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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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Sie sprach mit dem Sohne ohne alle Ver¬
legenheit über den, von ihr und ihrem Hofe
mit einem (Blumen-) Korbe beschenkten Vließ-
Ritter und rühmte dessen Kenntnisse der Kunst.
"Die Kunst (sagte sie) macht am Ende alle
"Länder gleich und angenehm. Sobald sie nur
"da ist, denkt man an weiter Nichts. In Dres¬
"den in der innern Gallerie glaubt' ich recht ei¬
gentlich, ich wäre im fröhlichen Italien. Ja,
"wenn man dahin käme, würde man sogar Ita¬
"lien vergessen über Alles was man da hat."
Albano antwortete: "ich weiß, ich werde mich
"auch einmal im Most der Kunst berauschen
"und durch sie glühen, aber für jetzt ist sie bloß
"ein schöner, blühender Weinberg für mich, des¬
"sen Kräfte ich gewiß voraus weiß, ohne sie
"noch zu fühlen." -- Die Fürstin gewann so
sehr seine Achtung, daß er ihr, als der Fürst ei¬
nige Schritte ferner am Fenster die heranschwel¬
lende Fluth des Pestizer Gefolges besah, die
Frage that, wie ihrem Kunstsinn bei den deut¬
schen Zeremonien ihres Standes zu Muthe wer¬
de: "sagen Sie mir, (sagte sie leicht,) welcher
"Stand unter uns nicht eben so viele hat, und

Sie ſprach mit dem Sohne ohne alle Ver¬
legenheit über den, von ihr und ihrem Hofe
mit einem (Blumen-) Korbe beſchenkten Vließ-
Ritter und rühmte deſſen Kenntniſſe der Kunſt.
„Die Kunſt (ſagte ſie) macht am Ende alle
„Länder gleich und angenehm. Sobald ſie nur
„da iſt, denkt man an weiter Nichts. In Dres¬
„den in der innern Gallerie glaubt' ich recht ei¬
gentlich, ich wäre im fröhlichen Italien. Ja,
„wenn man dahin käme, würde man ſogar Ita¬
„lien vergeſſen über Alles was man da hat.“
Albano antwortete: „ich weiß, ich werde mich
„auch einmal im Moſt der Kunſt berauſchen
„und durch ſie glühen, aber für jetzt iſt ſie bloß
„ein ſchöner, blühender Weinberg für mich, des¬
„ſen Kräfte ich gewiß voraus weiß, ohne ſie
„noch zu fühlen.“ — Die Fürſtin gewann ſo
ſehr ſeine Achtung, daß er ihr, als der Fürſt ei¬
nige Schritte ferner am Fenſter die heranſchwel¬
lende Fluth des Peſtizer Gefolges beſah, die
Frage that, wie ihrem Kunſtſinn bei den deut¬
ſchen Zeremonien ihres Standes zu Muthe wer¬
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[156/0168] Sie ſprach mit dem Sohne ohne alle Ver¬ legenheit über den, von ihr und ihrem Hofe mit einem (Blumen-) Korbe beſchenkten Vließ- Ritter und rühmte deſſen Kenntniſſe der Kunſt. „Die Kunſt (ſagte ſie) macht am Ende alle „Länder gleich und angenehm. Sobald ſie nur „da iſt, denkt man an weiter Nichts. In Dres¬ „den in der innern Gallerie glaubt' ich recht ei¬ gentlich, ich wäre im fröhlichen Italien. Ja, „wenn man dahin käme, würde man ſogar Ita¬ „lien vergeſſen über Alles was man da hat.“ Albano antwortete: „ich weiß, ich werde mich „auch einmal im Moſt der Kunſt berauſchen „und durch ſie glühen, aber für jetzt iſt ſie bloß „ein ſchöner, blühender Weinberg für mich, des¬ „ſen Kräfte ich gewiß voraus weiß, ohne ſie „noch zu fühlen.“ — Die Fürſtin gewann ſo ſehr ſeine Achtung, daß er ihr, als der Fürſt ei¬ nige Schritte ferner am Fenſter die heranſchwel¬ lende Fluth des Peſtizer Gefolges beſah, die Frage that, wie ihrem Kunſtſinn bei den deut¬ ſchen Zeremonien ihres Standes zu Muthe wer¬ de: „ſagen Sie mir, (ſagte ſie leicht,) welcher „Stand unter uns nicht eben ſo viele hat, und

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/168>, abgerufen am 24.11.2024.