wollte nicht aus ihm fahren. Er war im Stan¬ de, die Kleidergeißel, womit der Bediente we¬ nige Stäubchen im Staatsrocke sitzen lassen, gegen die Livree selber in Schwung zu setzen; noch gefährlicher wars -- weil er zwischen zwei Spiegeln saß, dem Friseur und dem großen Spiegel im Ofenschirm --, auf seine eigne Wolle den Staub recht aufzutragen; und am schwersten wurd' er vom Putze seiner Kinder be¬ friedigt. -- Liane als Zeichnerin mußte ihm nun jetzt die rechte Farbe eines neuen Überbalgs vorschlagen -- Sachets oder Riechsäcke ließ er füllen und mit diesen die Schubsäcke -- und ei¬ nen Moschuspflanzen-Topf in sein Fenster stel¬ len, nicht weil er die Blätter zum Riechen (das erwartete er von seinen Fingern) sondern weil er sie zum Einölen für diese durch Reiben brau¬ chen wollte -- Patentpomade für Fäuste und englisches gepreßtes Zier-Papier auch für diese (wenn sie eine Billetdour-Feder ansetzen woll¬ ten) und andere Nippes erregten weniger Auf¬ merksamkeit als der Schnupftabak, den er sich anschaffte, aber nicht für die Nase, sondern für die Lippen, um solche roth zu reiben. -- In
wollte nicht aus ihm fahren. Er war im Stan¬ de, die Kleidergeißel, womit der Bediente we¬ nige Stäubchen im Staatsrocke ſitzen laſſen, gegen die Livree ſelber in Schwung zu ſetzen; noch gefährlicher wars — weil er zwiſchen zwei Spiegeln ſaß, dem Friſeur und dem großen Spiegel im Ofenſchirm —, auf ſeine eigne Wolle den Staub recht aufzutragen; und am ſchwerſten wurd' er vom Putze ſeiner Kinder be¬ friedigt. — Liane als Zeichnerin mußte ihm nun jetzt die rechte Farbe eines neuen Überbalgs vorſchlagen — Sachets oder Riechſäcke ließ er füllen und mit dieſen die Schubſäcke — und ei¬ nen Moſchuspflanzen-Topf in ſein Fenſter ſtel¬ len, nicht weil er die Blätter zum Riechen (das erwartete er von ſeinen Fingern) ſondern weil er ſie zum Einölen für dieſe durch Reiben brau¬ chen wollte — Patentpomade für Fäuſte und engliſches gepreßtes Zier-Papier auch für dieſe (wenn ſie eine Billetdour-Feder anſetzen woll¬ ten) und andere Nippes erregten weniger Auf¬ merkſamkeit als der Schnupftabak, den er ſich anſchaffte, aber nicht für die Naſe, ſondern für die Lippen, um ſolche roth zu reiben. — In
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0154"n="142"/>
wollte nicht aus ihm fahren. Er war im Stan¬<lb/>
de, die Kleidergeißel, womit der Bediente we¬<lb/>
nige Stäubchen im Staatsrocke ſitzen laſſen,<lb/>
gegen die Livree ſelber in Schwung zu ſetzen;<lb/>
noch gefährlicher wars — weil er zwiſchen zwei<lb/>
Spiegeln ſaß, dem Friſeur und dem großen<lb/>
Spiegel im Ofenſchirm —, auf ſeine eigne<lb/>
Wolle den Staub recht aufzutragen; und am<lb/>ſchwerſten wurd' er vom Putze ſeiner Kinder be¬<lb/>
friedigt. — Liane als Zeichnerin mußte ihm nun<lb/>
jetzt die rechte Farbe eines neuen Überbalgs<lb/>
vorſchlagen —<hirendition="#aq">Sachets</hi> oder Riechſäcke ließ er<lb/>
füllen und mit dieſen die Schubſäcke — und ei¬<lb/>
nen Moſchuspflanzen-Topf in ſein Fenſter ſtel¬<lb/>
len, nicht weil er die Blätter zum Riechen (das<lb/>
erwartete er von ſeinen Fingern) ſondern weil<lb/>
er ſie zum Einölen für dieſe durch Reiben brau¬<lb/>
chen wollte — Patentpomade für Fäuſte und<lb/>
engliſches gepreßtes Zier-Papier auch für dieſe<lb/>
(wenn ſie eine Billetdour-Feder anſetzen woll¬<lb/>
ten) und andere Nippes erregten weniger Auf¬<lb/>
merkſamkeit als der Schnupftabak, den er ſich<lb/>
anſchaffte, aber nicht für die Naſe, ſondern für<lb/>
die Lippen, um ſolche roth zu reiben. — In<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[142/0154]
wollte nicht aus ihm fahren. Er war im Stan¬
de, die Kleidergeißel, womit der Bediente we¬
nige Stäubchen im Staatsrocke ſitzen laſſen,
gegen die Livree ſelber in Schwung zu ſetzen;
noch gefährlicher wars — weil er zwiſchen zwei
Spiegeln ſaß, dem Friſeur und dem großen
Spiegel im Ofenſchirm —, auf ſeine eigne
Wolle den Staub recht aufzutragen; und am
ſchwerſten wurd' er vom Putze ſeiner Kinder be¬
friedigt. — Liane als Zeichnerin mußte ihm nun
jetzt die rechte Farbe eines neuen Überbalgs
vorſchlagen — Sachets oder Riechſäcke ließ er
füllen und mit dieſen die Schubſäcke — und ei¬
nen Moſchuspflanzen-Topf in ſein Fenſter ſtel¬
len, nicht weil er die Blätter zum Riechen (das
erwartete er von ſeinen Fingern) ſondern weil
er ſie zum Einölen für dieſe durch Reiben brau¬
chen wollte — Patentpomade für Fäuſte und
engliſches gepreßtes Zier-Papier auch für dieſe
(wenn ſie eine Billetdour-Feder anſetzen woll¬
ten) und andere Nippes erregten weniger Auf¬
merkſamkeit als der Schnupftabak, den er ſich
anſchaffte, aber nicht für die Naſe, ſondern für
die Lippen, um ſolche roth zu reiben. — In
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/154>, abgerufen am 17.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.