Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

-- in den Fernen neben uns dufteten ganze
Paradiese aus Blumenkelchen; und das Herz
und die Brust sogen zugleich den Liebestrank
der süßen Luft. -- Der Mond war hell wie
eine Sonne an den hohen Himmel heraufgezo¬
gen und der Horizont wurde von Sternen ver¬
goldet -- und am ganzen wolkenlosen Himmel
stand die düstere Wolkensäule des Vesuv's in
Osten allein. --

Tief in der Nacht nach zwei Uhr rollten
wir in und durch die lange Prachtstadt, worin
noch der lebendige Tag fortblühte. Heitere
Menschen füllten die Straßen -- die Balkons
warfen sich Gesänge zu -- auf den Dächern
blühten Blumen und Bäume zwischen Lampen
und die Horen-Glöckchen vermehrten den Tag
und der Mond schien zu wärmen. Nur zuwei¬
len schlief ein Mensch zwischen den Säulengän¬
gen gleichsam an seinem Mittagsschlafe. --
Dian, aller Verhältnisse kundig, ließ an einem
Hause auf der Süd- und Meerseite halten,
und gieng tief in die Stadt, um durch alte
Bekannte die Abfahrt nach der Insel zu be¬
richtigen, damit man gerade bei Sonnenauf¬

— in den Fernen neben uns dufteten ganze
Paradieſe aus Blumenkelchen; und das Herz
und die Bruſt ſogen zugleich den Liebestrank
der ſüßen Luft. — Der Mond war hell wie
eine Sonne an den hohen Himmel heraufgezo¬
gen und der Horizont wurde von Sternen ver¬
goldet — und am ganzen wolkenloſen Himmel
ſtand die düſtere Wolkenſäule des Veſuv's in
Oſten allein. —

Tief in der Nacht nach zwei Uhr rollten
wir in und durch die lange Prachtſtadt, worin
noch der lebendige Tag fortblühte. Heitere
Menſchen füllten die Straßen — die Balkons
warfen ſich Geſänge zu — auf den Dächern
blühten Blumen und Bäume zwiſchen Lampen
und die Horen-Glöckchen vermehrten den Tag
und der Mond ſchien zu wärmen. Nur zuwei¬
len ſchlief ein Menſch zwiſchen den Säulengän¬
gen gleichſam an ſeinem Mittagsſchlafe. —
Dian, aller Verhältniſſe kundig, ließ an einem
Hauſe auf der Süd- und Meerſeite halten,
und gieng tief in die Stadt, um durch alte
Bekannte die Abfahrt nach der Inſel zu be¬
richtigen, damit man gerade bei Sonnenauf¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0126" n="114"/>
&#x2014; in den Fernen neben uns dufteten ganze<lb/>
Paradie&#x017F;e aus Blumenkelchen; und das Herz<lb/>
und die Bru&#x017F;t &#x017F;ogen zugleich den Liebestrank<lb/>
der &#x017F;üßen Luft. &#x2014; Der Mond war hell wie<lb/>
eine Sonne an den hohen Himmel heraufgezo¬<lb/>
gen und der Horizont wurde von Sternen ver¬<lb/>
goldet &#x2014; und am ganzen wolkenlo&#x017F;en Himmel<lb/>
&#x017F;tand die dü&#x017F;tere Wolken&#x017F;äule des Ve&#x017F;uv's in<lb/>
O&#x017F;ten allein. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Tief in der Nacht nach zwei Uhr rollten<lb/>
wir in und durch die lange Pracht&#x017F;tadt, worin<lb/>
noch der lebendige Tag fortblühte. Heitere<lb/>
Men&#x017F;chen füllten die Straßen &#x2014; die Balkons<lb/>
warfen &#x017F;ich Ge&#x017F;änge zu &#x2014; auf den Dächern<lb/>
blühten Blumen und Bäume zwi&#x017F;chen Lampen<lb/>
und die Horen-Glöckchen vermehrten den Tag<lb/>
und der Mond &#x017F;chien zu wärmen. Nur zuwei¬<lb/>
len &#x017F;chlief ein Men&#x017F;ch zwi&#x017F;chen den Säulengän¬<lb/>
gen gleich&#x017F;am an &#x017F;einem Mittags&#x017F;chlafe. &#x2014;<lb/>
Dian, aller Verhältni&#x017F;&#x017F;e kundig, ließ an einem<lb/>
Hau&#x017F;e auf der Süd- und Meer&#x017F;eite halten,<lb/>
und gieng tief in die Stadt, um durch alte<lb/>
Bekannte die Abfahrt nach der In&#x017F;el zu be¬<lb/>
richtigen, damit man gerade bei Sonnenauf¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0126] — in den Fernen neben uns dufteten ganze Paradieſe aus Blumenkelchen; und das Herz und die Bruſt ſogen zugleich den Liebestrank der ſüßen Luft. — Der Mond war hell wie eine Sonne an den hohen Himmel heraufgezo¬ gen und der Horizont wurde von Sternen ver¬ goldet — und am ganzen wolkenloſen Himmel ſtand die düſtere Wolkenſäule des Veſuv's in Oſten allein. — Tief in der Nacht nach zwei Uhr rollten wir in und durch die lange Prachtſtadt, worin noch der lebendige Tag fortblühte. Heitere Menſchen füllten die Straßen — die Balkons warfen ſich Geſänge zu — auf den Dächern blühten Blumen und Bäume zwiſchen Lampen und die Horen-Glöckchen vermehrten den Tag und der Mond ſchien zu wärmen. Nur zuwei¬ len ſchlief ein Menſch zwiſchen den Säulengän¬ gen gleichſam an ſeinem Mittagsſchlafe. — Dian, aller Verhältniſſe kundig, ließ an einem Hauſe auf der Süd- und Meerſeite halten, und gieng tief in die Stadt, um durch alte Bekannte die Abfahrt nach der Inſel zu be¬ richtigen, damit man gerade bei Sonnenauf¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/126
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/126>, abgerufen am 02.05.2024.