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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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Sonst -- und von diesen Milderungen ab¬
gesehen -- steckt wohl Manches in seiner Hand¬
lung, was ich nicht vertheidige.

Der Abend erschien. Die Ministerin gieng
am ehelichen Arme an den Hof. -- Die neue
Kammerjungfer hatte als Brautführerin Bou¬
verots schon vor drei Tagen die nöthigsten An¬
stalten gemacht, oder Spitzbübereien -- sie hat¬
te ihm Lianens Briefe an Albano sehr leicht,
da die Mutter aus Gewohnheit ein gegenwär¬
tiges Auge für ein sehendes hielt, vorleihen und
er sich daraus die historischen Züge oder Farben-
Tusche abholen können, womit er sich bei einer
Erkennung auf dem Theater vor der Blinden
den Anstrich ihres Helden, nämlich Albano's,
geben konnte -- mit Roquairol hatt' er oft ge¬
nug gespielt, um dessen Stimme, mithin Alba¬
no's seine in der Gewalt zu haben.

Mich dünkt, seine Rüsttage vor dem Fest¬
abend waren zweckmäßig hingebracht.

Er konnte, da kleine Residenzen früher Thee
trinken, schon so früh erscheinen als ein Mini¬
aturmaler im September durchaus muß. Als

Titan III. O.

Sonſt — und von dieſen Milderungen ab¬
geſehen — ſteckt wohl Manches in ſeiner Hand¬
lung, was ich nicht vertheidige.

Der Abend erſchien. Die Miniſterin gieng
am ehelichen Arme an den Hof. — Die neue
Kammerjungfer hatte als Brautführerin Bou¬
verots ſchon vor drei Tagen die nöthigſten An¬
ſtalten gemacht, oder Spitzbübereien — ſie hat¬
te ihm Lianens Briefe an Albano ſehr leicht,
da die Mutter aus Gewohnheit ein gegenwär¬
tiges Auge für ein ſehendes hielt, vorleihen und
er ſich daraus die hiſtoriſchen Züge oder Farben-
Tuſche abholen können, womit er ſich bei einer
Erkennung auf dem Theater vor der Blinden
den Anſtrich ihres Helden, nämlich Albano's,
geben konnte — mit Roquairol hatt' er oft ge¬
nug geſpielt, um deſſen Stimme, mithin Alba¬
no's ſeine in der Gewalt zu haben.

Mich dünkt, ſeine Rüſttage vor dem Feſt¬
abend waren zweckmäßig hingebracht.

Er konnte, da kleine Reſidenzen früher Thée
trinken, ſchon ſo früh erſcheinen als ein Mini¬
aturmaler im September durchaus muß. Als

Titan III. O.
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[241/0253] Sonſt — und von dieſen Milderungen ab¬ geſehen — ſteckt wohl Manches in ſeiner Hand¬ lung, was ich nicht vertheidige. Der Abend erſchien. Die Miniſterin gieng am ehelichen Arme an den Hof. — Die neue Kammerjungfer hatte als Brautführerin Bou¬ verots ſchon vor drei Tagen die nöthigſten An¬ ſtalten gemacht, oder Spitzbübereien — ſie hat¬ te ihm Lianens Briefe an Albano ſehr leicht, da die Mutter aus Gewohnheit ein gegenwär¬ tiges Auge für ein ſehendes hielt, vorleihen und er ſich daraus die hiſtoriſchen Züge oder Farben- Tuſche abholen können, womit er ſich bei einer Erkennung auf dem Theater vor der Blinden den Anſtrich ihres Helden, nämlich Albano's, geben konnte — mit Roquairol hatt' er oft ge¬ nug geſpielt, um deſſen Stimme, mithin Alba¬ no's ſeine in der Gewalt zu haben. Mich dünkt, ſeine Rüſttage vor dem Feſt¬ abend waren zweckmäßig hingebracht. Er konnte, da kleine Reſidenzen früher Thée trinken, ſchon ſo früh erſcheinen als ein Mini¬ aturmaler im September durchaus muß. Als Titan III. O.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/253>, abgerufen am 15.06.2024.