Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

Mensch, der Dich liebt!" -- Albano lächelte,
wurde aber am Ende ernst. Linda war still
und senkte das Auge. "Zeige mir (sagte er
sanft wie nur mit halbem Ernst und Scherz) auf
der Landkarte eine bessere Laufbahn!" -- "Ei¬
nen bösern Laufgraben? (sagte sie spielend.)
Wohl kaum!" Nun schattete sie mit aristokra¬
tischen, weiblichen und fürstlichen Farben zu¬
gleich, mit dreifarbigen Farbenerden alle Flam¬
men, Rauchwolken und Wellen ab, womit der
Monte nuovo der Revoluzion aus dem Grunde
aufgestiegen war. Und setzte dazu: "lieber ein
müßiger Graf als das!" -- Er wurde roth.
Von jeher war ihm das weibliche Binden der
männlichen Kraft, das liebende Krummschlies¬
sen zu Blumen herab, das ungerechte Umschmie¬
den des Liebes-Rings Galeeren-Ring zum so
aufschreckend und verhasset; -- "in einer Welt,
die nur eine Meßwoche und ein Maskenball
ist, nicht einmal Meß- und Maskenfreiheit zu
behalten, ist stark," hatte einmal Schoppe ge¬
sagt und er nie vergessen, weil es aus seiner
Seele in sie kam. "Schwester, Du bist entwe¬
der nicht mein Bruder, oder ich Deine Schwe¬

Menſch, der Dich liebt!“ — Albano lächelte,
wurde aber am Ende ernſt. Linda war ſtill
und ſenkte das Auge. „Zeige mir (ſagte er
ſanft wie nur mit halbem Ernſt und Scherz) auf
der Landkarte eine beſſere Laufbahn!“ — „Ei¬
nen böſern Laufgraben? (ſagte ſie ſpielend.)
Wohl kaum!“ Nun ſchattete ſie mit ariſtokra¬
tiſchen, weiblichen und fürſtlichen Farben zu¬
gleich, mit dreifarbigen Farbenerden alle Flam¬
men, Rauchwolken und Wellen ab, womit der
Monte nuovo der Revoluzion aus dem Grunde
aufgeſtiegen war. Und ſetzte dazu: „lieber ein
müßiger Graf als das!“ — Er wurde roth.
Von jeher war ihm das weibliche Binden der
männlichen Kraft, das liebende Krummſchlies¬
ſen zu Blumen herab, das ungerechte Umſchmie¬
den des Liebes-Rings Galeeren-Ring zum ſo
aufſchreckend und verhaſſet; — „in einer Welt,
die nur eine Meßwoche und ein Maskenball
iſt, nicht einmal Meß- und Maskenfreiheit zu
behalten, iſt ſtark,“ hatte einmal Schoppe ge¬
ſagt und er nie vergeſſen, weil es aus ſeiner
Seele in ſie kam. „Schweſter, Du biſt entwe¬
der nicht mein Bruder, oder ich Deine Schwe¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0211" n="199"/>
Men&#x017F;ch, der Dich liebt!&#x201C; &#x2014; Albano lächelte,<lb/>
wurde aber am Ende ern&#x017F;t. Linda war &#x017F;till<lb/>
und &#x017F;enkte das Auge. &#x201E;Zeige mir (&#x017F;agte er<lb/>
&#x017F;anft wie nur mit halbem Ern&#x017F;t und Scherz) auf<lb/>
der Landkarte eine be&#x017F;&#x017F;ere Laufbahn!&#x201C; &#x2014; &#x201E;Ei¬<lb/>
nen bö&#x017F;ern Laufgraben? (&#x017F;agte &#x017F;ie &#x017F;pielend.)<lb/>
Wohl kaum!&#x201C; Nun &#x017F;chattete &#x017F;ie mit ari&#x017F;tokra¬<lb/>
ti&#x017F;chen, weiblichen und für&#x017F;tlichen Farben zu¬<lb/>
gleich, mit dreifarbigen Farbenerden alle Flam¬<lb/>
men, Rauchwolken und Wellen ab, womit der<lb/><hi rendition="#aq">Monte nuovo</hi> der Revoluzion aus dem Grunde<lb/>
aufge&#x017F;tiegen war. Und &#x017F;etzte dazu: &#x201E;lieber ein<lb/>
müßiger Graf als das!&#x201C; &#x2014; Er wurde roth.<lb/>
Von jeher war ihm das weibliche Binden der<lb/>
männlichen Kraft, das liebende Krumm&#x017F;chlies¬<lb/>
&#x017F;en zu Blumen herab, das ungerechte Um&#x017F;chmie¬<lb/>
den des Liebes-Rings Galeeren-Ring zum &#x017F;o<lb/>
auf&#x017F;chreckend und verha&#x017F;&#x017F;et; &#x2014; &#x201E;in einer Welt,<lb/>
die nur eine Meßwoche und ein Maskenball<lb/>
i&#x017F;t, nicht einmal Meß- und Maskenfreiheit zu<lb/>
behalten, i&#x017F;t &#x017F;tark,&#x201C; hatte einmal Schoppe ge¬<lb/>
&#x017F;agt und er nie verge&#x017F;&#x017F;en, weil es aus &#x017F;einer<lb/>
Seele in &#x017F;ie kam. &#x201E;Schwe&#x017F;ter, Du bi&#x017F;t entwe¬<lb/>
der nicht mein Bruder, oder ich Deine Schwe¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[199/0211] Menſch, der Dich liebt!“ — Albano lächelte, wurde aber am Ende ernſt. Linda war ſtill und ſenkte das Auge. „Zeige mir (ſagte er ſanft wie nur mit halbem Ernſt und Scherz) auf der Landkarte eine beſſere Laufbahn!“ — „Ei¬ nen böſern Laufgraben? (ſagte ſie ſpielend.) Wohl kaum!“ Nun ſchattete ſie mit ariſtokra¬ tiſchen, weiblichen und fürſtlichen Farben zu¬ gleich, mit dreifarbigen Farbenerden alle Flam¬ men, Rauchwolken und Wellen ab, womit der Monte nuovo der Revoluzion aus dem Grunde aufgeſtiegen war. Und ſetzte dazu: „lieber ein müßiger Graf als das!“ — Er wurde roth. Von jeher war ihm das weibliche Binden der männlichen Kraft, das liebende Krummſchlies¬ ſen zu Blumen herab, das ungerechte Umſchmie¬ den des Liebes-Rings Galeeren-Ring zum ſo aufſchreckend und verhaſſet; — „in einer Welt, die nur eine Meßwoche und ein Maskenball iſt, nicht einmal Meß- und Maskenfreiheit zu behalten, iſt ſtark,“ hatte einmal Schoppe ge¬ ſagt und er nie vergeſſen, weil es aus ſeiner Seele in ſie kam. „Schweſter, Du biſt entwe¬ der nicht mein Bruder, oder ich Deine Schwe¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/211
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/211>, abgerufen am 02.05.2024.