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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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dem Meersboden herauf, pflanzt ein brennen¬
des Land und dann theilt sie wieder lächelnd
an ihre Kinder Blumen aus; so sey der Mensch,
Vulkan -- dann Blume." -- "Was sind da¬
gegen (sagte Julienne) alle Winterlustbarkei¬
ten des deutschen Wonnemonds! Ist das nicht
eine kleinere Schweiz nur in einem größern
Genfersee?" -- Die Gräfinn, durch ihr Spa¬
nien einheimischer in solchen Reizen, hielt sich
meistens still. "Der Mensch (sagte sie) ist die
Oreade und Hamadryade oder sonst eine Gott¬
heit und beseelet Wald und Thal und den Men¬
schen selber beseelet wieder ein Mensch."

Der Einsiedler erschien und sagte, ihr her¬
aufgesandtes Mahl sey längst angekommen; er
lobte seine Höhe mit: "oft (sagt' er und machte
Julienne lachen,) raucht mein Berg wie der
Vesuv und Badgäste sehen herauf und fürchten
etwas, es ist aber, weil ich mein Brod hier
oben backe." -- Sie lagerten sich im schattigen
Freien. Man mußte immer wieder auf die
lieblichen verkleinerten Inseln hinabsehen, die mit
ihren in Gärten gesäeten Gärten, mit ihren mit
Herbsten durchflochtenen Frühlingen so ganz

dem Meersboden herauf, pflanzt ein brennen¬
des Land und dann theilt ſie wieder lächelnd
an ihre Kinder Blumen aus; ſo ſey der Menſch,
Vulkan — dann Blume.“ — „Was ſind da¬
gegen (ſagte Julienne) alle Winterluſtbarkei¬
ten des deutſchen Wonnemonds! Iſt das nicht
eine kleinere Schweiz nur in einem größern
Genferſee?“ — Die Gräfinn, durch ihr Spa¬
nien einheimiſcher in ſolchen Reizen, hielt ſich
meiſtens ſtill. „Der Menſch (ſagte ſie) iſt die
Oreade und Hamadryade oder ſonſt eine Gott¬
heit und beſeelet Wald und Thal und den Men¬
ſchen ſelber beſeelet wieder ein Menſch.“

Der Einſiedler erſchien und ſagte, ihr her¬
aufgeſandtes Mahl ſey längſt angekommen; er
lobte ſeine Höhe mit: „oft (ſagt' er und machte
Julienne lachen,) raucht mein Berg wie der
Veſuv und Badgäſte ſehen herauf und fürchten
etwas, es iſt aber, weil ich mein Brod hier
oben backe.“ — Sie lagerten ſich im ſchattigen
Freien. Man mußte immer wieder auf die
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[162/0174] dem Meersboden herauf, pflanzt ein brennen¬ des Land und dann theilt ſie wieder lächelnd an ihre Kinder Blumen aus; ſo ſey der Menſch, Vulkan — dann Blume.“ — „Was ſind da¬ gegen (ſagte Julienne) alle Winterluſtbarkei¬ ten des deutſchen Wonnemonds! Iſt das nicht eine kleinere Schweiz nur in einem größern Genferſee?“ — Die Gräfinn, durch ihr Spa¬ nien einheimiſcher in ſolchen Reizen, hielt ſich meiſtens ſtill. „Der Menſch (ſagte ſie) iſt die Oreade und Hamadryade oder ſonſt eine Gott¬ heit und beſeelet Wald und Thal und den Men¬ ſchen ſelber beſeelet wieder ein Menſch.“ Der Einſiedler erſchien und ſagte, ihr her¬ aufgeſandtes Mahl ſey längſt angekommen; er lobte ſeine Höhe mit: „oft (ſagt' er und machte Julienne lachen,) raucht mein Berg wie der Veſuv und Badgäſte ſehen herauf und fürchten etwas, es iſt aber, weil ich mein Brod hier oben backe.“ — Sie lagerten ſich im ſchattigen Freien. Man mußte immer wieder auf die lieblichen verkleinerten Inſeln hinabſehen, die mit ihren in Gärten geſäeten Gärten, mit ihren mit Herbſten durchflochtenen Frühlingen ſo ganz

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/174>, abgerufen am 07.05.2024.