ein. Albano gieng bald, aber viel froher. Auf seinem Wege brannten doch einige Gassen¬ laternen.
Aber am Morgen gerieth er in ein Win¬ kelgäßchen, wo keine einzige war; nämlich Ra¬ bette, das Rennthierchen, kam nach Lilar ge¬ laufen, wie gestern nach Pestiz -- denn was ist für ein Landfräulein ein Meilenlauf anders als eine gerade Allemande? -- und schüttete und schüttelte vor ihm ihr Herz bis auf die Herzohren aus, woraus nichts herausfiel als frohe Bilder, einige Himmel, ein vollständiger Hochzeittag, ein Paar Schwiegereltern und eine Hauptmännin. "Die Ministers waren gegen "mich so höflich gewesen, aber -- nachher noch "mehr gegen meine Eltern die Mutter -- und "sie haben den Hauptmann so sehr genannt "und gelobt -- kurz, sie wissen freilich Alles, "mein herrlicher, herzlieber Bruder!" sagte sie, -- aber von Lianen wußte sie dem herrlichen Bruder Nichts zu bringen, außer ihren Ge¬ sundheitspaß; ihr freudiges Auge hatte sich nach gar keiner dunkeln Gegend gewandt. "Wir waren keine Minute allein, das machts,"
ein. Albano gieng bald, aber viel froher. Auf ſeinem Wege brannten doch einige Gaſſen¬ laternen.
Aber am Morgen gerieth er in ein Win¬ kelgäßchen, wo keine einzige war; nämlich Ra¬ bette, das Rennthierchen, kam nach Lilar ge¬ laufen, wie geſtern nach Peſtiz — denn was iſt für ein Landfräulein ein Meilenlauf anders als eine gerade Allemande? — und ſchüttete und ſchüttelte vor ihm ihr Herz bis auf die Herzohren aus, woraus nichts herausfiel als frohe Bilder, einige Himmel, ein vollſtändiger Hochzeittag, ein Paar Schwiegereltern und eine Hauptmännin. „Die Miniſters waren gegen „mich ſo höflich geweſen, aber — nachher noch „mehr gegen meine Eltern die Mutter — und „ſie haben den Hauptmann ſo ſehr genannt „und gelobt — kurz, ſie wiſſen freilich Alles, „mein herrlicher, herzlieber Bruder!“ ſagte ſie, — aber von Lianen wußte ſie dem herrlichen Bruder Nichts zu bringen, außer ihren Ge¬ ſundheitspaß; ihr freudiges Auge hatte ſich nach gar keiner dunkeln Gegend gewandt. „Wir waren keine Minute allein, das machts,“
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0098"n="86"/>
ein. Albano gieng bald, aber viel froher.<lb/>
Auf ſeinem Wege brannten doch einige Gaſſen¬<lb/>
laternen.</p><lb/><p>Aber am Morgen gerieth er in ein Win¬<lb/>
kelgäßchen, wo keine einzige war; nämlich Ra¬<lb/>
bette, das Rennthierchen, kam nach Lilar ge¬<lb/>
laufen, wie geſtern nach Peſtiz — denn was<lb/>
iſt für ein Landfräulein ein Meilenlauf anders<lb/>
als eine gerade Allemande? — und ſchüttete<lb/>
und ſchüttelte vor ihm ihr Herz bis auf die<lb/>
Herzohren aus, woraus nichts herausfiel als<lb/>
frohe Bilder, einige Himmel, ein vollſtändiger<lb/>
Hochzeittag, ein Paar Schwiegereltern und eine<lb/>
Hauptmännin. „Die Miniſters waren gegen<lb/>„mich ſo höflich geweſen, aber — nachher noch<lb/>„mehr gegen meine Eltern die Mutter — und<lb/>„ſie haben den Hauptmann ſo ſehr genannt<lb/>„und gelobt — kurz, ſie wiſſen freilich Alles,<lb/>„mein herrlicher, herzlieber Bruder!“ſagte ſie,<lb/>— aber von Lianen wußte ſie dem herrlichen<lb/>
Bruder Nichts zu bringen, außer ihren Ge¬<lb/>ſundheitspaß; ihr freudiges Auge hatte ſich<lb/>
nach gar keiner dunkeln Gegend gewandt.<lb/>„Wir waren keine Minute allein, das machts,“<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[86/0098]
ein. Albano gieng bald, aber viel froher.
Auf ſeinem Wege brannten doch einige Gaſſen¬
laternen.
Aber am Morgen gerieth er in ein Win¬
kelgäßchen, wo keine einzige war; nämlich Ra¬
bette, das Rennthierchen, kam nach Lilar ge¬
laufen, wie geſtern nach Peſtiz — denn was
iſt für ein Landfräulein ein Meilenlauf anders
als eine gerade Allemande? — und ſchüttete
und ſchüttelte vor ihm ihr Herz bis auf die
Herzohren aus, woraus nichts herausfiel als
frohe Bilder, einige Himmel, ein vollſtändiger
Hochzeittag, ein Paar Schwiegereltern und eine
Hauptmännin. „Die Miniſters waren gegen
„mich ſo höflich geweſen, aber — nachher noch
„mehr gegen meine Eltern die Mutter — und
„ſie haben den Hauptmann ſo ſehr genannt
„und gelobt — kurz, ſie wiſſen freilich Alles,
„mein herrlicher, herzlieber Bruder!“ ſagte ſie,
— aber von Lianen wußte ſie dem herrlichen
Bruder Nichts zu bringen, außer ihren Ge¬
ſundheitspaß; ihr freudiges Auge hatte ſich
nach gar keiner dunkeln Gegend gewandt.
„Wir waren keine Minute allein, das machts,“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/98>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.