Tollen etwas, das ihnen selber toll erscheint -- Deutlicher aber werd' ich ihm nie und halte schärfern Spaß an mich. Ach was ist der Mensch, zumal ein gescheuter und wie dünn sind seine Stecken und Stäbe! -- -- Rührt Dich etwas an mir, Albano? Etwan mein dummes blasses Gesicht?"
Aber Albano konnt' es ihm unmöglich ge¬ stehen, daß dieser umgebrochene edle Mensch mit seinen Täuschungen und sogar mit seinem Stiele, dessen Flügel auch gerädert waren, ihm die Thränen in die Augen treibe, sondern er sagte bloß: "ach ich denk' an vieles; aber er¬ zähle doch endlich, Lieber!" -- Schoppe hatt' es aber schon wieder vergessen, was er erzäh¬ len sollte; Albano nannte den Ablauf der Portrait-Geschichte bei der Gräfinn und jener fieng an:
"Die Prinzessinn Julienne sprang eben in ihren Wagen, als ich das blinde Mädchen die Treppen hinaufführte, um sagen zu lassen, Bibliothekar Schoppe sey aus Spanien da. Ich wurde in ein verfinstertes Gemach gelassen, worin ich ruhig auf und abgieng, auf Leute
Tollen etwas, das ihnen ſelber toll erſcheint — Deutlicher aber werd' ich ihm nie und halte ſchärfern Spaß an mich. Ach was iſt der Menſch, zumal ein geſcheuter und wie dünn ſind ſeine Stecken und Stäbe! — — Rührt Dich etwas an mir, Albano? Etwan mein dummes blaſſes Geſicht?“
Aber Albano konnt' es ihm unmöglich ge¬ ſtehen, daß dieſer umgebrochene edle Menſch mit ſeinen Täuſchungen und ſogar mit ſeinem Stiele, deſſen Flügel auch gerädert waren, ihm die Thränen in die Augen treibe, ſondern er ſagte bloß: „ach ich denk' an vieles; aber er¬ zähle doch endlich, Lieber!“ — Schoppe hatt' es aber ſchon wieder vergeſſen, was er erzäh¬ len ſollte; Albano nannte den Ablauf der Portrait-Geſchichte bei der Gräfinn und jener fieng an:
„Die Prinzeſſinn Julienne ſprang eben in ihren Wagen, als ich das blinde Mädchen die Treppen hinaufführte, um ſagen zu laſſen, Bibliothekar Schoppe ſey aus Spanien da. Ich wurde in ein verfinſtertes Gemach gelaſſen, worin ich ruhig auf und abgieng, auf Leute
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Tollen etwas, das ihnen ſelber toll erſcheint —
Deutlicher aber werd' ich ihm nie und halte
ſchärfern Spaß an mich. Ach was iſt der
Menſch, zumal ein geſcheuter und wie dünn
ſind ſeine Stecken und Stäbe! — — Rührt
Dich etwas an mir, Albano? Etwan mein
dummes blaſſes Geſicht?“
Aber Albano konnt' es ihm unmöglich ge¬
ſtehen, daß dieſer umgebrochene edle Menſch
mit ſeinen Täuſchungen und ſogar mit ſeinem
Stiele, deſſen Flügel auch gerädert waren, ihm
die Thränen in die Augen treibe, ſondern er
ſagte bloß: „ach ich denk' an vieles; aber er¬
zähle doch endlich, Lieber!“ — Schoppe hatt'
es aber ſchon wieder vergeſſen, was er erzäh¬
len ſollte; Albano nannte den Ablauf der
Portrait-Geſchichte bei der Gräfinn und jener
fieng an:
„Die Prinzeſſinn Julienne ſprang eben
in ihren Wagen, als ich das blinde Mädchen
die Treppen hinaufführte, um ſagen zu laſſen,
Bibliothekar Schoppe ſey aus Spanien da.
Ich wurde in ein verfinſtertes Gemach gelaſſen,
worin ich ruhig auf und abgieng, auf Leute
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/472>, abgerufen am 22.11.2024.
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