchen. Es ware ſolche mit<lb/> vielen Fabeln ſchrecklich verhuntzet. Nach dieſem Winckelmaß<lb/> kunte man alſo dazumahl die Sachen nicht abmeſſen. Dahero<lb/> iſt es auch freylich gekommen, daß man viele Ceremonien und an-<lb/> dere Dinge unberuͤhret gelaſſen, deren rechten Urſprung und<lb/> Nichtswuͤrdigkeit uns die Kirchen-Geſchichten anjetzo darſtellen.<lb/> Man koͤnte einen ziemlichen Tractat von ſolchen Sachen verferti-<lb/> gen, die als Uberbleibſel des politiſchen Papſtthums noch unter<lb/> uns vertheydiget werden. Allein wer will ſich daran wagen?<lb/> Man wuͤrde in ein Weſpen-Neſt ſtoͤhren, und dadurch ſich viel<lb/> Verdruß auf den Halß ziehen.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [130/0149]
I Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,
§. II. Zwar weiß ich mehr als zu wohl/ daß die Beich-
te/ welche bey uns gebraͤuchlich/ von der Paͤpſtler ihrer in
verſchiedenen Stuͤcken unterſchieden iſt. Allein damit iſt noch
nicht alles gehoben. So viel zeiget ſich zwar/ daß unſer
Joch noch etwas ertraͤglicher ſey a). Denn da verlangen die
Proteſtanten keinesweges/ daß man in dem Beichtſtuhl al-
le Suͤnden/ welche einem nur einfallen/ nebſt denen Umſtaͤn-
den/ ſo dabey vorgefallen/ herbeten muͤſſe. Denn nach de-
nen Lehrſaͤtzen der Papiſten/ iſt es nicht genug/ daß man
ſaget: wie viele Suͤnden und unter ſolchen auch Tod-Suͤn-
den begangen worden. Sie laſſen ſich damit nicht begnuͤ-
gen/ daß man eine gewiſſe Zahl begangener Suͤnden nen-
ne/ ſondern ſie wollen die genera und ſpecies von ſolchen
gebeich-
(a)
a) Unſere Beichte iſt alſo beſchaffen, daß man durch ein generales
Bekaͤnntnuͤß der Suͤnde und Anzeigung der Reue die abſolution
von dem Beicht-Vater verlanget. vid. Chemnitius in exam. Con-
cil. Trident. P. II. de confeſſ. Allein ich dencke, die Beichte bleibet
doch ein Papiſtiſcher fond, man mag dazu oder davon thun, was
man will.
b) Vid.
(a) Sie ware noch lange nicht ſo ausgezieret, wie ſie anietzo iſt.
Die Hiſtorie und abſonderlich die Kirchen-Geſchichten fienge man
wieder an, unter der Banck herfuͤr zu ſuchen. Es ware ſolche mit
vielen Fabeln ſchrecklich verhuntzet. Nach dieſem Winckelmaß
kunte man alſo dazumahl die Sachen nicht abmeſſen. Dahero
iſt es auch freylich gekommen, daß man viele Ceremonien und an-
dere Dinge unberuͤhret gelaſſen, deren rechten Urſprung und
Nichtswuͤrdigkeit uns die Kirchen-Geſchichten anjetzo darſtellen.
Man koͤnte einen ziemlichen Tractat von ſolchen Sachen verferti-
gen, die als Uberbleibſel des politiſchen Papſtthums noch unter
uns vertheydiget werden. Allein wer will ſich daran wagen?
Man wuͤrde in ein Weſpen-Neſt ſtoͤhren, und dadurch ſich viel
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