Ihre innerste Bewegung bei meinem Erblicken -- und ihr Weinen bei Roquairol's Stimme, weil sie seiner gleicht -- und ihre lange feuri¬ ge Hochzeitpredigt -- Und die Seelenblicke auf mich -- o hat sie Ihn denn nicht im großen herrlichen Augenblick gesehen, da der Blühende weinend knieete und das göttliche Haupt gen Himmel hob und die Verklärte und den Frie¬ den herunterrief? -- O daß sie es nur wagte, ihm beides vorzuspielen! Und kann sie das ver¬ gessen?" --
Julienne kam endlich zum Worte: "so setz' es denn; ist Idoine aber nicht edel und fromm?" -- "Ich habe nichts wider sie und nichts für sie (antwortete Linda). Wenn aber Er sie nun sieht, wenn er die Fromme noch einmal der Verstorbnen ähnlich findet, wenn die ganze er¬ ste Liebe umkehrt und über die zweite trium¬ phirt? ... Bei Gott! Nein, (setzte sie stolz und stark dazu,) nein, das duld' ich nicht; bit¬ ten will ich nicht, weinen nicht, oder resigni¬ ren, um ihn aber kämpfen will ich. -- Bin ich nicht auch schön? Ich bin schöner, und mein Geist ist kühner geschaffen für seinen.
Ihre innerſte Bewegung bei meinem Erblicken — und ihr Weinen bei Roquairol's Stimme, weil ſie ſeiner gleicht — und ihre lange feuri¬ ge Hochzeitpredigt — Und die Seelenblicke auf mich — o hat ſie Ihn denn nicht im großen herrlichen Augenblick geſehen, da der Blühende weinend knieete und das göttliche Haupt gen Himmel hob und die Verklärte und den Frie¬ den herunterrief? — O daß ſie es nur wagte, ihm beides vorzuſpielen! Und kann ſie das ver¬ geſſen?“ —
Julienne kam endlich zum Worte: „ſo ſetz' es denn; iſt Idoine aber nicht edel und fromm?“ — „Ich habe nichts wider ſie und nichts für ſie (antwortete Linda). Wenn aber Er ſie nun ſieht, wenn er die Fromme noch einmal der Verſtorbnen ähnlich findet, wenn die ganze er¬ ſte Liebe umkehrt und über die zweite trium¬ phirt? ... Bei Gott! Nein, (ſetzte ſie ſtolz und ſtark dazu,) nein, das duld' ich nicht; bit¬ ten will ich nicht, weinen nicht, oder reſigni¬ ren, um ihn aber kämpfen will ich. — Bin ich nicht auch ſchön? Ich bin ſchöner, und mein Geiſt iſt kühner geſchaffen für ſeinen.
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Ihre innerſte Bewegung bei meinem Erblicken
— und ihr Weinen bei Roquairol's Stimme,
weil ſie ſeiner gleicht — und ihre lange feuri¬
ge Hochzeitpredigt — Und die Seelenblicke auf
mich — o hat ſie Ihn denn nicht im großen
herrlichen Augenblick geſehen, da der Blühende
weinend knieete und das göttliche Haupt gen
Himmel hob und die Verklärte und den Frie¬
den herunterrief? — O daß ſie es nur wagte,
ihm beides vorzuſpielen! Und kann ſie das ver¬
geſſen?“ —
Julienne kam endlich zum Worte: „ſo ſetz'
es denn; iſt Idoine aber nicht edel und fromm?“
— „Ich habe nichts wider ſie und nichts für
ſie (antwortete Linda). Wenn aber Er ſie nun
ſieht, wenn er die Fromme noch einmal der
Verſtorbnen ähnlich findet, wenn die ganze er¬
ſte Liebe umkehrt und über die zweite trium¬
phirt? ... Bei Gott! Nein, (ſetzte ſie ſtolz
und ſtark dazu,) nein, das duld' ich nicht; bit¬
ten will ich nicht, weinen nicht, oder reſigni¬
ren, um ihn aber kämpfen will ich. — Bin
ich nicht auch ſchön? Ich bin ſchöner, und
mein Geiſt iſt kühner geſchaffen für ſeinen.
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/356>, abgerufen am 22.11.2024.
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