Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

allen Naturforschern -- nicht bei den Politikern
-- durch die langen Arme, welche bekanntlich
dieser Molucken-Besitzer und Affe trägt. Wo
ist mein Gibbon, fragte die Fürstin gewöhnlich,
(gesetzt, daß sie auch den englischen Namensvet¬
ter, den Geschichtsschreiber mit langen Nägeln
und kurzen Sätzen gegen die Christen, in der
Hand hatte,) denn sie verlangte ihren Lang¬
arm.

Endlich kam sie, daher gesprengt -- im Fe¬
derbusch -- im Reitrock -- auf dem schönsten
Engländer -- eine große majestätische Gestalt,
die unbekümmert um ihr, obwohl mit Verwand¬
ten befrachtetes Cour-Gefolge lieber der blau¬
en Morgensonne hinter einem aufsteigenden
Pferd- und Schwanenhals hatte entgegen schau¬
en wollen. Sie gab dem Bräutigamsrock an¬
ständig Gruß und Kuß, aber weder gerührt,
noch verstellt, noch verlegen, sondern recht frei
und frank und froh, zu weit über die Lächerlich¬
keit ihres genealogischen Mißverhältnisses er¬
haben, ja sogar über jedes nothdürftige oder
gebotene. In ihrem sonst schön gebauten--mehr

allen Naturforſchern — nicht bei den Politikern
— durch die langen Arme, welche bekanntlich
dieſer Molucken-Beſitzer und Affe trägt. Wo
iſt mein Gibbon, fragte die Fürſtin gewöhnlich,
(geſetzt, daß ſie auch den engliſchen Namensvet¬
ter, den Geſchichtsſchreiber mit langen Nägeln
und kurzen Sätzen gegen die Chriſten, in der
Hand hatte,) denn ſie verlangte ihren Lang¬
arm.

Endlich kam ſie, daher geſprengt — im Fe¬
derbuſch — im Reitrock — auf dem ſchönſten
Engländer — eine große majeſtätiſche Geſtalt,
die unbekümmert um ihr, obwohl mit Verwand¬
ten befrachtetes Cour-Gefolge lieber der blau¬
en Morgenſonne hinter einem aufſteigenden
Pferd- und Schwanenhals hatte entgegen ſchau¬
en wollen. Sie gab dem Bräutigamsrock an¬
ſtändig Gruß und Kuß, aber weder gerührt,
noch verſtellt, noch verlegen, ſondern recht frei
und frank und froh, zu weit über die Lächerlich¬
keit ihres genealogiſchen Mißverhältniſſes er¬
haben, ja ſogar über jedes nothdürftige oder
gebotene. In ihrem ſonſt ſchön gebauten—mehr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0166" n="154"/>
allen Naturfor&#x017F;chern &#x2014; nicht bei den Politikern<lb/>
&#x2014; durch die langen Arme, welche bekanntlich<lb/>
die&#x017F;er Molucken-Be&#x017F;itzer und Affe trägt. Wo<lb/>
i&#x017F;t mein Gibbon, fragte die Für&#x017F;tin gewöhnlich,<lb/>
(ge&#x017F;etzt, daß &#x017F;ie auch den engli&#x017F;chen Namensvet¬<lb/>
ter, den Ge&#x017F;chichts&#x017F;chreiber mit langen Nägeln<lb/>
und kurzen Sätzen gegen die Chri&#x017F;ten, in der<lb/>
Hand hatte,) denn &#x017F;ie verlangte ihren Lang¬<lb/>
arm.</p><lb/>
          <p>Endlich kam &#x017F;ie, daher ge&#x017F;prengt &#x2014; im Fe¬<lb/>
derbu&#x017F;ch &#x2014; im Reitrock &#x2014; auf dem &#x017F;chön&#x017F;ten<lb/>
Engländer &#x2014; eine große maje&#x017F;täti&#x017F;che Ge&#x017F;talt,<lb/>
die unbekümmert um ihr, obwohl mit Verwand¬<lb/>
ten befrachtetes Cour-Gefolge lieber der blau¬<lb/>
en Morgen&#x017F;onne hinter einem auf&#x017F;teigenden<lb/>
Pferd- und Schwanenhals hatte entgegen &#x017F;chau¬<lb/>
en wollen. Sie gab dem Bräutigamsrock an¬<lb/>
&#x017F;tändig Gruß und Kuß, aber weder gerührt,<lb/>
noch ver&#x017F;tellt, noch verlegen, &#x017F;ondern recht frei<lb/>
und frank und froh, zu weit über die Lächerlich¬<lb/>
keit ihres genealogi&#x017F;chen Mißverhältni&#x017F;&#x017F;es er¬<lb/>
haben, ja &#x017F;ogar über jedes nothdürftige oder<lb/>
gebotene. In ihrem &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;chön gebauten&#x2014;mehr<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[154/0166] allen Naturforſchern — nicht bei den Politikern — durch die langen Arme, welche bekanntlich dieſer Molucken-Beſitzer und Affe trägt. Wo iſt mein Gibbon, fragte die Fürſtin gewöhnlich, (geſetzt, daß ſie auch den engliſchen Namensvet¬ ter, den Geſchichtsſchreiber mit langen Nägeln und kurzen Sätzen gegen die Chriſten, in der Hand hatte,) denn ſie verlangte ihren Lang¬ arm. Endlich kam ſie, daher geſprengt — im Fe¬ derbuſch — im Reitrock — auf dem ſchönſten Engländer — eine große majeſtätiſche Geſtalt, die unbekümmert um ihr, obwohl mit Verwand¬ ten befrachtetes Cour-Gefolge lieber der blau¬ en Morgenſonne hinter einem aufſteigenden Pferd- und Schwanenhals hatte entgegen ſchau¬ en wollen. Sie gab dem Bräutigamsrock an¬ ſtändig Gruß und Kuß, aber weder gerührt, noch verſtellt, noch verlegen, ſondern recht frei und frank und froh, zu weit über die Lächerlich¬ keit ihres genealogiſchen Mißverhältniſſes er¬ haben, ja ſogar über jedes nothdürftige oder gebotene. In ihrem ſonſt ſchön gebauten—mehr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/166
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/166>, abgerufen am 24.11.2024.