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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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schwächend bezwungen werden. Als einstmals
Dian, der seinen Freund Albano oft besuchte,
dies vernahm, fragte er, warum man ihn nicht
geradezu mit der Nachricht, der Spanier sey
aus Furcht vor ihm abgereiset, etwan nach
Frankreich, täuschen und heilen wolle. Albano
versetzte: "wahrlich ich wollt' es gern sagen,
aber ich kann's nicht, ich könnte eben so gut
Gott oder mir eine Lüge sagen wollen." --
"Einbildungen! (sagte Dian) ich sag's ihm sel¬
ber." -- "Wessen ich mir auch gleich vom
Spaniard versehen habe," versetzte Schoppe
auf die offizinelle Rezept-Lüge. Als Dian
fortgegangen war, fragt' er Albano: "sitz' ich
jetzt nicht viel kühler und eisiger da? Und
zwar seit der Kahlkopf in Frankreich ist, bin
ich fast so ein neuer Mensch. Freilich lüg' ich,
aber Dian log früher."

Endlich entschloß sich der Arzt, ihm gera¬
dezu einen Schlaftrunk in sein Getränk zu mi¬
schen. Albano erlaubt' es. Schoppe bekam
ihn; glühte und phantasirte einige Minuten
lang, endlich stieg der Nebel des Schlafs und
überdeckte bald den Kranken.

ſchwächend bezwungen werden. Als einſtmals
Dian, der ſeinen Freund Albano oft beſuchte,
dies vernahm, fragte er, warum man ihn nicht
geradezu mit der Nachricht, der Spanier ſey
aus Furcht vor ihm abgereiſet, etwan nach
Frankreich, täuſchen und heilen wolle. Albano
verſetzte: „wahrlich ich wollt' es gern ſagen,
aber ich kann's nicht, ich könnte eben ſo gut
Gott oder mir eine Lüge ſagen wollen.“ —
„Einbildungen! (ſagte Dian) ich ſag's ihm ſel¬
ber.“ — „Weſſen ich mir auch gleich vom
Spaniard verſehen habe,“ verſetzte Schoppe
auf die offizinelle Rezept-Lüge. Als Dian
fortgegangen war, fragt' er Albano: „ſitz' ich
jetzt nicht viel kühler und eiſiger da? Und
zwar ſeit der Kahlkopf in Frankreich iſt, bin
ich faſt ſo ein neuer Menſch. Freilich lüg' ich,
aber Dian log früher.“

Endlich entſchloß ſich der Arzt, ihm gera¬
dezu einen Schlaftrunk in ſein Getränk zu mi¬
ſchen. Albano erlaubt' es. Schoppe bekam
ihn; glühte und phantaſirte einige Minuten
lang, endlich ſtieg der Nebel des Schlafs und
überdeckte bald den Kranken.

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[477/0489] ſchwächend bezwungen werden. Als einſtmals Dian, der ſeinen Freund Albano oft beſuchte, dies vernahm, fragte er, warum man ihn nicht geradezu mit der Nachricht, der Spanier ſey aus Furcht vor ihm abgereiſet, etwan nach Frankreich, täuſchen und heilen wolle. Albano verſetzte: „wahrlich ich wollt' es gern ſagen, aber ich kann's nicht, ich könnte eben ſo gut Gott oder mir eine Lüge ſagen wollen.“ — „Einbildungen! (ſagte Dian) ich ſag's ihm ſel¬ ber.“ — „Weſſen ich mir auch gleich vom Spaniard verſehen habe,“ verſetzte Schoppe auf die offizinelle Rezept-Lüge. Als Dian fortgegangen war, fragt' er Albano: „ſitz' ich jetzt nicht viel kühler und eiſiger da? Und zwar ſeit der Kahlkopf in Frankreich iſt, bin ich faſt ſo ein neuer Menſch. Freilich lüg' ich, aber Dian log früher.“ Endlich entſchloß ſich der Arzt, ihm gera¬ dezu einen Schlaftrunk in ſein Getränk zu mi¬ ſchen. Albano erlaubt' es. Schoppe bekam ihn; glühte und phantaſirte einige Minuten lang, endlich ſtieg der Nebel des Schlafs und überdeckte bald den Kranken.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 477. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/489>, abgerufen am 22.11.2024.