als erst nach einem langen Leben sich so nahmen- und thatenlos in die Menge eingraben." --
Seit seiner Einigkeit mit sich selber wurd' er glücklicher; mit Eifer that er sich schon jetzt zum Werk, seiner Natur gemäß, die wie im Saa¬ menkorn, Stamm und Wurzel aus Einer Saa¬ menspitze trieb, Gedanken und Thaten.
Er warf alles andere Treiben weg und stu¬ dirte alte und neue Kriegskunst, wozu ihm Dian die Bücher und das Museum borgte und lieferte. Mit nahmenloser Entzückung und Erhebung durchlief er wieder die Sonnenkar¬ ten der römischen Geschichte, hier auf dem aus¬ gebrannten Sonnenkörper selber und oft, wenn er ihre Entzündungen gezeichnet las, stand er eben in den Kratern, wo sie aufgegangen waren.
Dian gab noch dazu seine Kenntniß des kleinen Dienstes und sich gern zu körperlichen Übungen her; wenn er ihn vorher zu dem Got¬ tesdienste unter Raphaels-Kunsthimmel hin¬ aufgezogen, wo Grazien wie Sternbilder im hohen Äther gehen; denn bei Dian war Leib und Seele Ein Guß, der weichste Augennerve
Titan IV. E
als erſt nach einem langen Leben ſich ſo nahmen- und thatenlos in die Menge eingraben.“ —
Seit ſeiner Einigkeit mit ſich ſelber wurd' er glücklicher; mit Eifer that er ſich ſchon jetzt zum Werk, ſeiner Natur gemäß, die wie im Saa¬ menkorn, Stamm und Wurzel aus Einer Saa¬ menſpitze trieb, Gedanken und Thaten.
Er warf alles andere Treiben weg und ſtu¬ dirte alte und neue Kriegskunſt, wozu ihm Dian die Bücher und das Muſeum borgte und lieferte. Mit nahmenloſer Entzückung und Erhebung durchlief er wieder die Sonnenkar¬ ten der römiſchen Geſchichte, hier auf dem aus¬ gebrannten Sonnenkörper ſelber und oft, wenn er ihre Entzündungen gezeichnet las, ſtand er eben in den Kratern, wo ſie aufgegangen waren.
Dian gab noch dazu ſeine Kenntniß des kleinen Dienſtes und ſich gern zu körperlichen Übungen her; wenn er ihn vorher zu dem Got¬ tesdienſte unter Raphaels-Kunſthimmel hin¬ aufgezogen, wo Grazien wie Sternbilder im hohen Äther gehen; denn bei Dian war Leib und Seele Ein Guß, der weichſte Augennerve
Titan IV. E
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0077"n="65"/>
als erſt nach einem langen Leben ſich ſo nahmen-<lb/>
und thatenlos in die Menge eingraben.“—</p><lb/><p>Seit ſeiner Einigkeit mit ſich ſelber wurd' er<lb/>
glücklicher; mit Eifer that er ſich ſchon jetzt zum<lb/>
Werk, ſeiner Natur gemäß, die wie im Saa¬<lb/>
menkorn, Stamm und Wurzel aus Einer Saa¬<lb/>
menſpitze trieb, Gedanken und Thaten.</p><lb/><p>Er warf alles andere Treiben weg und ſtu¬<lb/>
dirte alte und neue Kriegskunſt, wozu ihm<lb/>
Dian die Bücher und das Muſeum borgte<lb/>
und lieferte. Mit nahmenloſer Entzückung und<lb/>
Erhebung durchlief er wieder die Sonnenkar¬<lb/>
ten der römiſchen Geſchichte, hier auf dem aus¬<lb/>
gebrannten Sonnenkörper ſelber und oft, wenn<lb/>
er ihre Entzündungen gezeichnet las, ſtand er<lb/>
eben in den Kratern, wo ſie aufgegangen<lb/>
waren.</p><lb/><p>Dian gab noch dazu ſeine Kenntniß des<lb/>
kleinen Dienſtes und ſich gern zu körperlichen<lb/>
Übungen her; wenn er ihn vorher zu dem Got¬<lb/>
tesdienſte unter Raphaels-Kunſthimmel hin¬<lb/>
aufgezogen, wo Grazien wie Sternbilder im<lb/>
hohen Äther gehen; denn bei Dian war Leib<lb/>
und Seele Ein Guß, der weichſte Augennerve<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Titan <hirendition="#aq">IV</hi>. E<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[65/0077]
als erſt nach einem langen Leben ſich ſo nahmen-
und thatenlos in die Menge eingraben.“ —
Seit ſeiner Einigkeit mit ſich ſelber wurd' er
glücklicher; mit Eifer that er ſich ſchon jetzt zum
Werk, ſeiner Natur gemäß, die wie im Saa¬
menkorn, Stamm und Wurzel aus Einer Saa¬
menſpitze trieb, Gedanken und Thaten.
Er warf alles andere Treiben weg und ſtu¬
dirte alte und neue Kriegskunſt, wozu ihm
Dian die Bücher und das Muſeum borgte
und lieferte. Mit nahmenloſer Entzückung und
Erhebung durchlief er wieder die Sonnenkar¬
ten der römiſchen Geſchichte, hier auf dem aus¬
gebrannten Sonnenkörper ſelber und oft, wenn
er ihre Entzündungen gezeichnet las, ſtand er
eben in den Kratern, wo ſie aufgegangen
waren.
Dian gab noch dazu ſeine Kenntniß des
kleinen Dienſtes und ſich gern zu körperlichen
Übungen her; wenn er ihn vorher zu dem Got¬
tesdienſte unter Raphaels-Kunſthimmel hin¬
aufgezogen, wo Grazien wie Sternbilder im
hohen Äther gehen; denn bei Dian war Leib
und Seele Ein Guß, der weichſte Augennerve
Titan IV. E
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/77>, abgerufen am 07.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.