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Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.

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äffung erst die rechte Wirklichkeit schien: wie
glühend und tief brannt' er sich dadurch in sei¬
nes Freundes Seele ein! (Guter Albano! Diese
Kunst, sein eigner revenant, sein Vexir- und
After-Ich zu werden, und die Prachtausgabe
des eignen Lebens nachzudrucken, hätte Dir klei¬
nere Hofnungen verstatten sollen!) -- Der
Graf mußte in der ernsthaftesten Sozietät, die
je um ihn saß, ausbrechen in ein unschickli¬
ches -- Weinen. Und warum legte Karl Al¬
bano's Worte in jener Nacht der zauberisch¬
gerührten Liane in den Mund und machte
die Liebe durch so viele Reize groß bis zum
Schmerz? --

Selber der deutsche Herr gab Lianen, die¬
sem weissen Schwan, der erröthend durch das
Abendroth des Phöbus schwamm, mehrere
laute und dem Grafen verdrüßliche Zeichen des
Beifalls. Der Minister war hauptsächlich froh,
daß das alles zu seiner Ehre vorfalle und daß
die Pointe des letzten Aktes, ihm noch einen
ganz besondern epigrammatischen Lorbeerkranz
auf den Scheitel werfen müsse.

Er überkam den Kranz. -- Das Kinder¬

äffung erſt die rechte Wirklichkeit ſchien: wie
glühend und tief brannt' er ſich dadurch in ſei¬
nes Freundes Seele ein! (Guter Albano! Dieſe
Kunſt, ſein eigner révenant, ſein Vexir- und
After-Ich zu werden, und die Prachtausgabe
des eignen Lebens nachzudrucken, hätte Dir klei¬
nere Hofnungen verſtatten ſollen!) — Der
Graf mußte in der ernſthafteſten Sozietät, die
je um ihn ſaß, ausbrechen in ein unſchickli¬
ches — Weinen. Und warum legte Karl Al¬
bano's Worte in jener Nacht der zauberiſch¬
gerührten Liane in den Mund und machte
die Liebe durch ſo viele Reize groß bis zum
Schmerz? —

Selber der deutſche Herr gab Lianen, die¬
ſem weiſſen Schwan, der erröthend durch das
Abendroth des Phöbus ſchwamm, mehrere
laute und dem Grafen verdrüßliche Zeichen des
Beifalls. Der Miniſter war hauptſächlich froh,
daß das alles zu ſeiner Ehre vorfalle und daß
die Pointe des letzten Aktes, ihm noch einen
ganz beſondern epigrammatiſchen Lorbeerkranz
auf den Scheitel werfen müſſe.

Er überkam den Kranz. — Das Kinder¬

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[71/0079] äffung erſt die rechte Wirklichkeit ſchien: wie glühend und tief brannt' er ſich dadurch in ſei¬ nes Freundes Seele ein! (Guter Albano! Dieſe Kunſt, ſein eigner révenant, ſein Vexir- und After-Ich zu werden, und die Prachtausgabe des eignen Lebens nachzudrucken, hätte Dir klei¬ nere Hofnungen verſtatten ſollen!) — Der Graf mußte in der ernſthafteſten Sozietät, die je um ihn ſaß, ausbrechen in ein unſchickli¬ ches — Weinen. Und warum legte Karl Al¬ bano's Worte in jener Nacht der zauberiſch¬ gerührten Liane in den Mund und machte die Liebe durch ſo viele Reize groß bis zum Schmerz? — Selber der deutſche Herr gab Lianen, die¬ ſem weiſſen Schwan, der erröthend durch das Abendroth des Phöbus ſchwamm, mehrere laute und dem Grafen verdrüßliche Zeichen des Beifalls. Der Miniſter war hauptſächlich froh, daß das alles zu ſeiner Ehre vorfalle und daß die Pointe des letzten Aktes, ihm noch einen ganz beſondern epigrammatiſchen Lorbeerkranz auf den Scheitel werfen müſſe. Er überkam den Kranz. — Das Kinder¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/79>, abgerufen am 02.05.2024.