Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

Tuskulum und von Tivoli, und von Reben¬
hügeln in die vielfarbige Ebene, an die zer¬
streueten Villen und Hütten, in die Zitronen-
und Eichenwälder -- im tiefen Westen wurde
wieder das Meer wie am Abend, wenn es der
heiße Gott besucht, voll Glanz, immer von ihm
entzündet und sein ewiger Thau.

In der Morgenwelt lag unten das große
stille Rom ausgebreitet, keine lebendige Stadt,
ein einsamer ungeheuerer Zaubergarten der al¬
ten verborgnen Heldengeister, auf zwölf Hügel
gelegt. -- Der menschenlose Lustgarten der Gei¬
ster sagte sich durch die grünen Wiesen und
Zypressen zwischen den Pallästen an und durch
die breiten offnen Treppen und Säulen und
Brücken, durch die Ruinen und hohen Spring¬
brunnen und den Adonisgarten, und die grü¬
nen Berge und Götter-Tempel; die breiten
Gänge waren ausgestorben; die Fenster waren
vergittert; auf den Dächern blickten sich die
steinernen Todten fest an -- nur die glänzen¬
den Springwasser waren rege und eine einzige
Nachtigall seufzete als sterbe sie zuletzt. --

"Das ist groß (sagte endlich Albano), daß

Tuskulum und von Tivoli, und von Reben¬
hügeln in die vielfarbige Ebene, an die zer¬
ſtreueten Villen und Hütten, in die Zitronen-
und Eichenwälder — im tiefen Weſten wurde
wieder das Meer wie am Abend, wenn es der
heiße Gott beſucht, voll Glanz, immer von ihm
entzündet und ſein ewiger Thau.

In der Morgenwelt lag unten das große
ſtille Rom ausgebreitet, keine lebendige Stadt,
ein einſamer ungeheuerer Zaubergarten der al¬
ten verborgnen Heldengeiſter, auf zwölf Hügel
gelegt. — Der menſchenloſe Luſtgarten der Gei¬
ſter ſagte ſich durch die grünen Wieſen und
Zypreſſen zwiſchen den Palläſten an und durch
die breiten offnen Treppen und Säulen und
Brücken, durch die Ruinen und hohen Spring¬
brunnen und den Adonisgarten, und die grü¬
nen Berge und Götter-Tempel; die breiten
Gänge waren ausgeſtorben; die Fenſter waren
vergittert; auf den Dächern blickten ſich die
ſteinernen Todten feſt an — nur die glänzen¬
den Springwaſſer waren rege und eine einzige
Nachtigall ſeufzete als ſterbe ſie zuletzt. —

„Das iſt groß (ſagte endlich Albano), daß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0098" n="86"/>
Tuskulum und von Tivoli, und von Reben¬<lb/>
hügeln in die vielfarbige Ebene, an die zer¬<lb/>
&#x017F;treueten Villen und Hütten, in die Zitronen-<lb/>
und Eichenwälder &#x2014; im tiefen We&#x017F;ten wurde<lb/>
wieder das Meer wie am Abend, wenn es der<lb/>
heiße Gott be&#x017F;ucht, voll Glanz, immer von ihm<lb/>
entzündet und &#x017F;ein ewiger Thau.</p><lb/>
          <p>In der Morgenwelt lag unten das große<lb/>
&#x017F;tille Rom ausgebreitet, keine lebendige Stadt,<lb/>
ein ein&#x017F;amer ungeheuerer Zaubergarten der al¬<lb/>
ten verborgnen Heldengei&#x017F;ter, auf zwölf Hügel<lb/>
gelegt. &#x2014; Der men&#x017F;chenlo&#x017F;e Lu&#x017F;tgarten der Gei¬<lb/>
&#x017F;ter &#x017F;agte &#x017F;ich durch die grünen Wie&#x017F;en und<lb/>
Zypre&#x017F;&#x017F;en zwi&#x017F;chen den Pallä&#x017F;ten an und durch<lb/>
die breiten offnen Treppen und Säulen und<lb/>
Brücken, durch die Ruinen und hohen Spring¬<lb/>
brunnen und den Adonisgarten, und die grü¬<lb/>
nen Berge und Götter-Tempel; die breiten<lb/>
Gänge waren ausge&#x017F;torben; die Fen&#x017F;ter waren<lb/>
vergittert; auf den Dächern blickten &#x017F;ich die<lb/>
&#x017F;teinernen Todten fe&#x017F;t an &#x2014; nur die glänzen¬<lb/>
den Springwa&#x017F;&#x017F;er waren rege und eine einzige<lb/>
Nachtigall &#x017F;eufzete als &#x017F;terbe &#x017F;ie zuletzt. &#x2014;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Das i&#x017F;t groß (&#x017F;agte endlich Albano), daß<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0098] Tuskulum und von Tivoli, und von Reben¬ hügeln in die vielfarbige Ebene, an die zer¬ ſtreueten Villen und Hütten, in die Zitronen- und Eichenwälder — im tiefen Weſten wurde wieder das Meer wie am Abend, wenn es der heiße Gott beſucht, voll Glanz, immer von ihm entzündet und ſein ewiger Thau. In der Morgenwelt lag unten das große ſtille Rom ausgebreitet, keine lebendige Stadt, ein einſamer ungeheuerer Zaubergarten der al¬ ten verborgnen Heldengeiſter, auf zwölf Hügel gelegt. — Der menſchenloſe Luſtgarten der Gei¬ ſter ſagte ſich durch die grünen Wieſen und Zypreſſen zwiſchen den Palläſten an und durch die breiten offnen Treppen und Säulen und Brücken, durch die Ruinen und hohen Spring¬ brunnen und den Adonisgarten, und die grü¬ nen Berge und Götter-Tempel; die breiten Gänge waren ausgeſtorben; die Fenſter waren vergittert; auf den Dächern blickten ſich die ſteinernen Todten feſt an — nur die glänzen¬ den Springwaſſer waren rege und eine einzige Nachtigall ſeufzete als ſterbe ſie zuletzt. — „Das iſt groß (ſagte endlich Albano), daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/98
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/98>, abgerufen am 07.05.2024.