zornig sich in eine Abschiedsstunde wagte, in der es ihm entfahren sollte.
Früh vor Sonnenaufgang, wo in Rom noch mehrere einschlafen als aufstehen, holte er sie ab; nur ihre treue Haltermann begleitete sie. Von der durchwachten Nacht glühte sie noch und schien sehr bewegt. Rom schlief noch; zu¬ weilen begegneten ihnen Wagen und Familien, die eben ihre Nacht beschließen wollten. Der Himmel stand kühl und blau über dem däm¬ mernden Morgen, dem frischen Sohn der schö¬ nen Nacht.
Der weite Zirkus vor der Peterskirche war einsam und stumm, wie die Heiligen auf den Säulen; die Fontainen sprachen; noch ein Sternbild erlosch über dem Obeliskus. -- Sie giengen die Wendeltreppe von anderthalb hun¬ dert Stufen auf das Dach der Kirche und ka¬ men aus einer Gasse von Häusern, Säulen, klei¬ nen Kuppeln und Thürmen durch vier Thüren in die ungeheuere Kuppel, -- in eine gewölbte Nacht -- unten in der Tiefe ruhte der Tempel wie ein weites finsteres einsames Thal mit Häusern und Bäumen, ein heiliger Abgrund,
zornig ſich in eine Abſchiedsſtunde wagte, in der es ihm entfahren ſollte.
Früh vor Sonnenaufgang, wo in Rom noch mehrere einſchlafen als aufſtehen, holte er ſie ab; nur ihre treue Haltermann begleitete ſie. Von der durchwachten Nacht glühte ſie noch und ſchien ſehr bewegt. Rom ſchlief noch; zu¬ weilen begegneten ihnen Wagen und Familien, die eben ihre Nacht beſchließen wollten. Der Himmel ſtand kühl und blau über dem däm¬ mernden Morgen, dem friſchen Sohn der ſchö¬ nen Nacht.
Der weite Zirkus vor der Peterskirche war einſam und ſtumm, wie die Heiligen auf den Säulen; die Fontainen ſprachen; noch ein Sternbild erloſch über dem Obeliskus. — Sie giengen die Wendeltreppe von anderthalb hun¬ dert Stufen auf das Dach der Kirche und ka¬ men aus einer Gaſſe von Häuſern, Säulen, klei¬ nen Kuppeln und Thürmen durch vier Thüren in die ungeheuere Kuppel, — in eine gewölbte Nacht — unten in der Tiefe ruhte der Tempel wie ein weites finſteres einſames Thal mit Häuſern und Bäumen, ein heiliger Abgrund,
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[84/0096]
zornig ſich in eine Abſchiedsſtunde wagte, in
der es ihm entfahren ſollte.
Früh vor Sonnenaufgang, wo in Rom noch
mehrere einſchlafen als aufſtehen, holte er ſie
ab; nur ihre treue Haltermann begleitete ſie.
Von der durchwachten Nacht glühte ſie noch
und ſchien ſehr bewegt. Rom ſchlief noch; zu¬
weilen begegneten ihnen Wagen und Familien,
die eben ihre Nacht beſchließen wollten. Der
Himmel ſtand kühl und blau über dem däm¬
mernden Morgen, dem friſchen Sohn der ſchö¬
nen Nacht.
Der weite Zirkus vor der Peterskirche war
einſam und ſtumm, wie die Heiligen auf den
Säulen; die Fontainen ſprachen; noch ein
Sternbild erloſch über dem Obeliskus. — Sie
giengen die Wendeltreppe von anderthalb hun¬
dert Stufen auf das Dach der Kirche und ka¬
men aus einer Gaſſe von Häuſern, Säulen, klei¬
nen Kuppeln und Thürmen durch vier Thüren
in die ungeheuere Kuppel, — in eine gewölbte
Nacht — unten in der Tiefe ruhte der Tempel
wie ein weites finſteres einſames Thal mit
Häuſern und Bäumen, ein heiliger Abgrund,
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/96>, abgerufen am 07.05.2024.
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