nahm eine kleine mit einer Doppellorgnette versehene einen kurzen Abschied und gieng mit einem ansehnlichen Gefolge fort. Die rothge¬ kleidete zog einen weißen Schleier über das Gesicht und gieng, von zwei Jungfrauen be¬ gleitet, ernst und einer Fürstinn ähnlich, der Stelle zu, wo Albano und die Töne waren.
Albano stand nahe an ihr, zwei große schwarze Augen mit Feuer gefüllt und mit in¬ nigem Ernst auf dem Leben ruhend strahlten durch den Schleier, der die stolze gerade Stirn und Nase verrieth. In der ganzen Erscheinung war für ihn etwas Bekanntes und doch Gros¬ ses, sie kam ihm als eine Feenköniginn vor, die vorlängst sich mit einem himmlischen Angesicht über seine Wiege lächelnd und begabend her¬ eingebückt und die nun der Geist mit alter Lie¬ be wieder erkennt. Er dachte wohl an einen Nahmen, den ihm Geister genannt, aber diese Gegenwart schien hier nicht möglich. Sie hef¬ tete ihr Auge mit Wohlgefallen und Aufmerk¬ samkeit auf das Spiel zweier Jungfrauen, welche niedlich in Seide gekleidet, mit Gold besetzten seidnen Schürzen zur Tamburine ei¬
nahm eine kleine mit einer Doppellorgnette verſehene einen kurzen Abſchied und gieng mit einem anſehnlichen Gefolge fort. Die rothge¬ kleidete zog einen weißen Schleier über das Geſicht und gieng, von zwei Jungfrauen be¬ gleitet, ernſt und einer Fürſtinn ähnlich, der Stelle zu, wo Albano und die Töne waren.
Albano ſtand nahe an ihr, zwei große ſchwarze Augen mit Feuer gefüllt und mit in¬ nigem Ernſt auf dem Leben ruhend ſtrahlten durch den Schleier, der die ſtolze gerade Stirn und Naſe verrieth. In der ganzen Erſcheinung war für ihn etwas Bekanntes und doch Gros¬ ſes, ſie kam ihm als eine Feenköniginn vor, die vorlängſt ſich mit einem himmliſchen Angeſicht über ſeine Wiege lächelnd und begabend her¬ eingebückt und die nun der Geiſt mit alter Lie¬ be wieder erkennt. Er dachte wohl an einen Nahmen, den ihm Geiſter genannt, aber dieſe Gegenwart ſchien hier nicht möglich. Sie hef¬ tete ihr Auge mit Wohlgefallen und Aufmerk¬ ſamkeit auf das Spiel zweier Jungfrauen, welche niedlich in Seide gekleidet, mit Gold beſetzten ſeidnen Schürzen zur Tamburine ei¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0139"n="127"/>
nahm eine kleine mit einer Doppellorgnette<lb/>
verſehene einen kurzen Abſchied und gieng mit<lb/>
einem anſehnlichen Gefolge fort. Die rothge¬<lb/>
kleidete zog einen weißen Schleier über das<lb/>
Geſicht und gieng, von zwei Jungfrauen be¬<lb/>
gleitet, ernſt und einer Fürſtinn ähnlich, der<lb/>
Stelle zu, wo Albano und die Töne waren.</p><lb/><p>Albano ſtand nahe an ihr, zwei große<lb/>ſchwarze Augen mit Feuer gefüllt und mit in¬<lb/>
nigem Ernſt auf dem Leben ruhend ſtrahlten<lb/>
durch den Schleier, der die ſtolze gerade Stirn<lb/>
und Naſe verrieth. In der ganzen Erſcheinung<lb/>
war für ihn etwas Bekanntes und doch Gros¬<lb/>ſes, ſie kam ihm als eine Feenköniginn vor, die<lb/>
vorlängſt ſich mit einem himmliſchen Angeſicht<lb/>
über ſeine Wiege lächelnd und begabend her¬<lb/>
eingebückt und die nun der Geiſt mit alter Lie¬<lb/>
be wieder erkennt. Er dachte wohl an einen<lb/>
Nahmen, den ihm Geiſter genannt, aber dieſe<lb/>
Gegenwart ſchien hier nicht möglich. Sie hef¬<lb/>
tete ihr Auge mit Wohlgefallen und Aufmerk¬<lb/>ſamkeit auf das Spiel zweier Jungfrauen,<lb/>
welche niedlich in Seide gekleidet, mit Gold<lb/>
beſetzten ſeidnen Schürzen zur Tamburine ei¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[127/0139]
nahm eine kleine mit einer Doppellorgnette
verſehene einen kurzen Abſchied und gieng mit
einem anſehnlichen Gefolge fort. Die rothge¬
kleidete zog einen weißen Schleier über das
Geſicht und gieng, von zwei Jungfrauen be¬
gleitet, ernſt und einer Fürſtinn ähnlich, der
Stelle zu, wo Albano und die Töne waren.
Albano ſtand nahe an ihr, zwei große
ſchwarze Augen mit Feuer gefüllt und mit in¬
nigem Ernſt auf dem Leben ruhend ſtrahlten
durch den Schleier, der die ſtolze gerade Stirn
und Naſe verrieth. In der ganzen Erſcheinung
war für ihn etwas Bekanntes und doch Gros¬
ſes, ſie kam ihm als eine Feenköniginn vor, die
vorlängſt ſich mit einem himmliſchen Angeſicht
über ſeine Wiege lächelnd und begabend her¬
eingebückt und die nun der Geiſt mit alter Lie¬
be wieder erkennt. Er dachte wohl an einen
Nahmen, den ihm Geiſter genannt, aber dieſe
Gegenwart ſchien hier nicht möglich. Sie hef¬
tete ihr Auge mit Wohlgefallen und Aufmerk¬
ſamkeit auf das Spiel zweier Jungfrauen,
welche niedlich in Seide gekleidet, mit Gold
beſetzten ſeidnen Schürzen zur Tamburine ei¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/139>, abgerufen am 05.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.