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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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mimischer der Art, und von der sonderbar-hef¬
tigsten Phantasie bei der höchsten Kälte des
Karakters, vielleicht aber nicht immer wahr
genug." -- "Bei meinem Trauerspiel (setzt'
er dazu) wär' er Goldes werth. Lieber Bru¬
der, sey bei dieser Gelegenheit auch gleich ein¬
geladen dazu; es heisset: der Trauerspieler --
Ich geb' es bald -- Rabette kennt's." Sie
nickte, Albano schwieg unter seiner Gluth. Un¬
ter allen Rollen gelang dem Hauptmann die
eines Weltmanns am reinsten; auch ist der
Schein der Kälte leichter und wahrer als der
Schein der Wärme. Albano blieb in einem
stolzen Abstande. Der gekränkten welken Ra¬
bette gegenüber konnte Roquairol durch nichts
gewinnen, auch nicht durch die Vorbitte seiner
Gestalt voll zertrümmerten Lebens; etwas auf
ewig verworrenes und die Wachsflügel zu ei¬
nem Klumpen gequetscht, fand Albano und ihm
war hier enge wie einem, der von der hel¬
len Welt herab auf einmal in eine niedrige
feuchte Kellerhöhle kriecht.

Der Hauptmann stand auf, erinnerte noch
einmal an seine Bitte für den "Trauerspie¬

mimiſcher der Art, und von der ſonderbar-hef¬
tigſten Phantaſie bei der höchſten Kälte des
Karakters, vielleicht aber nicht immer wahr
genug.“ — „Bei meinem Trauerſpiel (ſetzt'
er dazu) wär' er Goldes werth. Lieber Bru¬
der, ſey bei dieſer Gelegenheit auch gleich ein¬
geladen dazu; es heiſſet: der Trauerſpieler —
Ich geb' es bald — Rabette kennt's.“ Sie
nickte, Albano ſchwieg unter ſeiner Gluth. Un¬
ter allen Rollen gelang dem Hauptmann die
eines Weltmanns am reinſten; auch iſt der
Schein der Kälte leichter und wahrer als der
Schein der Wärme. Albano blieb in einem
ſtolzen Abſtande. Der gekränkten welken Ra¬
bette gegenüber konnte Roquairol durch nichts
gewinnen, auch nicht durch die Vorbitte ſeiner
Geſtalt voll zertrümmerten Lebens; etwas auf
ewig verworrenes und die Wachsflügel zu ei¬
nem Klumpen gequetſcht, fand Albano und ihm
war hier enge wie einem, der von der hel¬
len Welt herab auf einmal in eine niedrige
feuchte Kellerhöhle kriecht.

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[267/0279] mimiſcher der Art, und von der ſonderbar-hef¬ tigſten Phantaſie bei der höchſten Kälte des Karakters, vielleicht aber nicht immer wahr genug.“ — „Bei meinem Trauerſpiel (ſetzt' er dazu) wär' er Goldes werth. Lieber Bru¬ der, ſey bei dieſer Gelegenheit auch gleich ein¬ geladen dazu; es heiſſet: der Trauerſpieler — Ich geb' es bald — Rabette kennt's.“ Sie nickte, Albano ſchwieg unter ſeiner Gluth. Un¬ ter allen Rollen gelang dem Hauptmann die eines Weltmanns am reinſten; auch iſt der Schein der Kälte leichter und wahrer als der Schein der Wärme. Albano blieb in einem ſtolzen Abſtande. Der gekränkten welken Ra¬ bette gegenüber konnte Roquairol durch nichts gewinnen, auch nicht durch die Vorbitte ſeiner Geſtalt voll zertrümmerten Lebens; etwas auf ewig verworrenes und die Wachsflügel zu ei¬ nem Klumpen gequetſcht, fand Albano und ihm war hier enge wie einem, der von der hel¬ len Welt herab auf einmal in eine niedrige feuchte Kellerhöhle kriecht. Der Hauptmann ſtand auf, erinnerte noch einmal an ſeine Bitte für den „Trauerſpie¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/279>, abgerufen am 16.05.2024.