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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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die Entzückungen, denen man zusieht; zumal
unter einer, in der Liebe.

Da Du so leicht jede Verschiedenheit von Dir
für Entkräftung hältst: so sag' ich Dir gerade
heraus: steige nur weiter, knäte Dich nur mehr
durch, hebe nur den Kopf aus den heißen Wo¬
gen der Gefühle höher, dann wirst Du Dich nicht
mehr in sie zerlaufen, sondern sie allein verwal¬
ten lassen. Es giebt einen kalten, kecken Geist im
Menschen, den Nichts etwas angeht, nicht einmal
die Tugend; denn er wählt sie erst und er ist
ihr Schöpfer, nicht ihr Geschöpf. Ich erlebte
einmal auf dem Meer einen Sturm, wo das
ganze Wasser sich wüthend und zackig und
schäumend aufriß und durcheinanderwarf, in¬
deß oben die stille Sonne zusah; -- so wer¬
de! Das Herz ist der Sturm, der Himmel das
Ich.

Glaubst Du, daß die Romanen- und Tra¬
gödienschreiber, nämlich die Genies darunter,
die Alles, Gottheit und Menschheit, tausendmal
durch- und nachgeäfft haben, anders sind als
ich? Was sie -- und die Weltleute noch
reel erhält, ist der Hunger nach Geld und nach

die Entzückungen, denen man zuſieht; zumal
unter einer, in der Liebe.

Da Du ſo leicht jede Verſchiedenheit von Dir
für Entkräftung hältſt: ſo ſag' ich Dir gerade
heraus: ſteige nur weiter, knäte Dich nur mehr
durch, hebe nur den Kopf aus den heißen Wo¬
gen der Gefühle höher, dann wirſt Du Dich nicht
mehr in ſie zerlaufen, ſondern ſie allein verwal¬
ten laſſen. Es giebt einen kalten, kecken Geiſt im
Menſchen, den Nichts etwas angeht, nicht einmal
die Tugend; denn er wählt ſie erſt und er iſt
ihr Schöpfer, nicht ihr Geſchöpf. Ich erlebte
einmal auf dem Meer einen Sturm, wo das
ganze Waſſer ſich wüthend und zackig und
ſchäumend aufriß und durcheinanderwarf, in¬
deß oben die ſtille Sonne zuſah; — ſo wer¬
de! Das Herz iſt der Sturm, der Himmel das
Ich.

Glaubſt Du, daß die Romanen- und Tra¬
gödienſchreiber, nämlich die Genies darunter,
die Alles, Gottheit und Menſchheit, tauſendmal
durch- und nachgeäfft haben, anders ſind als
ich? Was ſie — und die Weltleute noch
reel erhält, iſt der Hunger nach Geld und nach

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[280/0292] die Entzückungen, denen man zuſieht; zumal unter einer, in der Liebe. Da Du ſo leicht jede Verſchiedenheit von Dir für Entkräftung hältſt: ſo ſag' ich Dir gerade heraus: ſteige nur weiter, knäte Dich nur mehr durch, hebe nur den Kopf aus den heißen Wo¬ gen der Gefühle höher, dann wirſt Du Dich nicht mehr in ſie zerlaufen, ſondern ſie allein verwal¬ ten laſſen. Es giebt einen kalten, kecken Geiſt im Menſchen, den Nichts etwas angeht, nicht einmal die Tugend; denn er wählt ſie erſt und er iſt ihr Schöpfer, nicht ihr Geſchöpf. Ich erlebte einmal auf dem Meer einen Sturm, wo das ganze Waſſer ſich wüthend und zackig und ſchäumend aufriß und durcheinanderwarf, in¬ deß oben die ſtille Sonne zuſah; — ſo wer¬ de! Das Herz iſt der Sturm, der Himmel das Ich. Glaubſt Du, daß die Romanen- und Tra¬ gödienſchreiber, nämlich die Genies darunter, die Alles, Gottheit und Menſchheit, tauſendmal durch- und nachgeäfft haben, anders ſind als ich? Was ſie — und die Weltleute noch reel erhält, iſt der Hunger nach Geld und nach

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/292>, abgerufen am 24.11.2024.