Sonst -- und von diesen Milderungen ab¬ gesehen -- steckt wohl Manches in seiner Hand¬ lung, was ich nicht vertheidige.
Der Abend erschien. Die Ministerin gieng am ehelichen Arme an den Hof. -- Die neue Kammerjungfer hatte als Brautführerin Bou¬ verots schon vor drei Tagen die nöthigsten An¬ stalten gemacht, oder Spitzbübereien -- sie hat¬ te ihm Lianens Briefe an Albano sehr leicht, da die Mutter aus Gewohnheit ein gegenwär¬ tiges Auge für ein sehendes hielt, vorleihen und er sich daraus die historischen Züge oder Farben- Tusche abholen können, womit er sich bei einer Erkennung auf dem Theater vor der Blinden den Anstrich ihres Helden, nämlich Albano's, geben konnte -- mit Roquairol hatt' er oft ge¬ nug gespielt, um dessen Stimme, mithin Alba¬ no's seine in der Gewalt zu haben.
Mich dünkt, seine Rüsttage vor dem Fest¬ abend waren zweckmäßig hingebracht.
Er konnte, da kleine Residenzen früher Thee trinken, schon so früh erscheinen als ein Mini¬ aturmaler im September durchaus muß. Als
Titan III. O.
Sonſt — und von dieſen Milderungen ab¬ geſehen — ſteckt wohl Manches in ſeiner Hand¬ lung, was ich nicht vertheidige.
Der Abend erſchien. Die Miniſterin gieng am ehelichen Arme an den Hof. — Die neue Kammerjungfer hatte als Brautführerin Bou¬ verots ſchon vor drei Tagen die nöthigſten An¬ ſtalten gemacht, oder Spitzbübereien — ſie hat¬ te ihm Lianens Briefe an Albano ſehr leicht, da die Mutter aus Gewohnheit ein gegenwär¬ tiges Auge für ein ſehendes hielt, vorleihen und er ſich daraus die hiſtoriſchen Züge oder Farben- Tuſche abholen können, womit er ſich bei einer Erkennung auf dem Theater vor der Blinden den Anſtrich ihres Helden, nämlich Albano's, geben konnte — mit Roquairol hatt' er oft ge¬ nug geſpielt, um deſſen Stimme, mithin Alba¬ no's ſeine in der Gewalt zu haben.
Mich dünkt, ſeine Rüſttage vor dem Feſt¬ abend waren zweckmäßig hingebracht.
Er konnte, da kleine Reſidenzen früher Thée trinken, ſchon ſo früh erſcheinen als ein Mini¬ aturmaler im September durchaus muß. Als
Titan III. O.
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Sonſt — und von dieſen Milderungen ab¬
geſehen — ſteckt wohl Manches in ſeiner Hand¬
lung, was ich nicht vertheidige.
Der Abend erſchien. Die Miniſterin gieng
am ehelichen Arme an den Hof. — Die neue
Kammerjungfer hatte als Brautführerin Bou¬
verots ſchon vor drei Tagen die nöthigſten An¬
ſtalten gemacht, oder Spitzbübereien — ſie hat¬
te ihm Lianens Briefe an Albano ſehr leicht,
da die Mutter aus Gewohnheit ein gegenwär¬
tiges Auge für ein ſehendes hielt, vorleihen und
er ſich daraus die hiſtoriſchen Züge oder Farben-
Tuſche abholen können, womit er ſich bei einer
Erkennung auf dem Theater vor der Blinden
den Anſtrich ihres Helden, nämlich Albano's,
geben konnte — mit Roquairol hatt' er oft ge¬
nug geſpielt, um deſſen Stimme, mithin Alba¬
no's ſeine in der Gewalt zu haben.
Mich dünkt, ſeine Rüſttage vor dem Feſt¬
abend waren zweckmäßig hingebracht.
Er konnte, da kleine Reſidenzen früher Thée
trinken, ſchon ſo früh erſcheinen als ein Mini¬
aturmaler im September durchaus muß. Als
Titan III. O.
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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/253>, abgerufen am 24.11.2024.
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