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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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schluß; auch sah er aus der kühnen Wahl des
Boten, wie wichtig der armen Schwester seine
Erscheinung sey.

In Gaspards Zimmer verließ ihn Augusti
schnell, um ihn anzukündigen und -- allein zu
lassen. In seinem Leben gieng jetzt ein langer
Donner; kam er vom Himmel, von einem
Strome, oder nur von einer Mühle, das wußt'
er noch nicht. Julienne stürzte weinend herein,
konnte nicht sprechen vor heftigem Herzen:
"Du gehst fort?" fragte sie. "Ja!" sagt' er
und bat sie sehr, weniger heftig zu seyn; denn
er wußte, wie leicht ihn fremder Ungestüm an¬
steckte, da er ohne Zorn nicht einmal lange
Schach spielen oder fechten konnte. Sie flehte
ihn noch heftiger, nur zu bleiben, bis Gaspard
wieder komme. -- "Kommt er wieder?" fragte
Albano. "Wie anders? Aber die Unwürdige
nicht" sagte sie. -- (versetzt' er ernst,)
o sey nicht so hart gegen Sie wie das Schicksal
-- und lasse mich schweigen!" -- "Ich hasse
jetzt alle Männer und Dich auch (sagte sie).
Das kommt aus poetischen Gemüthern heraus.
-- O welche rechtschaffene Braut hätte sich so

ſchluß; auch ſah er aus der kühnen Wahl des
Boten, wie wichtig der armen Schweſter ſeine
Erſcheinung ſey.

In Gaſpards Zimmer verließ ihn Auguſti
ſchnell, um ihn anzukündigen und — allein zu
laſſen. In ſeinem Leben gieng jetzt ein langer
Donner; kam er vom Himmel, von einem
Strome, oder nur von einer Mühle, das wußt'
er noch nicht. Julienne ſtürzte weinend herein,
konnte nicht ſprechen vor heftigem Herzen:
„Du gehſt fort?“ fragte ſie. „Ja!“ ſagt' er
und bat ſie ſehr, weniger heftig zu ſeyn; denn
er wußte, wie leicht ihn fremder Ungeſtüm an¬
ſteckte, da er ohne Zorn nicht einmal lange
Schach ſpielen oder fechten konnte. Sie flehte
ihn noch heftiger, nur zu bleiben, bis Gaſpard
wieder komme. — „Kommt er wieder?“ fragte
Albano. „Wie anders? Aber die Unwürdige
nicht“ ſagte ſie. — (verſetzt' er ernſt,)
o ſey nicht ſo hart gegen Sie wie das Schickſal
— und laſſe mich ſchweigen!“ — „Ich haſſe
jetzt alle Männer und Dich auch (ſagte ſie).
Das kommt aus poetiſchen Gemüthern heraus.
— O welche rechtſchaffene Braut hätte ſich ſo

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[442/0454] ſchluß; auch ſah er aus der kühnen Wahl des Boten, wie wichtig der armen Schweſter ſeine Erſcheinung ſey. In Gaſpards Zimmer verließ ihn Auguſti ſchnell, um ihn anzukündigen und — allein zu laſſen. In ſeinem Leben gieng jetzt ein langer Donner; kam er vom Himmel, von einem Strome, oder nur von einer Mühle, das wußt' er noch nicht. Julienne ſtürzte weinend herein, konnte nicht ſprechen vor heftigem Herzen: „Du gehſt fort?“ fragte ſie. „Ja!“ ſagt' er und bat ſie ſehr, weniger heftig zu ſeyn; denn er wußte, wie leicht ihn fremder Ungeſtüm an¬ ſteckte, da er ohne Zorn nicht einmal lange Schach ſpielen oder fechten konnte. Sie flehte ihn noch heftiger, nur zu bleiben, bis Gaſpard wieder komme. — „Kommt er wieder?“ fragte Albano. „Wie anders? Aber die Unwürdige nicht“ ſagte ſie. — (verſetzt' er ernſt,) o ſey nicht ſo hart gegen Sie wie das Schickſal — und laſſe mich ſchweigen!“ — „Ich haſſe jetzt alle Männer und Dich auch (ſagte ſie). Das kommt aus poetiſchen Gemüthern heraus. — O welche rechtſchaffene Braut hätte ſich ſo

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/454>, abgerufen am 22.11.2024.