Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

Albano mehr von Gebäuden, als von jedem
andern Kunstwerk ergriffen wurde: so sah er
mit heiligem Herzen von weiten das lange
Kunst-Gebürg, das wieder Hügel trug -- so
trat er vor die Ebene, um welche zwei unge¬
heuere Kolonnaden wie Korso's laufen, ein Volk
von Statuen tragend; in der Mitte steigt der
Obeliskus und zu seiner Rechten und Linken
ein ewiges Wasser auf und von den hohen
Stufen schauet die stolze Kirche der Welt, in¬
nen mit Kirchen besetzt, auf sich einen Tempel
gen Himmel reichend, auf die Erde herunter.
-- Aber wie waren in der Nähe ihre Säulen
und ihre Felsenwand ungeheuer aufgestiegen
und flohen den Blick!

Er trat in die Zauberkirche, die der Welt
Seegen, Fluch, Könige und Päbste gab, --
mit dem Bewußtseyn, daß sie wie das Weltge¬
bäude sich immer mehr erweitere und entferne,
je länger man in ihr ist. Auf zwei Kinder
von weissem Marmor, die eine Weih-Muschel
von gelbem hielten, giengen sie hin, die Kin¬
der wuchsen durch das Nahen, bis sie Riesen
waren. Endlich standen sie am Hauptaltar und

Albano mehr von Gebäuden, als von jedem
andern Kunſtwerk ergriffen wurde: ſo ſah er
mit heiligem Herzen von weiten das lange
Kunſt-Gebürg, das wieder Hügel trug — ſo
trat er vor die Ebene, um welche zwei unge¬
heuere Kolonnaden wie Korſo's laufen, ein Volk
von Statuen tragend; in der Mitte ſteigt der
Obeliskus und zu ſeiner Rechten und Linken
ein ewiges Waſſer auf und von den hohen
Stufen ſchauet die ſtolze Kirche der Welt, in¬
nen mit Kirchen beſetzt, auf ſich einen Tempel
gen Himmel reichend, auf die Erde herunter.
— Aber wie waren in der Nähe ihre Säulen
und ihre Felſenwand ungeheuer aufgeſtiegen
und flohen den Blick!

Er trat in die Zauberkirche, die der Welt
Seegen, Fluch, Könige und Päbſte gab, —
mit dem Bewußtſeyn, daß ſie wie das Weltge¬
bäude ſich immer mehr erweitere und entferne,
je länger man in ihr iſt. Auf zwei Kinder
von weiſſem Marmor, die eine Weih-Muſchel
von gelbem hielten, giengen ſie hin, die Kin¬
der wuchſen durch das Nahen, bis ſie Rieſen
waren. Endlich ſtanden ſie am Hauptaltar und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0049" n="37"/>
Albano mehr von Gebäuden, als von jedem<lb/>
andern Kun&#x017F;twerk ergriffen wurde: &#x017F;o &#x017F;ah er<lb/>
mit heiligem Herzen von weiten das lange<lb/>
Kun&#x017F;t-Gebürg, das wieder Hügel trug &#x2014; &#x017F;o<lb/>
trat er vor die Ebene, um welche zwei unge¬<lb/>
heuere Kolonnaden wie Kor&#x017F;o's laufen, ein Volk<lb/>
von Statuen tragend; in der Mitte &#x017F;teigt der<lb/>
Obeliskus und zu &#x017F;einer Rechten und Linken<lb/>
ein ewiges Wa&#x017F;&#x017F;er auf und von den hohen<lb/>
Stufen &#x017F;chauet die &#x017F;tolze Kirche der Welt, in¬<lb/>
nen mit Kirchen be&#x017F;etzt, auf &#x017F;ich einen Tempel<lb/>
gen Himmel reichend, auf die Erde herunter.<lb/>
&#x2014; Aber wie waren in der Nähe ihre Säulen<lb/>
und ihre Fel&#x017F;enwand ungeheuer aufge&#x017F;tiegen<lb/>
und flohen den Blick!</p><lb/>
          <p>Er trat in die Zauberkirche, die der Welt<lb/>
Seegen, Fluch, Könige und Päb&#x017F;te gab, &#x2014;<lb/>
mit dem Bewußt&#x017F;eyn, daß &#x017F;ie wie das Weltge¬<lb/>
bäude &#x017F;ich immer mehr erweitere und entferne,<lb/>
je länger man in ihr i&#x017F;t. Auf zwei Kinder<lb/>
von wei&#x017F;&#x017F;em Marmor, die eine Weih-Mu&#x017F;chel<lb/>
von gelbem hielten, giengen &#x017F;ie hin, die Kin¬<lb/>
der wuch&#x017F;en durch das Nahen, bis &#x017F;ie Rie&#x017F;en<lb/>
waren. Endlich &#x017F;tanden &#x017F;ie am Hauptaltar und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0049] Albano mehr von Gebäuden, als von jedem andern Kunſtwerk ergriffen wurde: ſo ſah er mit heiligem Herzen von weiten das lange Kunſt-Gebürg, das wieder Hügel trug — ſo trat er vor die Ebene, um welche zwei unge¬ heuere Kolonnaden wie Korſo's laufen, ein Volk von Statuen tragend; in der Mitte ſteigt der Obeliskus und zu ſeiner Rechten und Linken ein ewiges Waſſer auf und von den hohen Stufen ſchauet die ſtolze Kirche der Welt, in¬ nen mit Kirchen beſetzt, auf ſich einen Tempel gen Himmel reichend, auf die Erde herunter. — Aber wie waren in der Nähe ihre Säulen und ihre Felſenwand ungeheuer aufgeſtiegen und flohen den Blick! Er trat in die Zauberkirche, die der Welt Seegen, Fluch, Könige und Päbſte gab, — mit dem Bewußtſeyn, daß ſie wie das Weltge¬ bäude ſich immer mehr erweitere und entferne, je länger man in ihr iſt. Auf zwei Kinder von weiſſem Marmor, die eine Weih-Muſchel von gelbem hielten, giengen ſie hin, die Kin¬ der wuchſen durch das Nahen, bis ſie Rieſen waren. Endlich ſtanden ſie am Hauptaltar und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/49
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/49>, abgerufen am 29.03.2024.