Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

nur heute keine Antwort, lieber Graf" sagte sie
zurückkehrend und nahm eilig Augusti's Arm;
aber er merkte nicht, daß sie es that, um nicht
zu sinken. Hier warf er auf diesen einen Flam¬
menblick, hoffend, beleidigt und dann gerächt
zu werden -- verließ sie hastig und stumm --
den süßesten Liebes-Wein hatte ein heisser
Strahl zu Essig geschärft -- und er verlief sich
ohn' es zu wissen, in den Traum-Tempel.

Er gieng darin auf und ab, murmelte je
ne suis qu'un songe
; wurde aber bald vom
Hasse der mitlaufenden Spiegel-Ichs hinaus¬
getrieben in den Tartarus, und von dem nach¬
fliegenden ewigen Frühling der Töne, der ihm
jetzt neben dem umhergeackerten Blumenbeete
des Lebens so unerträglich war.

Im Tartarus fand er alle Anstalten des
Schreckens sehr kleinlich und lächerlich. Da ka¬
men ihm unweit des Katakombenganges Ro¬
quairol und Rabette entgegen. Roquairols
flammendes Gesicht erlosch und Rabetten ihres
kehrte sich rückwärts, da Albano heftig gegen
sie hinschritt und durch die Erinnerung gleichzei¬
tiger Himmel mehr erbittert und durch das An¬

nur heute keine Antwort, lieber Graf“ ſagte ſie
zurückkehrend und nahm eilig Auguſti's Arm;
aber er merkte nicht, daß ſie es that, um nicht
zu ſinken. Hier warf er auf dieſen einen Flam¬
menblick, hoffend, beleidigt und dann gerächt
zu werden — verließ ſie haſtig und ſtumm —
den ſüßeſten Liebes-Wein hatte ein heiſſer
Strahl zu Eſſig geſchärft — und er verlief ſich
ohn' es zu wiſſen, in den Traum-Tempel.

Er gieng darin auf und ab, murmelte je
ne suis qu'un songe
; wurde aber bald vom
Haſſe der mitlaufenden Spiegel-Ichs hinaus¬
getrieben in den Tartarus, und von dem nach¬
fliegenden ewigen Frühling der Töne, der ihm
jetzt neben dem umhergeackerten Blumenbeete
des Lebens ſo unerträglich war.

Im Tartarus fand er alle Anſtalten des
Schreckens ſehr kleinlich und lächerlich. Da ka¬
men ihm unweit des Katakombenganges Ro¬
quairol und Rabette entgegen. Roquairols
flammendes Geſicht erloſch und Rabetten ihres
kehrte ſich rückwärts, da Albano heftig gegen
ſie hinſchritt und durch die Erinnerung gleichzei¬
tiger Himmel mehr erbittert und durch das An¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0192" n="180"/>
nur heute keine Antwort, lieber Graf&#x201C; &#x017F;agte &#x017F;ie<lb/>
zurückkehrend und nahm eilig Augu&#x017F;ti's Arm;<lb/>
aber er merkte nicht, daß &#x017F;ie es that, um nicht<lb/>
zu &#x017F;inken. Hier warf er auf die&#x017F;en einen Flam¬<lb/>
menblick, hoffend, beleidigt und dann gerächt<lb/>
zu werden &#x2014; verließ &#x017F;ie ha&#x017F;tig und &#x017F;tumm &#x2014;<lb/>
den &#x017F;üße&#x017F;ten Liebes-Wein hatte ein hei&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Strahl zu E&#x017F;&#x017F;ig ge&#x017F;chärft &#x2014; und er verlief &#x017F;ich<lb/>
ohn' es zu wi&#x017F;&#x017F;en, in den Traum-Tempel.</p><lb/>
          <p>Er gieng darin auf und ab, murmelte <hi rendition="#aq">je<lb/>
ne suis qu'un songe</hi>; wurde aber bald vom<lb/>
Ha&#x017F;&#x017F;e der mitlaufenden Spiegel-Ichs hinaus¬<lb/>
getrieben in den Tartarus, und von dem nach¬<lb/>
fliegenden ewigen Frühling der Töne, der ihm<lb/>
jetzt neben dem umhergeackerten Blumenbeete<lb/>
des Lebens &#x017F;o unerträglich war.</p><lb/>
          <p>Im Tartarus fand er alle An&#x017F;talten des<lb/>
Schreckens &#x017F;ehr kleinlich und lächerlich. Da ka¬<lb/>
men ihm unweit des Katakombenganges Ro¬<lb/>
quairol und Rabette entgegen. Roquairols<lb/>
flammendes Ge&#x017F;icht erlo&#x017F;ch und Rabetten ihres<lb/>
kehrte &#x017F;ich rückwärts, da Albano heftig gegen<lb/>
&#x017F;ie hin&#x017F;chritt und durch die Erinnerung gleichzei¬<lb/>
tiger Himmel mehr erbittert und durch das An¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180/0192] nur heute keine Antwort, lieber Graf“ ſagte ſie zurückkehrend und nahm eilig Auguſti's Arm; aber er merkte nicht, daß ſie es that, um nicht zu ſinken. Hier warf er auf dieſen einen Flam¬ menblick, hoffend, beleidigt und dann gerächt zu werden — verließ ſie haſtig und ſtumm — den ſüßeſten Liebes-Wein hatte ein heiſſer Strahl zu Eſſig geſchärft — und er verlief ſich ohn' es zu wiſſen, in den Traum-Tempel. Er gieng darin auf und ab, murmelte je ne suis qu'un songe; wurde aber bald vom Haſſe der mitlaufenden Spiegel-Ichs hinaus¬ getrieben in den Tartarus, und von dem nach¬ fliegenden ewigen Frühling der Töne, der ihm jetzt neben dem umhergeackerten Blumenbeete des Lebens ſo unerträglich war. Im Tartarus fand er alle Anſtalten des Schreckens ſehr kleinlich und lächerlich. Da ka¬ men ihm unweit des Katakombenganges Ro¬ quairol und Rabette entgegen. Roquairols flammendes Geſicht erloſch und Rabetten ihres kehrte ſich rückwärts, da Albano heftig gegen ſie hinſchritt und durch die Erinnerung gleichzei¬ tiger Himmel mehr erbittert und durch das An¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/192
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/192>, abgerufen am 24.11.2024.