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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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unbefangener Freude mit ihrer feingeformten
Hand zu des Jünglings seiner zurückkehrte,
dem ihr Händedruck nichts kleineres war als
eine zärtere Umarmung.

Sie nahmen den nähern Rückweg gegen Al¬
bano's Wohnung herab, die immer in ihrem
Reben-Geniste zu ihnen heraufsah. Man war
noch so kurz bei einander -- am Morgen rei¬
sete Albano. -- Er sollte von Portici aus schrei¬
ben, ein Bote den Brief holen -- "und er
bringt mir auch einen," sagt' er; -- "gewiß
nicht!" sagte Linda. Albano bat. "Sie wird
sich schon ändern und schreiben," sagte Julienne.
Sie verneinte. Allmählig liefen Schattenfurchen
neben den schwarzen Lavaströmen den Berg
hinab, und in den Pappeln fiengen Nachtigal¬
len schon ihre melodische Dämmerung an. Sie
kamen Albano's Hause nahe; Dian lief entzückt
der Prinzessinn entgegen. Albano bat ihn, ohne
beide gefragt zu haben, eine Barke zu schaffen,
damit man den Abend genieße. Gerade zu ge¬
waltsamen Anträgen der Freude sagen die Mäd¬
chen am liebsten das Ja. Dian war sogleich

unbefangener Freude mit ihrer feingeformten
Hand zu des Jünglings ſeiner zurückkehrte,
dem ihr Händedruck nichts kleineres war als
eine zärtere Umarmung.

Sie nahmen den nähern Rückweg gegen Al¬
bano's Wohnung herab, die immer in ihrem
Reben-Geniſte zu ihnen heraufſah. Man war
noch ſo kurz bei einander — am Morgen rei¬
ſete Albano. — Er ſollte von Portici aus ſchrei¬
ben, ein Bote den Brief holen — „und er
bringt mir auch einen,“ ſagt' er; — „gewiß
nicht!“ ſagte Linda. Albano bat. „Sie wird
ſich ſchon ändern und ſchreiben,“ ſagte Julienne.
Sie verneinte. Allmählig liefen Schattenfurchen
neben den ſchwarzen Lavaſtrömen den Berg
hinab, und in den Pappeln fiengen Nachtigal¬
len ſchon ihre melodiſche Dämmerung an. Sie
kamen Albano's Hauſe nahe; Dian lief entzückt
der Prinzeſſinn entgegen. Albano bat ihn, ohne
beide gefragt zu haben, eine Barke zu ſchaffen,
damit man den Abend genieße. Gerade zu ge¬
waltſamen Anträgen der Freude ſagen die Mäd¬
chen am liebſten das Ja. Dian war ſogleich

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[164/0176] unbefangener Freude mit ihrer feingeformten Hand zu des Jünglings ſeiner zurückkehrte, dem ihr Händedruck nichts kleineres war als eine zärtere Umarmung. Sie nahmen den nähern Rückweg gegen Al¬ bano's Wohnung herab, die immer in ihrem Reben-Geniſte zu ihnen heraufſah. Man war noch ſo kurz bei einander — am Morgen rei¬ ſete Albano. — Er ſollte von Portici aus ſchrei¬ ben, ein Bote den Brief holen — „und er bringt mir auch einen,“ ſagt' er; — „gewiß nicht!“ ſagte Linda. Albano bat. „Sie wird ſich ſchon ändern und ſchreiben,“ ſagte Julienne. Sie verneinte. Allmählig liefen Schattenfurchen neben den ſchwarzen Lavaſtrömen den Berg hinab, und in den Pappeln fiengen Nachtigal¬ len ſchon ihre melodiſche Dämmerung an. Sie kamen Albano's Hauſe nahe; Dian lief entzückt der Prinzeſſinn entgegen. Albano bat ihn, ohne beide gefragt zu haben, eine Barke zu ſchaffen, damit man den Abend genieße. Gerade zu ge¬ waltſamen Anträgen der Freude ſagen die Mäd¬ chen am liebſten das Ja. Dian war ſogleich

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/176>, abgerufen am 07.05.2024.