Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.dieser Minute, nichts in der andern -- Flüche Indeß war sie zu inkonsequent, um ganz *) Eine sehr schöne Karthause bei Valencia.
dieſer Minute, nichts in der andern — Flüche Indeß war ſie zu inkonſequent, um ganz *) Eine ſehr ſchöne Karthauſe bei Valencia.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0251" n="239"/> dieſer Minute, nichts in der andern — Flüche<lb/> und Gebete, Glaube und Unglaube, Haß und<lb/> Liebe wechſelten ab in dieſer epiſchen Natur. —<lb/> Sie hätte eine Welt verſchenken und eine ſtehlen<lb/> können. — Sie drückte mich einmal an ihr<lb/> Herz und ſagte: wärſt Du nicht meine Toch¬<lb/> ter, ich würde Dich ſtehlen oder tödten aus<lb/> bloßer Liebe; — und das war, als ich geſagt<lb/> hatte: ich liebe die Medea mehr als Kreuſa! —</p><lb/> <p>Indeß war ſie zu inkonſequent, um ganz<lb/> geliebt zu werden; meinen unſichtbaren Vater<lb/> liebt' ich weit mehr, ich dacht', er ſey Gott der<lb/> Vater. Ich bildete mir einmal ein, er müſſe<lb/> in <hi rendition="#aq">Porta Celi</hi> <note place="foot" n="*)"><lb/> Eine ſehr ſchöne Karthauſe bei Valencia.</note> wohnen; ſtundenlang gieng<lb/> ich um den Todtengarten des Kloſters und blickte<lb/> ſehnſüchtig durch die Palmen über die Roſen<lb/> der Gräber. Ich hieng an allem Lebendigen<lb/> bis zum Schmerz; ein ſterbender Kanarienvo¬<lb/> gel machte mich einmal krank und die Todten¬<lb/> meſſe glaubt' ich werde für ihn geleſen. Auch<lb/> an Gott und Geiſtern hieng ich trunken. Im<lb/> Feuer, das ich im Dunkeln einmal aus dem<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [239/0251]
dieſer Minute, nichts in der andern — Flüche
und Gebete, Glaube und Unglaube, Haß und
Liebe wechſelten ab in dieſer epiſchen Natur. —
Sie hätte eine Welt verſchenken und eine ſtehlen
können. — Sie drückte mich einmal an ihr
Herz und ſagte: wärſt Du nicht meine Toch¬
ter, ich würde Dich ſtehlen oder tödten aus
bloßer Liebe; — und das war, als ich geſagt
hatte: ich liebe die Medea mehr als Kreuſa! —
Indeß war ſie zu inkonſequent, um ganz
geliebt zu werden; meinen unſichtbaren Vater
liebt' ich weit mehr, ich dacht', er ſey Gott der
Vater. Ich bildete mir einmal ein, er müſſe
in Porta Celi *) wohnen; ſtundenlang gieng
ich um den Todtengarten des Kloſters und blickte
ſehnſüchtig durch die Palmen über die Roſen
der Gräber. Ich hieng an allem Lebendigen
bis zum Schmerz; ein ſterbender Kanarienvo¬
gel machte mich einmal krank und die Todten¬
meſſe glaubt' ich werde für ihn geleſen. Auch
an Gott und Geiſtern hieng ich trunken. Im
Feuer, das ich im Dunkeln einmal aus dem
*)
Eine ſehr ſchöne Karthauſe bei Valencia.
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