ling! ein Fürst macht sich leichter von Men¬ schen loß, die er liebt, als von solchen, die er recht lange hasset, denn seine Furcht ist stärker als seine Liebe. --
Der großherzige, nie eng- immer weitbrü¬ stige Jüngling fand heute in seiner feierlichen, schmerzlichen Stimmung alles Tragische, Edle und Unedle größer als es war. Er zeigte zwar nur ein feuriges Auge und heiteres Angesicht, weil er zu jung und schamhaft war, persönli¬ chen Schmerz prunkend auszulegen; aber un¬ ter dem Auge, das sich nach der hohen Wetter¬ scheide richtete, an der heute sein dunkles Gewöl¬ ke auseinandergehen oder zu ihm herunterkom¬ men sollte, brannte der Tropfe. Der heutige Abend, in den er so oft hineingesehen als in ei¬ ne Hölle, und eben so oft als in einen Him¬ mel, stand jetzt als ein verworrenes Mittelding von beiden so nahe, und doch hart an ihm! -- Ein Gewimmel verwandter Gefühle begleitete ihn zu der (nach seiner Meinung unglücklichen) Braut seines -- Vaters und dieses Fürsten.
Eine Viertels-Meile jenseits Hohenflies fuhr schon ihr -- Gibbon voraus, bekannt bei
ling! ein Fürſt macht ſich leichter von Men¬ ſchen loß, die er liebt, als von ſolchen, die er recht lange haſſet, denn ſeine Furcht iſt ſtärker als ſeine Liebe. —
Der großherzige, nie eng- immer weitbrü¬ ſtige Jüngling fand heute in ſeiner feierlichen, ſchmerzlichen Stimmung alles Tragiſche, Edle und Unedle größer als es war. Er zeigte zwar nur ein feuriges Auge und heiteres Angeſicht, weil er zu jung und ſchamhaft war, perſönli¬ chen Schmerz prunkend auszulegen; aber un¬ ter dem Auge, das ſich nach der hohen Wetter¬ ſcheide richtete, an der heute ſein dunkles Gewöl¬ ke auseinandergehen oder zu ihm herunterkom¬ men ſollte, brannte der Tropfe. Der heutige Abend, in den er ſo oft hineingeſehen als in ei¬ ne Hölle, und eben ſo oft als in einen Him¬ mel, ſtand jetzt als ein verworrenes Mittelding von beiden ſo nahe, und doch hart an ihm! — Ein Gewimmel verwandter Gefühle begleitete ihn zu der (nach ſeiner Meinung unglücklichen) Braut ſeines — Vaters und dieſes Fürſten.
Eine Viertels-Meile jenſeits Hohenflies fuhr ſchon ihr — Gibbon voraus, bekannt bei
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ling! ein Fürſt macht ſich leichter von Men¬
ſchen loß, die er liebt, als von ſolchen, die er
recht lange haſſet, denn ſeine Furcht iſt ſtärker
als ſeine Liebe. —
Der großherzige, nie eng- immer weitbrü¬
ſtige Jüngling fand heute in ſeiner feierlichen,
ſchmerzlichen Stimmung alles Tragiſche, Edle
und Unedle größer als es war. Er zeigte zwar
nur ein feuriges Auge und heiteres Angeſicht,
weil er zu jung und ſchamhaft war, perſönli¬
chen Schmerz prunkend auszulegen; aber un¬
ter dem Auge, das ſich nach der hohen Wetter¬
ſcheide richtete, an der heute ſein dunkles Gewöl¬
ke auseinandergehen oder zu ihm herunterkom¬
men ſollte, brannte der Tropfe. Der heutige
Abend, in den er ſo oft hineingeſehen als in ei¬
ne Hölle, und eben ſo oft als in einen Him¬
mel, ſtand jetzt als ein verworrenes Mittelding
von beiden ſo nahe, und doch hart an ihm! —
Ein Gewimmel verwandter Gefühle begleitete
ihn zu der (nach ſeiner Meinung unglücklichen)
Braut ſeines — Vaters und dieſes Fürſten.
Eine Viertels-Meile jenſeits Hohenflies
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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/165>, abgerufen am 24.11.2024.
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