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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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Endlich bat der Mönch bebend, sie möchten
still seyn, wenn er verschwinde, und für ihn
beten, und nie seinen Körper suchen. Albano
war ihm jetzt, von Dian ungesehen, nahe hin¬
ter dem Rücken. Da kam hoch im dunkeln
Blau ein Zug Wachteln langsam geflogen.
Der Mönch hob sich schnell und wankend auf
-- zerstreuete die Vögel -- rief in dunkler
Ferne: betet -- und schwand in die weiten
Lüfte dahin.

Das Volk rief und jauchzete und betete zum
Theil, viele glaubten jetzt, der Teufel sey im
Spiel. Unter den Zuschauern lag ein Mensch
mit dem Gesicht auf der Erde und rief immer:
Gott sey mir gnädig! Aber niemand brachte
ihn zu einer Erklärung. Dian, heimlich ein
wenig übergläubig, sagte: hier steh' ihm der
Verstand still. Aber Albano erklärte, schon
lange zucke und ziehe ein Geister-Komplott
an seinem Lebensvorhang, allein irgend ein¬
mal greif' er gewiß glücklich durch den Vor¬
hang durch, und er sey fest entschlossen, so¬
gleich von Neapel nach Ischia überzugehen,
um seine Schwester zu suchen. "Wahrlich, (setzt'

Endlich bat der Mönch bebend, ſie möchten
ſtill ſeyn, wenn er verſchwinde, und für ihn
beten, und nie ſeinen Körper ſuchen. Albano
war ihm jetzt, von Dian ungeſehen, nahe hin¬
ter dem Rücken. Da kam hoch im dunkeln
Blau ein Zug Wachteln langſam geflogen.
Der Mönch hob ſich ſchnell und wankend auf
— zerſtreuete die Vögel — rief in dunkler
Ferne: betet — und ſchwand in die weiten
Lüfte dahin.

Das Volk rief und jauchzete und betete zum
Theil, viele glaubten jetzt, der Teufel ſey im
Spiel. Unter den Zuſchauern lag ein Menſch
mit dem Geſicht auf der Erde und rief immer:
Gott ſey mir gnädig! Aber niemand brachte
ihn zu einer Erklärung. Dian, heimlich ein
wenig übergläubig, ſagte: hier ſteh' ihm der
Verſtand ſtill. Aber Albano erklärte, ſchon
lange zucke und ziehe ein Geiſter-Komplott
an ſeinem Lebensvorhang, allein irgend ein¬
mal greif' er gewiß glücklich durch den Vor¬
hang durch, und er ſey feſt entſchloſſen, ſo¬
gleich von Neapel nach Iſchia überzugehen,
um ſeine Schweſter zu ſuchen. „Wahrlich, (ſetzt'

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[110/0122] Endlich bat der Mönch bebend, ſie möchten ſtill ſeyn, wenn er verſchwinde, und für ihn beten, und nie ſeinen Körper ſuchen. Albano war ihm jetzt, von Dian ungeſehen, nahe hin¬ ter dem Rücken. Da kam hoch im dunkeln Blau ein Zug Wachteln langſam geflogen. Der Mönch hob ſich ſchnell und wankend auf — zerſtreuete die Vögel — rief in dunkler Ferne: betet — und ſchwand in die weiten Lüfte dahin. Das Volk rief und jauchzete und betete zum Theil, viele glaubten jetzt, der Teufel ſey im Spiel. Unter den Zuſchauern lag ein Menſch mit dem Geſicht auf der Erde und rief immer: Gott ſey mir gnädig! Aber niemand brachte ihn zu einer Erklärung. Dian, heimlich ein wenig übergläubig, ſagte: hier ſteh' ihm der Verſtand ſtill. Aber Albano erklärte, ſchon lange zucke und ziehe ein Geiſter-Komplott an ſeinem Lebensvorhang, allein irgend ein¬ mal greif' er gewiß glücklich durch den Vor¬ hang durch, und er ſey feſt entſchloſſen, ſo¬ gleich von Neapel nach Iſchia überzugehen, um ſeine Schweſter zu ſuchen. „Wahrlich, (ſetzt'

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/122>, abgerufen am 02.05.2024.