reden, daß ihr Bräutigam Carlos ihr zwei Geheimnisse über Lilia noch heute zeigen wolle -- "ich habe (setzt' er dazu) Carlos Stimme, mit ihr sag' ich ihr mein liebendes Herz und dann, wenn sie mich liebt, nenn' ich mich Hi¬ ort." -- "Ist Deine Bitte Wahrheit?" fragte die Schwester. "So wahr ich morgen noch le¬ ben will," sagt' er. "So ist sie bald erfüllt, denn Athenais erwartet mich eben in der Nacht¬ laube -- komme mir nur nach sieben Minuten nach." Sie gieng; er sah ihr nach und sprach mit sich: "eile, bestelle den Himmel! Schöne Schlummerinsel, zugleich die Schlafstätte für das Brautgemach und für den ewigen Schlaf -- O wie wenige Minuten stehen zwischen mir und ihrem Herzen!" --
"Du bist doch da?" sagt' er und sah nach seiner Pistole. -- "Jetzt (rief er feierlich im Ab¬ gehen) ist's Zeit zur helldunkeln That, dann wird das Leichentuch darüber geworfen" und gieng schnell ins Laub hinein.
Der Spanier warf einen Zweig ins Was¬ ser und die schwarze Dohle sprach leise: "still ist das Glück, still ist der Tod."
reden, daß ihr Bräutigam Carlos ihr zwei Geheimniſſe über Lilia noch heute zeigen wolle — „ich habe (ſetzt' er dazu) Carlos Stimme, mit ihr ſag' ich ihr mein liebendes Herz und dann, wenn ſie mich liebt, nenn' ich mich Hi¬ ort.“ — „Iſt Deine Bitte Wahrheit?“ fragte die Schweſter. „So wahr ich morgen noch le¬ ben will,“ ſagt' er. „So iſt ſie bald erfüllt, denn Athenais erwartet mich eben in der Nacht¬ laube — komme mir nur nach ſieben Minuten nach.“ Sie gieng; er ſah ihr nach und ſprach mit ſich: „eile, beſtelle den Himmel! Schöne Schlummerinſel, zugleich die Schlafſtätte für das Brautgemach und für den ewigen Schlaf — O wie wenige Minuten ſtehen zwiſchen mir und ihrem Herzen!“ —
„Du biſt doch da?“ ſagt' er und ſah nach ſeiner Piſtole. — „Jetzt (rief er feierlich im Ab¬ gehen) iſt's Zeit zur helldunkeln That, dann wird das Leichentuch darüber geworfen“ und gieng ſchnell ins Laub hinein.
Der Spanier warf einen Zweig ins Was¬ ſer und die ſchwarze Dohle ſprach leiſe: „ſtill iſt das Glück, ſtill iſt der Tod.“
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0418"n="406"/>
reden, daß ihr Bräutigam Carlos ihr zwei<lb/>
Geheimniſſe über Lilia noch heute zeigen wolle<lb/>—„ich habe (ſetzt' er dazu) Carlos Stimme,<lb/>
mit ihr ſag' ich ihr mein liebendes Herz und<lb/>
dann, wenn ſie mich liebt, nenn' ich mich Hi¬<lb/>
ort.“—„Iſt Deine Bitte Wahrheit?“ fragte<lb/>
die Schweſter. „So wahr ich morgen noch le¬<lb/>
ben will,“ſagt' er. „So iſt ſie bald erfüllt,<lb/>
denn Athenais erwartet mich eben in der Nacht¬<lb/>
laube — komme mir nur nach ſieben Minuten<lb/>
nach.“ Sie gieng; er ſah ihr nach und ſprach<lb/>
mit ſich: „eile, beſtelle den Himmel! Schöne<lb/>
Schlummerinſel, zugleich die Schlafſtätte für<lb/>
das Brautgemach und für den ewigen Schlaf<lb/>— O wie wenige Minuten ſtehen zwiſchen mir<lb/>
und ihrem Herzen!“—</p><lb/><p>„Du biſt doch da?“ſagt' er und ſah nach<lb/>ſeiner Piſtole. —„Jetzt (rief er feierlich im Ab¬<lb/>
gehen) iſt's Zeit zur <hirendition="#g">helldunkeln</hi> That, dann<lb/>
wird das Leichentuch darüber geworfen“ und<lb/>
gieng ſchnell ins Laub hinein.</p><lb/><p>Der Spanier warf einen Zweig ins Was¬<lb/>ſer und die ſchwarze Dohle ſprach leiſe: „ſtill<lb/>
iſt das Glück, ſtill iſt der Tod.“<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[406/0418]
reden, daß ihr Bräutigam Carlos ihr zwei
Geheimniſſe über Lilia noch heute zeigen wolle
— „ich habe (ſetzt' er dazu) Carlos Stimme,
mit ihr ſag' ich ihr mein liebendes Herz und
dann, wenn ſie mich liebt, nenn' ich mich Hi¬
ort.“ — „Iſt Deine Bitte Wahrheit?“ fragte
die Schweſter. „So wahr ich morgen noch le¬
ben will,“ ſagt' er. „So iſt ſie bald erfüllt,
denn Athenais erwartet mich eben in der Nacht¬
laube — komme mir nur nach ſieben Minuten
nach.“ Sie gieng; er ſah ihr nach und ſprach
mit ſich: „eile, beſtelle den Himmel! Schöne
Schlummerinſel, zugleich die Schlafſtätte für
das Brautgemach und für den ewigen Schlaf
— O wie wenige Minuten ſtehen zwiſchen mir
und ihrem Herzen!“ —
„Du biſt doch da?“ ſagt' er und ſah nach
ſeiner Piſtole. — „Jetzt (rief er feierlich im Ab¬
gehen) iſt's Zeit zur helldunkeln That, dann
wird das Leichentuch darüber geworfen“ und
gieng ſchnell ins Laub hinein.
Der Spanier warf einen Zweig ins Was¬
ſer und die ſchwarze Dohle ſprach leiſe: „ſtill
iſt das Glück, ſtill iſt der Tod.“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/418>, abgerufen am 17.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.