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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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mal vom Einsiedler schön an meinen alten
Schoppe erinnert, indem er mir erzählte, daß
einmal ein hinkender Reisende mit einem Wolfs¬
hund hierüber gesagt: im Vesuv sey der Stall
der unaufhörlich polternden Donnerpferde. Das
war nach Allem gewiß nur Schoppe.

In der Mitternacht, meine Linda, als der
Mond über dem Apennin herüber war und
mit einem entzückten langen Silberblick vom
Himmel sah und ich an Dich dachte, stand ich
auf und gieng leise hinaus, um wieder zu se¬
hen, wo Du wohnest, meine Linda. Draussen
war es überall still, ich hörte gleichsam die Er¬
de auf ihrer Bahn im Himmel donnern -- die
Schatten der Lindenbäume um mich schliefen
fest auf dem grünen Rasen -- Vesuv's Rauch
stieg empor in die reine Luft -- über das
dampfende Meer hin glänzte wunderlich der
Mond, und mühsam sucht' und fand ich end¬
lich den einsamen Berg Deiner Insel, hoch ins
Blau gezogen, silbern blühend unter den Ster¬
nen um ihn her, eine schimmernde Tempelzinne
für mein Herz. -- ""Dort wohnt und schlum¬
mert Sie auf dem Thabor, eine Verklärte des

mal vom Einſiedler ſchön an meinen alten
Schoppe erinnert, indem er mir erzählte, daß
einmal ein hinkender Reiſende mit einem Wolfs¬
hund hierüber geſagt: im Veſuv ſey der Stall
der unaufhörlich polternden Donnerpferde. Das
war nach Allem gewiß nur Schoppe.

In der Mitternacht, meine Linda, als der
Mond über dem Apennin herüber war und
mit einem entzückten langen Silberblick vom
Himmel ſah und ich an Dich dachte, ſtand ich
auf und gieng leiſe hinaus, um wieder zu ſe¬
hen, wo Du wohneſt, meine Linda. Drauſſen
war es überall ſtill, ich hörte gleichſam die Er¬
de auf ihrer Bahn im Himmel donnern — die
Schatten der Lindenbäume um mich ſchliefen
feſt auf dem grünen Raſen — Veſuv's Rauch
ſtieg empor in die reine Luft — über das
dampfende Meer hin glänzte wunderlich der
Mond, und mühſam ſucht' und fand ich end¬
lich den einſamen Berg Deiner Inſel, hoch ins
Blau gezogen, ſilbern blühend unter den Ster¬
nen um ihn her, eine ſchimmernde Tempelzinne
für mein Herz. — „„Dort wohnt und ſchlum¬
mert Sie auf dem Thabor, eine Verklärte des

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[182/0194] mal vom Einſiedler ſchön an meinen alten Schoppe erinnert, indem er mir erzählte, daß einmal ein hinkender Reiſende mit einem Wolfs¬ hund hierüber geſagt: im Veſuv ſey der Stall der unaufhörlich polternden Donnerpferde. Das war nach Allem gewiß nur Schoppe. In der Mitternacht, meine Linda, als der Mond über dem Apennin herüber war und mit einem entzückten langen Silberblick vom Himmel ſah und ich an Dich dachte, ſtand ich auf und gieng leiſe hinaus, um wieder zu ſe¬ hen, wo Du wohneſt, meine Linda. Drauſſen war es überall ſtill, ich hörte gleichſam die Er¬ de auf ihrer Bahn im Himmel donnern — die Schatten der Lindenbäume um mich ſchliefen feſt auf dem grünen Raſen — Veſuv's Rauch ſtieg empor in die reine Luft — über das dampfende Meer hin glänzte wunderlich der Mond, und mühſam ſucht' und fand ich end¬ lich den einſamen Berg Deiner Inſel, hoch ins Blau gezogen, ſilbern blühend unter den Ster¬ nen um ihn her, eine ſchimmernde Tempelzinne für mein Herz. — „„Dort wohnt und ſchlum¬ mert Sie auf dem Thabor, eine Verklärte des

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/194>, abgerufen am 07.05.2024.