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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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Ende stutzte er argwöhnisch über das bedenk¬
liche Zurückzerren.

Und darin irrt' er nicht; Schoppe handel¬
te nach ganz andern Begebenheiten als er noch
erfahren hatte. Der Lektor nämlich, der mit
alter kluger Redlichkeit über den abtrünnigen,
aber von ihm überall gelobten Jüngling von
fernen Wache hielt durch den stellvertretenden
Schoppe, hatte diesem den aufgethürmten blei¬
schweren Wolkenbruch gezeigt, der sich nun ge¬
senkt gegen das Haupt des edlen Jünglings
herbewegte; nämlich Lianens ganz nahen Tod.

Früher war der Streit mit den Eltern,
gleichsam diese poetische Härte für Lianens Ner¬
ven, noch Eisenwein gewesen, die nachher im
weichen Wasser der Entsagung, Herbstruhe und
Andacht schmolzen. Es giebt eine warme Wind¬
stille, welche Menschen wie Schiffe zerlässet;
eine Wärme, worin das Wachsbild des Geistes
zerrinnt. Täglich kam noch dazu der fromme
Vater und breitete ihre Schwingen aus, lösete
sie ab von den Erden-Hoffnungen und Erden-
Bangigkeiten und führte sie in den Glanz des
göttlichen Thrones. -- Die schönen Frühlings¬

Titan III. A a

Ende ſtutzte er argwöhniſch über das bedenk¬
liche Zurückzerren.

Und darin irrt' er nicht; Schoppe handel¬
te nach ganz andern Begebenheiten als er noch
erfahren hatte. Der Lektor nämlich, der mit
alter kluger Redlichkeit über den abtrünnigen,
aber von ihm überall gelobten Jüngling von
fernen Wache hielt durch den ſtellvertretenden
Schoppe, hatte dieſem den aufgethürmten blei¬
ſchweren Wolkenbruch gezeigt, der ſich nun ge¬
ſenkt gegen das Haupt des edlen Jünglings
herbewegte; nämlich Lianens ganz nahen Tod.

Früher war der Streit mit den Eltern,
gleichſam dieſe poetiſche Härte für Lianens Ner¬
ven, noch Eiſenwein geweſen, die nachher im
weichen Waſſer der Entſagung, Herbſtruhe und
Andacht ſchmolzen. Es giebt eine warme Wind¬
ſtille, welche Menſchen wie Schiffe zerläſſet;
eine Wärme, worin das Wachsbild des Geiſtes
zerrinnt. Täglich kam noch dazu der fromme
Vater und breitete ihre Schwingen aus, löſete
ſie ab von den Erden-Hoffnungen und Erden-
Bangigkeiten und führte ſie in den Glanz des
göttlichen Thrones. — Die ſchönen Frühlings¬

Titan III. A a
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[369/0381] Ende ſtutzte er argwöhniſch über das bedenk¬ liche Zurückzerren. Und darin irrt' er nicht; Schoppe handel¬ te nach ganz andern Begebenheiten als er noch erfahren hatte. Der Lektor nämlich, der mit alter kluger Redlichkeit über den abtrünnigen, aber von ihm überall gelobten Jüngling von fernen Wache hielt durch den ſtellvertretenden Schoppe, hatte dieſem den aufgethürmten blei¬ ſchweren Wolkenbruch gezeigt, der ſich nun ge¬ ſenkt gegen das Haupt des edlen Jünglings herbewegte; nämlich Lianens ganz nahen Tod. Früher war der Streit mit den Eltern, gleichſam dieſe poetiſche Härte für Lianens Ner¬ ven, noch Eiſenwein geweſen, die nachher im weichen Waſſer der Entſagung, Herbſtruhe und Andacht ſchmolzen. Es giebt eine warme Wind¬ ſtille, welche Menſchen wie Schiffe zerläſſet; eine Wärme, worin das Wachsbild des Geiſtes zerrinnt. Täglich kam noch dazu der fromme Vater und breitete ihre Schwingen aus, löſete ſie ab von den Erden-Hoffnungen und Erden- Bangigkeiten und führte ſie in den Glanz des göttlichen Thrones. — Die ſchönen Frühlings¬ Titan III. A a

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/381>, abgerufen am 24.11.2024.