das sogenannte "Donnerhäuschen*)" und rieth ihm, es diesen Sommer zu bewohnen. Albano schied endlich, aber sein bewegtes Herz war ein Meer, in welchem die Morgensonne glühend noch halb steht und in welches sich in Abend ein bleifarbiges Gewitter taucht und das glän¬ zend schwillt unter dem Sturm. Er sah aus der Tiefe nach dem nachblickenden Greise hin¬ auf; aber er hätte sich heut kaum gewundert, wenn dieser versunken oder aufgestiegen wäre. In zornig-muthigen Entschlüssen, für seine Liebe, wornach kalte Hände griffen, mit seinem Leben zu bürgen und zu opfern, schritt er durch den vom Vergrößerungsspiegel der Nacht zum schwarzen Riesen-Troß aufgezognen Tartarus ohne alle Furcht; so ist die Geisterwelt nur ein Welttheil unserer innern, und das Ich fürch¬ tet nur das Ich. Da er vor dem Altare des Herzens in der stummen Nacht, wo nichts laut war als der Gedanke, stand, so rieth ihm der kühne Geist einigemale, den alten Todten
*) Es hatte den Namen von seiner Höhe und von dem öftern Einschlagen des Blitzes.
das ſogenannte „Donnerhäuschen*)“ und rieth ihm, es dieſen Sommer zu bewohnen. Albano ſchied endlich, aber ſein bewegtes Herz war ein Meer, in welchem die Morgenſonne glühend noch halb ſteht und in welches ſich in Abend ein bleifarbiges Gewitter taucht und das glän¬ zend ſchwillt unter dem Sturm. Er ſah aus der Tiefe nach dem nachblickenden Greiſe hin¬ auf; aber er hätte ſich heut kaum gewundert, wenn dieſer verſunken oder aufgeſtiegen wäre. In zornig-muthigen Entſchlüſſen, für ſeine Liebe, wornach kalte Hände griffen, mit ſeinem Leben zu bürgen und zu opfern, ſchritt er durch den vom Vergrößerungsſpiegel der Nacht zum ſchwarzen Rieſen-Troß aufgezognen Tartarus ohne alle Furcht; ſo iſt die Geiſterwelt nur ein Welttheil unſerer innern, und das Ich fürch¬ tet nur das Ich. Da er vor dem Altare des Herzens in der ſtummen Nacht, wo nichts laut war als der Gedanke, ſtand, ſo rieth ihm der kühne Geiſt einigemale, den alten Todten
*) Es hatte den Namen von ſeiner Höhe und von dem öftern Einſchlagen des Blitzes.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0127"n="119"/>
das ſogenannte „Donnerhäuschen<noteplace="foot"n="*)"><lb/>
Es hatte den Namen von ſeiner Höhe und von<lb/>
dem öftern Einſchlagen des Blitzes.</note>“ und rieth<lb/>
ihm, es dieſen Sommer zu bewohnen. Albano<lb/>ſchied endlich, aber ſein bewegtes Herz war ein<lb/>
Meer, in welchem die Morgenſonne glühend<lb/>
noch halb ſteht und in welches ſich in Abend<lb/>
ein bleifarbiges Gewitter taucht und das glän¬<lb/>
zend ſchwillt unter dem Sturm. Er ſah aus<lb/>
der Tiefe nach dem nachblickenden Greiſe hin¬<lb/>
auf; aber er hätte ſich heut kaum gewundert,<lb/>
wenn dieſer verſunken oder aufgeſtiegen wäre.<lb/>
In zornig-muthigen Entſchlüſſen, für ſeine<lb/>
Liebe, wornach kalte Hände griffen, mit ſeinem<lb/>
Leben zu bürgen und zu opfern, ſchritt er durch<lb/>
den vom Vergrößerungsſpiegel der Nacht zum<lb/>ſchwarzen Rieſen-Troß aufgezognen Tartarus<lb/>
ohne <hirendition="#g">alle Furcht</hi>; ſo iſt die Geiſterwelt nur<lb/>
ein Welttheil unſerer innern, und das Ich fürch¬<lb/>
tet nur das Ich. Da er vor dem Altare<lb/>
des Herzens in der ſtummen Nacht, wo nichts<lb/>
laut war als der Gedanke, ſtand, ſo rieth ihm<lb/>
der kühne Geiſt einigemale, den alten Todten<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[119/0127]
das ſogenannte „Donnerhäuschen *)“ und rieth
ihm, es dieſen Sommer zu bewohnen. Albano
ſchied endlich, aber ſein bewegtes Herz war ein
Meer, in welchem die Morgenſonne glühend
noch halb ſteht und in welches ſich in Abend
ein bleifarbiges Gewitter taucht und das glän¬
zend ſchwillt unter dem Sturm. Er ſah aus
der Tiefe nach dem nachblickenden Greiſe hin¬
auf; aber er hätte ſich heut kaum gewundert,
wenn dieſer verſunken oder aufgeſtiegen wäre.
In zornig-muthigen Entſchlüſſen, für ſeine
Liebe, wornach kalte Hände griffen, mit ſeinem
Leben zu bürgen und zu opfern, ſchritt er durch
den vom Vergrößerungsſpiegel der Nacht zum
ſchwarzen Rieſen-Troß aufgezognen Tartarus
ohne alle Furcht; ſo iſt die Geiſterwelt nur
ein Welttheil unſerer innern, und das Ich fürch¬
tet nur das Ich. Da er vor dem Altare
des Herzens in der ſtummen Nacht, wo nichts
laut war als der Gedanke, ſtand, ſo rieth ihm
der kühne Geiſt einigemale, den alten Todten
*)
Es hatte den Namen von ſeiner Höhe und von
dem öftern Einſchlagen des Blitzes.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/127>, abgerufen am 17.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.